Flurbereinigungsgericht München, Urteil vom 09.10.2001 - 13 A 99.2145
Aktenzeichen | 13 A 99.2145 | Entscheidung | Urteil | Datum | 09.10.2001 |
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Gericht | Flurbereinigungsgericht München | Veröffentlichungen | Lieferung | N/A |
Leitsätze[Quelltext bearbeiten]
1. | Ist in einem Unternehmensverfahren die Abfindung wertgleich, hat sich die der Anordnung nach § 87 FlurbG anhaftende Fremdnützigkeit nicht aktualisiert. |
2. | Werden von der Teilnehmergemeinschaft nach abgeschlossener Wertermittlung den Nutzungswert landwirtschaftlicher Grundstücke mindernde Maßnahmen durchgeführt und ist dem Wertunterschied nicht durch förmliche Änderung der Wertermittlung Rechnung getragen, ist er im Flurbereinigungsplan für die Bemessung der Abfindung zu ermitteln und zu berücksichtigen. |
Aus den Gründen
Soweit das Verfahren W. aus besonderem Anlass i.S.d. § 87 Abs. 1 FlurbG durchgeführt wird (sog. kombiniertes Verfahren, § 88 Nr. 1 Satz 2 FlurbG; BVerwGE 66, 224/226), finden auf das gesamte Verfahren alle Vorschriften der Regelflurbereinigung Anwendung, sofern ihre Anwendbarkeit nicht durch die Sondervorschriften der § 87 ff. FlurbG eingeschränkt oder gänzlich verdrängt wird (Quadflieg, Recht der Flurbereinigung RdNr. 31 zu § 87). Die Planungsgrundsätze des § 44 FlurbG sind dabei mit der Einschränkung anwendbar, dass für nicht - mehr - behebbare, unternehmensbedingte Wertminderungen (§ 88 Nrn. 3, 4 und 5 FlurbG) Geldentschädigungen und Leistungen zu erbringen sind (§ 88 Nr. 6 FlurbG). Ergeben sich indes nach den Planungsgrundsätzen des § 44 FlurbG keine Wertminderungen i.S.d. § 88 Nrn. 4, 5 FlurbG, ist die Abfindung vielmehr wertgleich i.S.d. § 44 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Halbsatz 2 FlurbG, liegt - trotz Unternehmensflurbereinigung - eine Enteignung nicht vor. Denn eine Abfindung, die dem § 44 FlurbG entspricht, erfasst alle unter enteignungsrechtlichen Gesichtspunkten bedeutsamen Qualitätsmerkmale und wahrt im vollen Umfang das Eigentumsrecht nach Art. 14 Abs. 1 des Grundgesetzes - GG -. Die Landabfindung ist in diesem Fall - wie in der Regelflurbereinigung überhaupt - Surrogat der alten Grundstücke. Die der Anordnung nach § 87 FlurbG anhaftende Fremdnützigkeit hat sich in solchen Fällen beim im Flurbereinigungsplan zusammengefassten Planungsergebnis mangels Anwendung des § 88 Nrn. 4 und 5 FlurbG nicht aktualisiert. Das wird gerade dann deutlich, wenn - wie hier - ein kombiniertes Verfahren (sowohl nach § 1 und § 4 FlurbG wie auch nach § 87 FlurbG) zur Durchführung gekommen ist. Die Regelung in § 68 Abs. 1 FlurbG gewährleistet als gesetzliche Inhaltsbestimmung des Eigentums das in Art. 14 Abs. 1 GG garantierte Eigentum (st. Rspr., zusammenfassend BayVGH vom 11.07.1996 BayVBl 1997, 208).
Der für jede Landabfindung zwingend vorgeschriebene Gestaltungsgrundsatz, den Teilnehmer für seine in die Flurbereinigung eingebrachten Grundstücke unter Berücksichtigung der nach § 47 FlurbG vorgenommenen Abzüge - ein Abzug gem. § 88 Nr. 4 FlurbG wurde bei den Klägern nicht in Ansatz gebracht - mit Land von gleichem Wert abzufinden (§ 44 Abs. 1 Satz 1 FlurbG), ist zwar beachtet, wie sich aus der rechnerischen Gegenüberstellung von Einlage und Abfindung ergibt. Die Beklagte hat jedoch, wie der gerichtliche Augenschein gezeigt hat, nicht sämtliche gleichwertigkeitsbestimmenden Faktoren (§ 44 Abs. 2 und Abs. 4 FlurbG) zutreffend berücksichtigt.
