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von Anonymer Benutzer

RzF - 33 - zu § 134 Abs. 2 FlurbG

Flurbereinigungsgericht Münster, Urteil vom 14.06.1985 - 9 G 31/82 = RdL 1986 S. 40= AgrarR 1986 S. 203

Aktenzeichen 9 G 31/82 Entscheidung Urteil Datum 14.06.1985
Gericht Flurbereinigungsgericht Münster Veröffentlichungen RdL 1986 S. 40 = AgrarR 1986 S. 203  Lieferung N/A

Leitsätze[Quelltext bearbeiten]

1. Ein Teilnehmer handelt schuldhaft im Sinne von § 134 Abs. 2 Satz 2 FlurbG, wenn er die Verwaltung auswärts gelegenen Grundbesitzes nicht so einrichtet, daß ihm örtliche öffentliche Bekanntmachungen, die diesen Grundbesitz betreffen, zum Zwecke der Wahrung seiner Rechte fristgerecht zur Kenntnis gebracht werden und er aus diesem Grunde die Frist zur Anfechtung eines öffentlich bekanntgemachten Flurbereinigungsbeschlusses versäumt.
2. Bleibt ein den Flurbereinigungsbeschluß verspätet anfechtender Teilnehmer mit seinem Grundbesitz dem Flurbereinigungsverfahren unterworfen, so liegt darin angesichts seines Anspruchs auf wertgleiche Abfindung regelmäßig keine unbillige Härte im Sinne der zu § 134 Abs. 2 Satz 1 FlurbG entwickelten Rechtsgrundsätze.

Aus den Gründen

Der angefochtene Beschluß ist unanfechtbar, weil der Kläger die Frist zur Einlegung des Widerspruchs versäumt hat und Gründe, ihm wegen der Fristversäumung nach § 134 FlurbG Nachsicht zu gewähren, nicht vorliegen.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Nachsichtgewährung nach Abs. 2 Satz 2 des § 134 FlurbG, weil die Fristversäumung nicht unverschuldet ist. Hat ein Grundstückseigentümer - wie hier - einen auswärtigen Wohnsitz, gehört es zu einer ordnungsgemäßen Verwaltung des Grundeigentums, diese so einzurichten, daß ihm örtliche öffentliche Bekanntmachungen, die sein Grundeigentum betreffen, zum Zwecke der Wahrung seiner Rechte fristgerecht zur Kenntnis gebracht werden. Eine ordnungsgemäße Verwaltung umfaßt eine solche Vorsorge, weil Grundstücke nach der zwischenzeitlichen Rechtsentwicklung vielfältigen Planungen ausgesetzt sind, in deren Rahmen - die Rechtsstellung des Grundeigentümers berührende - örtliche öffentliche Bekanntmachungen stattfinden, und demnach allgemein mit solchen Bekanntmachungen gerechnet werden muß. So sind beispielsweise in der Bauleitplanung der Beschluß einer Gemeinde über die Aufstellung des Bauleitplanes und die Auslegung des Planentwurfs ortsüblich bekanntzumachen (§§ 2 Abs. 1, 2 a Abs. 6 Satz 2 BBauG), wobei die Bekanntmachung jedenfalls in Nordrhein-Westfalen regelmäßig durch Veröffentlichung in den gemeindlichen Mitteilungsblättern vollzogen wird (vgl. § 4 Abs. 1 Satz 2 der Bekanntmachungsverordnung vom 07.04.1981 (GV NW S. 224) - BekanntmVO -). Auch ergehen z. B. in der Landschaftsplanung im Zusammenhang mit dem Erlaß von Landschaftsplänen nach § 16 des Landschaftsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 26.06.1980 (GV NW S. 734), geändert durch Gesetz zur Änderung des Landschaftsgesetzes vom 19.03.1985 (GV NW S. 261), - LG - und dem Erlaß von ordnungsbehördlichen Verordnungen nach den §§ 32 Abs. 2 LG a. F., 42 a Abs. 1 LG n. F. örtliche öffentliche Bekanntmachungen (vgl. § 28 LG a. F., § 27 LG n. F. i. V. m. § 4 Abs. 1 Satz 2 BekanntmVO und bisher § 7 der Ersten Verordnung zur Durchführung des Landschaftsgesetzes vom 09.04.1975 (GV NW S. 324) i. V. m. § 4 Abs. 1 Satz 2 BekanntmVO, jetzt § 42 c Abs. 1 Satz 3 LG n. F.). Der Kläger hat nicht dargetan, daß er die notwendige Vorsorge getroffen hat. Auf den schriftsätzlichen Hinweis des Beklagten auf den Umfang der ihm obliegenden Pflichten hat er zwar allgemein dargelegt, daß er wegen seines Grundstücks mit dem Waldbauernverband und der Waldwirtschaftsgemeinschaft ständig in Verbindung gestanden habe. Er hat jedoch nicht geltend gemacht, diese Einrichtung gebeten zu haben, ihn über örtliche öffentliche Bekanntmachungen so zu unterrichten, daß eine fristgerechte Rechtswahrung möglich ist.

