RzF - 4 - zu § 48 FlurbG

Flurbereinigungsgericht Greifswald, Urteil vom 02.10.2007 - 9 K 10/01 (Lieferung 2009)

Aktenzeichen 9 K 10/01 Entscheidung Urteil Datum 02.10.2007
Gericht Flurbereinigungsgericht Greifswald Veröffentlichungen Lieferung 2009

Leitsätze[Quelltext bearbeiten]

1. Die Zustimmung zur Teilung gemeinschaftlichen Eigentums muss von allen Miteigentümern erklärt sein; sie muss eindeutig sein und sie darf nicht an Bedingungen geknüpft sein.
2. Es genügt nicht eine dem Grunde nach erklärte Zustimmung zur Teilung. Die Zustimmung darf keinen Raum für Vorbehalte oder Bedingungen für die gewollte Teilung lassen.
3. § 48 FlurbG ist in Bodenordnungsverfahren nach dem Landwirtschaftsanpassungsgesetz sinngemäß anzuwenden.

Aus den Gründen

Gemeinschaftliches Eigentum kann weiterhin geteilt werden, wenn die Eigentümer zustimmen (§ 48 Abs. 2 Satz 1 FlurbG). Der Wortlaut "die Eigentümer" spricht dafür, dass die Zustimmung aller Eigentümer vorliegen muss (so auch Seehusen/Schwede, a.a.O., § 48 Rn. 4). Auch Sinn und Zweck der Regelung sprechen für diese Auslegung. Denn die Aufteilung des Miteigentums lässt anders als im Regelfall der Flurbereinigung die ursprüngliche Rechtsposition des Eigentümers nicht unberührt, sondern vernichtet die rechtlich als eigenständiges Institut zu betrachtende Miteigentümerstellung und wandelt sie in eine Alleineigentümerposition um. Die Substanz des bisher innegehabten dinglichen Rechts verändert sich. Dieser staatliche (und von einem Antrag der Betroffenen unabhängige) Eingriff in die Rechtsposition ist als Ausnahmefall der Flurbereinigung an enge Voraussetzungen gebunden. Es genügt daher nicht, dass einzelne Miteigentümer mit der Teilung einverstanden sind, sondern es müssen alle Miteigentümer mit der Umwandlung ihrer bisherigen Rechtsposition einverstanden sein. Darin liegt auch kein Wertungswiderspruch zu den zivilrechtlichen Bestimmungen über die Aufhebung der Gemeinschaft, insbesondere das jederzeitige Recht eines Teilhabers, die Aufhebung der Gemeinschaft zu verlangen. In diesen Bestimmungen kommt der Gedanke der Privatautonomie zum Tragen: die Teilhaber sollen nicht auf Dauer in eine Gemeinschaft gezwungen werden, deren Entstehung entweder zufällig ist oder die aus einem regelmäßig zeitlich begrenzten Zweck heraus begründet wurde (Staudinger/Huber, BGB 12. Aufl. 1986, § 749 Rn. 1). Das BGB hat daraus den Grundgedanken abgeleitet, dass die Gemeinschaft jederzeit auf Verlangen eines Teilhabers aufgelöst werden muss. Der Bestimmung des § 48 Abs. 2 FlurbG liegt ein anderer Gedanke zugrunde: die Teilhaber sollen davor geschützt werden, zwangsweise ihre Rechtsstellung als Teilhaber zu verlieren. Der Schutz der Privatautonomie vor staatlichem Zwang verlangt gerade die Zustimmung aller Teilhaber zur Teilung der Gemeinschaft. Unbenommen bleibt einzelnen Teilhabern die eigenständige Entscheidung, aus Anlass eines Flurbereinigungsverfahrens die Aufhebung der Gemeinschaft zu verlangen. Diese Entscheidung liegt in der privatautonomen Handlungsfreiheit des Einzelnen und hat andere rechtliche wie wirtschaftliche Konsequenzen als die Teilung durch die Flurbereinigungsbehörde. Auch diese ganz unterschiedlichen Rechtsfolgen der beiden unterschiedlichen Teilungsmodelle nach §§ 749ff. BGB bzw. § 48 Abs. 2 FlurbG verdeutlichen, dass die unterschiedlichen gesetzlichen Voraussetzungen nicht in einem Wertungswiderspruch zueinander stehen.


Die Zustimmung zur Teilung muss eindeutig sein und darf nicht an Bedingungen geknüpft sein. Dies folgt aus dem Zweck der Zustimmungserklärung. Ein Miteigentümer, der nur unter bestimmten Bedingungen mit der Teilung einverstanden ist, verweigert die Zustimmung zu jeder anderen von der Flurbereinigungsbehörde verfügten Teilung (vgl. VGH Kassel U. v. 22.03.1978 III F 151/75 -, = RdL 79,214 <= RzF - 2 - zu § 48 FlurbG>). Zwar wird eine Zustimmungserklärung nicht unwirksam, die der Flurbereinigungsbehörde für die konkrete Ausgestaltung der Abfindung freie Hand lässt, doch muss eine solche Erklärung wegen ihrer weitreichenden Bedeutung auch eindeutig in diesem Sinne abgegeben worden sein. In der Praxis mag es sinnvoll sein, dass die Flurbereinigungsbehörde solche eindeutigen Erklärungen formularmäßig vorbereitet und die betroffenen Beteiligten über die Reichweite einer solchen Erklärung informiert.


An einer solchen eindeutigen Zustimmungserklärung fehlt es im vorliegen Fall. Der Beklagte selbst versteht die von ihm in diesem Zusammenhang angesprochenen Äußerungen der Klägerin im Verwaltungsverfahren in dem Sinne, dass "eine Teilung dem Grunde nach gewünscht wird" (Schriftsatz vom 27.08.2004, BI. 334 GA). Dies genügt für eine unbedingte Zustimmungserklärung im Sinne des § 48 Abs. 2 FlurbG nicht. Denn eine Zustimmung zur Teilung dem Grunde nach lässt Raum für Vorbehalte und Bedingungen für die konkret gewollte Teilung. Sie ist nicht eindeutig in dem Sinne, dass die Flurbereinigungsbehörde nunmehr freie Hand in Gestaltung der Abfindung hat.