Das den Klägern mit dem Flurbereinigungsplan zugeteilte neue Flurstück 1325 zeigte sich beim Augenschein in seinem südwestlichen Teil als Feuchtwiesenbereich, der über eine in dessen östlichem Teil endende Rohrleitung vernässt wird, ohne dass die Vorflutverhältnisse eine Entwässerung zulassen. Nach Darstellung der Kläger errichtete die Beklagte die Rohrleitung nach Bekanntgabe der Ergebnisse der Wertermittlung. Vor dem Bau der Rohrleitung konnte der fragliche Bereich laut ebenfalls unwidersprochen gebliebenem Vortrag der Kläger - da trocken - einmal im Jahr gemäht werden, was nach den beim Augenschein gewonnenen Erkenntnissen des Senats nunmehr wegen Vernässung dieser Teilfläche nicht mehr möglich ist.
Nach § 28 Abs. 1 FlurbG ist für landwirtschaftlich genutzte Grundstücke das Wertverhältnis in der Regel nach dem Nutzen zu ermitteln, den sie bei gemeinüblicher ordnungsgemäßer Bewirtschaftung jedem Besitzer ohne Rücksicht auf ihre Entfernung vom Wirtschaftshof oder von der Ortslage nachhaltig gewähren können. Dabei ist das tatsächliche Wertverhältnis der Grundstücke für den Zeitpunkt zu ermitteln, in dem die Bewertung durchgeführt wird; es kommt auf den in diesem Zeitpunkt vorhandenen Zustand des Bodens an (BVerwG vom 23.08.1962 RdL 1963, 107/108 und vom 14.01.1971 RdL 1971, 184). Spätere tatsächliche Veränderungen an landwirtschaftlich genutzten Grundstücken, die die Teilnehmergemeinschaft nach abgeschlossener Wertermittlung ausführt und die sich negativ auf den Nutzen der Grundstücke auswirken, lassen den festgestellten Wert der Einlage und damit den Anspruch nach § 44 FlurbG unberührt. Das gebietet Art. 14 GG, der das Eigentum gewährleistet. Dieser Anspruch des Teilnehmers darf nicht durch Maßnahmen erwähnter Art, die den Nutzungswert landwirtschaftlicher Grundstücke mindern, geschmälert werden (BayVGH vom 07.12.1995 RzF - 15 - zu § 27 FlurbG). Sofern einem so verursachten Wertunterschied nicht bereits durch eine förmliche Änderung der Wertermittlung Rechnung getragen wurde, ist er im Flurbereinigungsplan für die Bemessung der Abfindung zu ermitteln und zu berücksichtigen; entsprechend ist die Abfindung neu zu gestalten.
Mit dieser Maßgabe bewertet das Gericht die angesprochene Fläche statt mit den Wertzahlen 3 und 19 nur mit der Wertzahl 1, weshalb die (unverändert bleibende) Zuteilung lediglich mit 33 WVZ anstelle mit von der Beklagten festgesetzten 387 WVZ erfolgt. In Höhe der Differenz von 354 WVZ besitzen die Kläger noch einen Anspruch auf Abfindung in Land (§ 44 Abs. 1 Satz 1 FlurbG).
...
Um die Kläger dabei in einer den Grundsätzen des § 44 Abs. 2 bis Abs. 4 FlurbG entsprechenden Weise abzufinden, kann das Gericht im Rahmen desselben Ermessens, das auch der Flurbereinigungsbehörde zusteht (§ 146 Nr. 2 FlurbG), den Flurbereinigungsplan ändern (vgl. BVerwG vom 08.01.1971 RdL 1971, 193).
Im vorliegenden Fall hält es das Gericht für recht- und zweckmäßig, den Anspruch der Kläger auf Zuteilung von Land ... durch die entsprechende Verringerung der Mehrzuteilung gegen Geldausgleich zu erfüllen. Das Gericht lässt sich dabei von der Überlegung leiten, dass hierdurch dem Landabfindungsanspruch in angemessener Weise Genüge getan ist, zumal kein Teilnehmer einen Anspruch auf sog. Masseland (§ 52 FlurbG) besitzt. Masseland dient vorrangig dem Landabfindungsanspruch der Teilnehmer. Auch auf bereits verteiltes Masseland kann bis zur Unanfechtbarkeit der Abfindung aller Teilnehmer zurückgegriffen werden (BVerwG vom 26.11.1981 RdL 1982, 327/328; BayVGH vom 30.09.1977 RdL 1978, 234/236). Wie jede Abfindung unter dem Vorbehalt möglicher nachträglicher Änderung steht (so bereits BVerwG vom 08.01.1971 a.a.O.), ist auch die Vergabe von Masseland einer Korrektur zugänglich.
Weitere Änderungen des Flurbereinigungsplanes können die Kläger nicht fordern. Ihre Klage ist insoweit unbegründet, weil die Beklagte in Ausübung des ihr im Flurbereinigungsgesetz eingeräumten planerischen Gestaltungsspielraums die bei der Abfindung eines Teilnehmers zu beachtenden gesetzlichen Grundsätze bei der klägerischen Abfindung sachgerecht berücksichtigt hat. Der Anspruch der Kläger auf wertgleiche Abfindung (§ 44 FlurbG) ist nach dem Stand der in diesem Urteil durchgeführten Planänderung erfüllt.