Flurbereinigungsgericht München, Urteil vom 20.04.2009 - 13 A 08.2375 = RdL 2010, 47-49 (Leitsatz und Gründe)= KommunalPraxis BY 2009, 312 (Leitsatz) (Lieferung 2010)
Aktenzeichen | 13 A 08.2375 | Entscheidung | Urteil | Datum | 20.04.2009 |
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Gericht | Flurbereinigungsgericht München | Veröffentlichungen | = RdL 2010, 47-49 (Leitsatz und Gründe) = KommunalPraxis BY 2009, 312 (Leitsatz) | Lieferung | 2010 |
Leitsätze[Quelltext bearbeiten]
1. | Die Flurbereinigungsbehörde ist berechtigt, eine Vereinbarung (über einen Tausch von Flächen) zwischen einem Teilnehmer und der Gemeinde im Flurbereinigungsplan umzusetzen. Sie hat bei Unklarheiten über den Vertragsinhalt den Willen der Vertragsparteien zu ermitteln und bei der Umsetzung zu berücksichtigen. |
2. | Eine (ausschließlich) von Teilnehmern geschlossene Vereinbarung kann nicht nur dann im Flurbereinigungsverfahren von der Behörde verwirklicht werden, wenn die vertragliche Regelung der Flurbereinigung in dem Sinn "dient", dass sie der Zweck der Flurbereinigung erfordert (vgl. § 39 Abs. 1, § 45 FlurbG). Es genügt vielmehr, wenn sich die auf den Abfindungswünschen beruhenden Interessen in den Rahmen der Erfordernisse der allgemeinen Landeskultur und der agrarpolitischen Aufgaben der Flurbereinigung einfügen. |
Aus den Gründen
23 § 44 Abs. 1 Satz 1 FlurbG normiert den Grundsatz, dass jeder Teilnehmer für seine Grundstücke unter Berücksichtigung der nach § 47 FlurbG vorgenommenen Abzüge mit Land von gleichem Wert abzufinden ist. Bei der Bemessung der den Teilnehmern jeweils zustehenden Landabfindung sind gemäß § 44 Abs. 1 Satz 2 FlurbG die im Rahmen der Wertermittlung nach den §§ 27 bis § 33 FlurbG festgestellten Werte zugrunde zu legen (s. hierzu BVerwG vom 12.2.1963 BVerwGE 15, 271 = RdL 1963, 217; Schwantag in Schwantag/Wingerter, FlurbG, 8. Aufl. 2008, RdNrn. 3 ff. zu § 44).
24 Von diesen gesetzlichen Vorgaben für den Umfang der Landabfindung, die vor allem der Sicherung der privaten Vermögensinteressen der Teilnehmer dienen sollen, kann aber – als Folge des hier vorrangig geltenden Grundsatzes der Privatautonomie – durch vertragliche Vereinbarungen abgewichen werden (Schwantag, a.a.O., RdNr. 3 vor § 44). Dies hat zur Folge, dass Verträge, die im Rahmen eines Flurbereinigungsverfahrens zustande gekommen sind (zur grundsätzlichen Zulässigkeit von vertraglichen Regelungen im Flurbereinigungsverfahren s. BVerwG vom 4.11.1988 RdL 1989, 218), die Grundsätze der wertgleichen Abfindung weder in der Bemessung noch in der Gestaltung einzuhalten brauchen (Schwantag, a.a.O., RdNr. 4 vor § 44). Für Verträge zwischen Teilnehmern, an denen die Flurbereinigungsbehörde selbst nicht beteiligt ist, die aber von ihr umgesetzt werden, gilt diese Maßgabe ebenfalls. Zur Umsetzung von solchen Verträgen zwischen Dritten ist die Flurbereinigungsbehörde rechtlich befugt (BVerwG vom 3.4.1986 = RzF - 14 - zu § 57 FlurbG; vom 19.5.1981 RdL 1981, 209). Dies gilt für alle Vereinbarungen, die sich im Rahmen des gesetzlich Zulässigen halten und deren Inhalt im Flurbereinigungsverfahren – zumeist im Flurbereinigungsplan – umgesetzt werden kann (s. hierzu Schwantag, a.a.O., RdNrn. 5 ff. vor § 44).
25 Eine (ausschließlich) von Teilnehmern geschlossene Vereinbarung kann nicht nur dann im Flurbereinigungsverfahren von der Behörde verwirklicht werden, wenn die vertragliche Regelung der Flurbereinigung in dem Sinn "dient", dass sie der Zweck der Flurbereinigung erfordert (vgl. § 39 Abs. 1, § 45 FlurbG). Es genügt vielmehr, wenn sich die auf den Abfindungswünschen beruhenden Interessen in den Rahmen der Erfordernisse der allgemeinen Landeskultur und der agrarpolitischen Aufgaben der Flurbereinigung einfügen (vgl. BVerwG vom 3.4.1986 a.a.O.; vom 20.3.1974 Buchholz 424.01 § 37 FlurbG Nr. 10). Für die Flurbereinigungsbehörde repräsentiert diese Vereinbarung die – inhaltlich übereinstimmenden – Vorstellungen der hieran beteiligten Teilnehmer zur Gestaltung ihrer jeweiligen Abfindung, die als Abwägungsmaterial in die (Ermessens-)Entscheidung der Flurbereinigungsbehörde über die Neugestaltung des Flurbereinigungsgebiets eingehen (BVerwG vom 3.4.1986 a.a.O.; BayVGH vom 28.12.1971 = RzF - 7 - zu § 52 Abs. 1 FlurbG; vom 7.12.2000 Az. 13 A 97.1627). Zu berücksichtigen sind die vertraglichen Regelungen von der Flurbereinigungsbehörde jedoch nur dann, wenn sie ihr bis zum Abschluss der Abfindungsverhandlungen nach § 57 FlurbG mitgeteilt werden (vgl. BVerwG vom 3.4.1986 a.a.O.; ebenso BayVGH vom 7.12.2000 a.a.O.).
26 Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Die im Beschlussbuchauszug der Beigeladenen vom 26. April 1989 genannte Vereinbarung weist einen rechtlich zulässigen und umsetzungsfähigen Inhalt auf, da zwischen den Vertragsparteien ein Flächentausch im Verhältnis 1 zu 8 (mit Abgeltung von Flurschäden im Bereich der Hofflächen sowie eine Entschädigung für entfernte Bäume) vereinbart wurde, der einer Umsetzung im Flurbereinigungsplan grundsätzlich zugänglich ist. Die Beigeladene hat die Beklagte nach dem Inhalt des an den Bevollmächtigten der Klägerin zu 1 gerichteten Schreibens vom 6. Juni 1989 von der Vereinbarung in Kenntnis gesetzt und um deren Umsetzung gebeten. Auch von der Klägerin zu 1 wurde im Wunschtermin am 14. Januar 2004 auf die Vereinbarung hingewiesen. Die getroffenen vertraglichen Regelungen weisen zudem nicht nur einen flurbereinigungsrechtlichen Bezug auf, sondern fügen sich auch ohne Weiteres in die Zielsetzungen eines Flurbereinigungsverfahrens ein (vgl. § 37 Abs. 1 FlurbG), da die Beigeladene durch die Flächenabtretungen Baumaßnahmen zur Verbesserung der straßenmäßigen Erschließung des Ortsteils O. durchführen konnte bzw. der Klägerin zu 1 mittels der erhaltenen Tauschflächen aus dem aufgelassenen gemeindlichen Weg Einlageflurstück 59 eine Arrondierung ihres Abfindungsflurstücks 5 möglich war.