Der Kläger kann ein Verschulden nicht mit dem Hinweis ausräumen, der Beklagte hätte ihm den Flurbereinigungsbeschluß zustellen können. § 86 Abs. 1 Nr. 1 FlurbG sieht bei einem vereinfachten Flurbereinigungsverfahren zwar auch die Möglichkeit vor, den entscheidenden Teil des Beschlusses anstelle der öffentlichen Bekanntmachung den Beteiligten in Abschrift zu übersenden. Welche Bekanntmachungsart die Flurbereinigungsbehörde wählt, steht in ihrem Ermessen. Ist eine beträchtliche Anzahl von Grundstücken betroffen, wie das hier nach dem Inhalt des angefochtenen Beschlusses der Fall ist, bestehen keine Bedenken dagegen, wenn die Flurbereinigungsbehörde die öffentliche Bekanntmachung als Bekanntmachungsart wählt, zumal da bei einer Einbeziehung von Grundstücken in beträchtlicher Anzahl eine - mitunter langwierige - Ermittlung der Beteiligten nach § 11 ff. FlurbG zur Zeit der Einleitung des Verfahrens regelmäßig nicht vorliegt und auch kaum vorliegen kann.

Dem Kläger kann auch nicht aufgrund einer Ermessensentscheidung nach § 134 Abs. 2 Satz 1 FlurbG Nachsicht gewährt werden. Eine nachträgliche Zulassung der verspäteten Erklärung nach dieser Vorschrift stellt eine Ausnahmeregelung dar, um offensichtliche und unbillige Härten vermeiden zu können. Eine unbillige Härte liegt regelmäßig nicht vor, wenn ein Teilnehmer entgegen seinem verspäteten Begehren dem Flurbereinigungsverfahren unterworfen bleibt (vgl. auch VGH Bad.-Württ., RzF - 18 - zu § 134 Abs. 2 FlurbG). Die unmittelbaren Belastungen, die von dem angefochtenen Beschluß ausgehen, sind die Nutzungsbeschränkungen des § 34 Abs. 1 und des § 85 Nr. 5 FlurbG. Diese wiegen in Anbetracht dessen, daß es sich bei dem Grundstück des Klägers um ein Außenbereichsgrundstück handelt, das zudem forstrechtlichen Bindungen unterliegt, nicht schwer. Die mittelbaren Belastungen, die darin bestehen, daß der Kläger die Einbeziehung seines Grundstücks in die Abwicklung des Flurbereinigungsverfahrens dulden muß, haben ebenfalls kein Gewicht im Sinne einer unbilligen Härte. Dem Kläger steht ein Anspruch auf wertgleiche Abfindung nach den § 44 ff. FlurbG zu. Nach dem Inhalt der Niederschrift über den Aufklärungstermin gemäß § 5 Abs. 1 FlurbG und dem Inhalt des angefochtenen Beschlusses wird er zu Geld- und Landbeiträgen nicht herangezogen. An der Beurteilung, daß eine unbillige Härte nicht vorliegt, ändert sich nichts deshalb, weil das Verfahren durch Gründe des Naturschutzes und der Landschaftspflege und nicht durch die Belange der Verfahrensteilnehmer veranlaßt ist.