Flurbereinigungsgericht Kassel, Urteil vom 18.05.1993 - F 1617/89
Aktenzeichen | F 1617/89 | Entscheidung | Urteil | Datum | 18.05.1993 |
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Gericht | Flurbereinigungsgericht Kassel | Veröffentlichungen | Lieferung | N/A |
Leitsätze[Quelltext bearbeiten]
1. | Ein gesetzlicher Beitragsausschluß nach § 85 Nr. 3 FlurbG kommt nicht in Betracht, wenn Waldgrundstücke von der Flurbereinigung durch den Aus- und Neubau der zur Holzabfuhr benutzten Wege und die dadurch verbesserten Absatzchancen für Holz wesentliche Vorteile haben. |
2. | Diese wesentlichen Vorteile lassen eine Befreiung von der Aufbringung von Beiträgen (insbesondere von Vermessungskosten als geringfügiger Teil der Ausführungskosten) wegen einer offensichtlichen und unbilligen Härte (§ 19 Abs. 3 FlurbG) nicht zu. |
Aus den Gründen
Die Klage ist nicht begründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf weitere oder gänzliche Freistellung von Beiträgen zu den Flurbereinigungskosten hinsichtlich der im Flurbereinigungsplan von W. genannten Holzungsgrundstücke.
Zunächst einmal ist ein Beitragsausschluß nach § 85 Nr. 3 FlurbG nicht gegeben. Ein Beitragsausschluß nach v. g. Vorschrift ist nur dann gegeben, wenn es sich um größere Flächen handelt, die nur aus katastertechnischen Gründen in das Verfahren einbezogen sind, keiner Zusammenlegung bedürfen und von der Flurbereinigung keinen wesentlichen Vorteil haben. § 85 Nr. 3 FlurbG trifft mithin für eine bestimmte, in ihren Voraussetzungen festgelegte Größe von Waldgrundstücken, deren Heranziehung zu den Kosten offensichtlich eine Härte wäre, einen gesetzlichen Beitragsausschluß. Diese Vorschrift steht in einem engen Zusammenhang mit § 19 Abs. 3 FlurbG, ohne diese Bestimmung - insbesondere für die nicht in § 85 Nr. 3 FlurbG erfaßten übrigen Waldgrundstücke - auszuschließen. Die gesetzliche Grundlage für die Beitragspflicht und den Beitragsmaßstab von Waldgrundstücken bildet sie indes nicht. Diese ist nur in § 19 FlurbG enthalten (vgl. Bayer. VGH, Urteil vom 05.07.1973 - Nr. 100 XIII 71 = RdL 74 S. 157 = RzF - 14 - zu § 1 FlurbG).
Die genannten Voraussetzungen für eine völlige oder weitere teilweise Kostenfreistellung (§ 19 Abs. 3 FlurbG) oder für einen gesetzlichen Beitragsausschluß (§ 85 Nr. 3 FlurbG) liegen für die hier in Rede stehenden klägerischen Waldgrundstücke nicht vor.
Vorliegend kann es dahingestellt bleiben, ob von der Klägerin große Waldgrundstücke, die einer Zusammenlegung nicht bedurften, in das Flurbereinigungsverfahren W. einbezogen worden sind. Ausweislich des die Flurbereinigung einleitenden Flurbereinigungsbeschlusses der Oberen Flurbereinigungsbehörde sind jedenfalls keine Waldgrundstücke allein aus katastertechnischen Gründen in das Flurbereinigungsverfahren einbezogen worden.
Alle von der Klägerin in das Flurbereinigungsverfahren eingebrachten Waldgrundstücke haben von der Flurbereinigung auch wesentliche Vorteile erfahren:
Aus dem 67,1758 ha großen Waldgrundstück Flur 15 Nr. 5 kann das Holz zum Teil über die Holzabfuhrwege Flur 14 Nrn. 40, 41, 21 und 50 sowie Flur 16 Nrn. 2/1 und 2/2 zur öffentlichen Straße Flur 16 Nrn. 3 und 16 oder über Flur 17 Nrn. 2 und 4 zur öffentlichen Straße Flur 19 Nrn. 16/1 und 17 abgefahren werden. Dabei sind die Holzabfuhrwege Flur 16 Nr. 2/1 und Flur 17 Nr. 2 im Flurbereinigungsverfahren asphaltiert und die Holzabfuhrwege Flur 14 Nrn. 40, 41 und 21 im Flurbereinigungsverfahren mit einer neuen Schotterdecke versehen worden.
