Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 09.08.2007 - BVerwG 9 B 13.07 = Buchholz 424.01 § 6 FlurbG Nr 3 (red. Leitsatz und Gründe) (Lieferung 2009)
Aktenzeichen | BVerwG 9 B 13.07 | Entscheidung | Beschluss | Datum | 09.08.2007 |
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Gericht | Bundesverwaltungsgericht | Veröffentlichungen | = Buchholz 424.01 § 6 FlurbG Nr 3 (red. Leitsatz und Gründe) | Lieferung | 2009 |
Leitsätze[Quelltext bearbeiten]
1. | Die Aufgabe des dritten Beisitzers (Fachbeisitzers) beim Flurbereinigungsgericht kann auch von früheren Richtern des Flurbereinigungsgerichts wahrgenommen werden. |
2. | Die in § 6 Abs. 3 FlurbG vorgeschriebene Auslegung des Flurbereinigungsbeschlusses mit Begründung "zwei Wochen lang nach der Bekanntmachung" zur Einsichtnahme für die Beteiligten hat zu erfolgen, sobald der Flurbereinigungsbeschluss bekannt gemacht worden ist. |
Aus den Gründen
Der Kläger rügt zu Unrecht, das Flurbereinigungsgericht sei nicht gemäß § 139 FlurbG besetzt gewesen, weil Vizepräsident des OVG a.D. F. an der Entscheidung mitgewirkt habe. Nach § 139 FlurbG verhandelt und entscheidet das Flurbereinigungsgericht in der Besetzung mit zwei Berufsrichtern, zwei landwirtschaftlichen Beisitzern und einem dritten Beisitzer, der die Befähigung zum höheren Dienst der Flurbereinigungsbehörden besitzen muss und mindestens drei Jahre in Flurbereinigungsangelegenheiten tätig gewesen sein soll. Die gesetzliche Zusammensetzung des Flurbereinigungsgerichts berücksichtigt, dass die Entscheidung über flurbereinigungsrechtliche Streitigkeiten regelmäßig spezielle Kenntnisse über Möglichkeiten und Methoden des Flurbereinigungsverfahrens sowie der landwirtschaftlichen Betriebs- und Bewertungslehre erfordert (so Schoof, in: Seehusen/Schwede, Flurbereinigungsgesetz, 7. Aufl. 1997, § 139 Rn. 1). Zudem ist das Flurbereinigungsgericht nicht nur darauf beschränkt, die Entscheidungen der Verwaltungsbehörden zu überprüfen, sondern kann nach § 144 FlurbG auch eigene Zweckmäßigkeitserwägungen anstellen und insoweit behördliche Entscheidungen abändern. Das Gesetz bestimmt allerdings keine darüber hinausgehenden Merkmale, die ein Fachbeisitzer aufweisen müsste, z.B. die Zugehörigkeit zur Verwaltung oder dort einer bestimmten Laufbahn. Die gesetzlichen Merkmale können etwa von Juristen, Vermessungsingenieuren oder Landwirten mit der entsprechenden Befähigung erfüllt werden (vgl. Urteil vom 13. Juli 1961 BVerwG 1 C 120.59 = RzF - 3 - zu § 139 Abs. 2 FlurbG).
Die Voraussetzungen, unter denen danach ein Fachbeisitzer tätig sein kann, erfüllt Vizepräsident des OVG a.D. F. Die langjährige Tätigkeit als Vorsitzender des Flurbereinigungsgerichts vermittelt hinreichend die von § 139 Abs. 2 Satz 2 FlurbG geforderte Qualifikation. Dem Begriff der "Flurbereinigungsangelegenheiten" ist eine Beschränkung auf eine Tätigkeit in der Flurbereinigungsverwaltung nicht zu entnehmen, so dass die Aufgabe des Fachbeisitzers auch von früheren Richtern wahrgenommen werden kann. Hätte der Gesetzgeber bestimmte Personengruppen von der Funktion des Fachbeisitzers ausschließen oder nur Fachbeisitzer aus der Flurbereinigungsverwaltung berufen lassen wollen, wie die Beschwerde offenbar meint, hätte sich dies im Gesetz niederschlagen müssen (Urteil vom 13. Juli 1961 a.a.O.).
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Soweit dies dem Vorbringen zu entnehmen ist, hält die Beschwerde für grundsätzlich klärungsbedürftig, ob § 6 Abs. 3 FlurbG mit dem sich aus der verfassungsrechtlichen Gewährleistung nach Art. 19 Abs. 4 GG ergebenden Gebot der Rechtsmittelklarheit vereinbar ist. Danach ist die Begründung des Flurbereinigungsbeschlusses "zwei Wochen lang nach der Bekanntmachung" zur Einsichtnahme auszulegen. Dadurch, dass nicht bestimmt sei, was "nach" der Bekanntmachung genau bedeute, könne die Begründung auch nach Ablauf der Rechtsmittelfrist ausgelegt werden. Die Beschwerde meint, bei dieser Gesetzesauslegung ermangele das Flurbereinigungsgesetz einer ordnungsgemäßen Fristenregelung, weil ein Betroffener bei Auslegung der Begründung nach Ablauf der Rechtsmittelfrist sich nicht rechtzeitig Kenntnis von deren Inhalt verschaffen könne. Sei die gesetzliche Fristenregelung aber nicht mit der Verfassung vereinbar, sei von einer Jahresfrist gemäß § 58 Abs. 2 VwGO und damit der Rechtzeitigkeit des Widerspruchs des Klägers auszugehen.