Die Holzabfuhr aus dem 92,8176 ha großen Waldgrundstück Flur 23 Nr. 1 und Flur 24 Nr. 1 ist durch die Anlage der Holzabfuhrwege Flur 23 Nrn. 12 und 13 sowie Flur 21 Nr. 18, der im Flurbereinigungsverfahren mit einer Asphaltdecke versehen wurde, erheblich verbessert worden. Darüber hinaus begünstigt der am südöstlichen Rand des Grundstücks Flur 24 Nr. 1 entlangführende geschotterte Holzabfuhrweg Flur 23 Nr. 2 die Holzabfuhr zur öffentlichen Straße erheblich.
Die Holzabfuhr aus dem Waldgrundstück der Klägerin Flur 31 Nr. 20 wird sodann durch die Holzabfuhrwege Flur 30 Nrn. 66 und 69/1 sowie den asphaltierten Holzabfuhrweg Flur 30 Nr. 56 gewährleistet, wobei wiederum Teile dieser Wege im Flurbereinigungsverfahren befestigt wurden. In entsprechender Weise sind die Holzabfuhrwege Flur 33 Nrn. 56 und 47 bzw. Flur 30 Nr. 46 und Flur 33 Nr. 35 für die Waldgrundstücke Flur 33 Nrn. 19 und 49 von Nutzen, wobei auch hier zum Teil neue Schotter- bzw. Asphaltdecken in der Flurbereinigung hergestellt worden sind. Gleiches gilt hinsichtlich des erst im Flurbereinigungsverfahren asphaltierten Weges Flur 41 Nr. 26 und der im Erdbau planierten oder geschotterten Wege Flur 40 Nr. 23 sowie Gemarkung A. Flur 6 Nrn. 10, 14/1 und 14/2 für das Waldgrundstück Flur 40 Nr. 28. Vom asphaltierten Weg Flur 21 Nr. 18 werden auch die 35,1816 ha großen Waldgrundstücke Flur 21 Nrn. 17 und 24 zum übrigen befestigten Wegenetz gut erschlossen. Zu der Erschließung der Waldgrundstücke Flur 21 Nr. 17 und Flur 22 Nr. 22 (28,0094 ha groß) tragen der im Flurbereinigungsverfahren geschotterte Weg Flur 21 Nr. 1 sowie die mit Asphaltdecken versehenen Wege Flur 21 Nr. 3 und Flur 19 Nr. 39 bei.
Das 77,8969 ha große Waldgrundstück Flur 5 Nr. 1 wird entlang seiner gesamten Südwestgrenze vom neu asphaltierten Weg Flur 4 Nr. 2 erschlossen, während die Holzabfuhr aus dem 28,0832 ha großen Grundstück Flur 12 Nr. 53 durch den Holzabfuhrweg Flur 12 Nrn. 31/2 und 41, der im Flurbereinigungsverfahren neu geschottert wurde, erheblich verbessert wurde.
Über die zuvor beschriebene, im Flurbereinigungsverfahren geschaffene Erschließung der Waldgrundstücke der Klägerin hinaus ergibt sich aus der dem Senat vorliegenden Karte (M = 1 : 10 000) mit eingezeichneten klägerischen Waldgrundstücken und Holzabfuhrwegen unter Angabe der Befestigungsart, daß nahezu der gesamte Wald der Klägerin aufgrund in der Flurbereinigung durchgeführter Maßnahmen über Holzabfuhrwege mit Fahrzeugen mit einer Achslast von 10 Tonnen an- und abgefahren werden kann. Entgegen dem Vorbringen der Klägerin werden die Holzabfuhrwege von ihr tatsächlich auch genutzt. Wie der Senat bei seiner Augenscheinseinnahme festgestellt hat, befand sich an mehreren Holzabfuhrwegen gerücktes und abfuhrbereites Holz.
Insgesamt erfahren mithin die Waldgrundstücke der Klägerin, unabhängig davon, ob sie groß und nicht zusammenlegungsbedürftig sind oder nicht, derart wesentliche Vorteile durch die Flurbereinigung, daß die Voraussetzungen für einen Beitragsausschluß nach § 85 Nr. 3 FlurbG nicht vorliegen. Aufgrund der gegenüber dem Zustand vor der Flurbereinigung erheblich verbesserten Holzabfuhrmöglichkeit nehmen die Absatzchancen für Holz zu. Holzkäufer bevorzugen nämlich den Ankauf von Holz aus mühelos erreichbaren Wäldern gegenüber solchen, deren Zufahrt widrige Verhältnisse aufweisen. So liegt der Fall hier. Bei der Klägerin rechtfertigt es daher der großzügig durchgeführte Aus- und Neubau der zur Holzabfuhr benutzten Wege, einen wesentlichen Vorteil im Sinne des § 85 Nr. 3 FlurbG zu bejahen, weil dadurch die Verwertbarkeit der Früchte aus den Waldgrundstücken merklich gestiegen ist (so auch Bayer. VGH, Urteil vom 16.02.1968 RzF - 6 - zu § 39 FlurbG und Urteil vom 05.04.1968 RzF - 2 - zu § 85 Nr. 3 FlurbG).
Darüber hinaus sind alle Grenzen der klägerischen Waldgrundstücke der Forderung von § 1 Abs. 1 Abmarkungsgesetz entsprechend ordnungsgemäß abgemarkt.
Es bedeutet für die Klägerin sodann keine offensichtlich unbillige Härte, daß sie im geringfügigen Umfang für ihren Wald zu den Vermessungskosten in der Flurbereinigung herangezogen wird. Die Heranziehung mit 0,01 DM/qm Waldfläche, das sind 100,-- DM/ha Waldfläche, bedeutet bereits eine erhebliche Beitragsfreistellung, weil die Vermessungskosten, das ist gerichtsbekannt, nur einen geringfügigen Teil der Ausführungskosten einer Flurbereinigung ausmachen, diese hinsichtlich der Personalkosten vorliegend vom Land H. getragen werden und im übrigen der Klägerin auch nur teilweise angelastet werden. Eine Freistellung unter einen Betrag von 100,-- DM/ha oder eine völlige Freistellung von Beiträgen zu den Flurbereinigungskosten nach § 19 Abs. 3 FlurbG zu Lasten der übrigen Teilnehmer wäre nur dann gerechtfertigt, wenn die Klägerin hinsichtlich ihrer Waldgrundstücke keinen oder nur einen unverhältnismäßig geringen Vorteil aus der Flurbereinigung hätte und auch nicht an der allgemeinen Wertsteigerung der Besitzstände teilnähme (vgl. BVerwG, Urteil vom 15.01.1969 - RdL 1969 S. 299; Urteil vom 25.11.1970 - RdL 1971 S. 97). Ihr Vorteil müßte also unwesentlich und unbedeutend sein. Ein derartiger Ausnahmezustand ist in bezug auf den klägerischen Waldbesitz jedoch nicht gegeben. Nach den bereits oben getroffenen Feststellungen hinsichtlich der Erschließung der klägerischen Wälder durch überwiegend in der Flurbereinigung geschaffene oder für Schwerlast ausgebaute Holzabfuhrwege ist eine erhebliche Verbesserung der Erschließung der gesamten Waldflächen eingetreten. Auch diese Grundflächen nehmen voll an den allgemeinen Vorteilen der Flurbereinigung teil. Deshalb ist eine offensichtliche und unbillige Härte in der Heranziehung der Waldflächen zu einem geringfügigen Teil der Flurbereinigungskosten nicht zu sehen.