Flurbereinigungsgericht Mannheim, Urteil vom 10.08.1976 - VII 408/76
Aktenzeichen | VII 408/76 | Entscheidung | Urteil | Datum | 10.08.1976 |
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Gericht | Flurbereinigungsgericht Mannheim | Veröffentlichungen | Lieferung | N/A |
Leitsätze[Quelltext bearbeiten]
1. | Zum Verhältnis der vorläufigen Anordnung nach § 36 Abs. 1 Satz 1 FlurbG zur vorläufigen Besitzeinweisung nach § 65 FlurbG in Weinbergsbereinigungen. |
Aus den Gründen
Zu Unrecht rügen die Kläger die Anwendung des § 36 Abs. 1 S. 1 FlurbG: Nach dem sich aus dem entscheidenden Teil der angefochtenen behördlichen Maßnahme und ihrer Begründung ergebenden sachlichen Inhalt handelt es sich um eine vorläufige Anordnung nach § 36 Abs. 1 S. 1 FlurbG und nicht um eine vorläufige Besitzeinweisung nach Maßgabe der § 65 ff. FlurbG. Im Gegensatz zu dem vom Bundesverwaltungsgericht mit Beschluß vom 7.6.1963 (Az. I B 80.63 = RzF - 5 - zu § 36 Abs. 1 FlurbG) entschiedenen Fall sollten nach der o. g. Begründung im vorliegenden Fall weder die Teilnehmer alsbald in den vollen Genuß der Vorteile des Flurbereinigungsverfahrens in ihren Weinbergen gebracht noch der mit dem Flurbereinigungsverfahren erstrebte endgültige tatsächliche Zustand bereits vor dem sonst erst durch die Ausführungsanordnung angeordneten Eintritt der rechtlichen Wirkungen der Flurbereinigung herbeigeführt werden. Stattdessen wurde die angefochtene vorläufige Anordnung mit dem erklärten Ziel erlassen - vgl. zu 1) der Begründung -, die auf Grund der vorläufigen Anordnung vom 5.11.1974 den früher Berechtigten ganz oder teilweise entzogenen landwirtschaftlichen Nutzflächen nach der Planie und der Erschließung durch neue Wege ohne Verzögerung wieder zu bepflanzen und, insbesondere den vorgesehenen Rebenaufbau ohne Verzögerung durchzuführen, da mit der Besitzzuweisung für die neuen Wirtschaftsflächen nicht bis zur Ausführung des Flurbereinigungsplanes gewartet werden könne. Entsprechend wurde auch im Beschwerdebescheid des LFS vom 4.2.1976 die Regelung des Besitzes damit begründet, daß die durch den Bau des neuen Wegenetzes und durch die Flächenplanie neu gestalteten Flächen nicht auf längere Zeit brach liegen bleiben dürfen - was der Fall wäre, wenn mit der Besitzzuweisung bis zur Ausführung des Flurbereinigungsplanes bzw. bis zum Vorliegen der endgültigen Vermarkung und Vermessung gewartet würde - und daß der Übergang in den neuen Zustand vorbereitet und gesichert und die Aufstellung des Flurbereinigungsplanes und die Durchführung des Verfahrens erleichtert und beschleunigt werden sollen. Gerade diesem Zweck aber dient die vorläufige Anordnung nach § 36 FlurbG sowohl in der alten Fassung (vgl. hierzu BVerwG, Beschluß vom 7.6.1963, a.a.O.; zur Abgrenzung von vorläufiger Anordnung nach § 36 FlurbG und vorläufiger Besitzeinweisung nach § 65 FlurbG vgl. auch Urteil des erkennenden Gerichts vom 7.2.1974 - VII 681/73 - und HessVGH, Beschluß vom 5.2.1970 - III F 323/69 - = RzF - 12 - zu § 36 Abs. 1 FlurbG) als auch in der nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Änderung des Flurbereinigungsgesetzes vom 15.3.1976 (BGBl I S. 533 - Neufassung in der Bekanntmachung vom 16.3.1976 - BGBl I S. 546) ab 1.4.1976 geltenden Fassung.
Entgegen der Ansicht der Kläger konnte die Neuregelung des Besitzes und der Nutzung der den Teilnehmern durch frühere vorläufige Anordnungen bestandskräftig entzogenen Flächen hier aufgrund der Besonderheiten der Rebflurbereinigung auch noch nicht im Wege einer vorläufigen Besitzeinweisung nach § 65 FlurbG erfolgen, denn die tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen hierfür lagen und liegen auch derzeit noch nicht vor. Nach dem von den Klägern nicht bestrittenen und glaubhaften Vortrag des Beklagten in der mündlichen Verhandlung sind nämlich die neuen Flurstücke noch nicht vermarkt und vermessen. Daß dies noch nicht geschehen ist, ist auch nicht zu beanstanden. Zutreffend hält der Beklagte die Vermarkung, Vermessung und endgültige Flächenberechnung sowie die Aufstellung der endgültigen Nachweise für Fläche und Wert der neuen Grundstücke erst nach der Neuanpflanzung für sinnvoll. Es ist zweckmäßig, daß die Nutzflächen bereits vor der Festlegung der neuen Eigentumsgrenzen angepflanzt sind, weil die neuen Grenzen in der Mitte zwischen den Rebzeilen verlaufen sollen. Darüber hinaus würde die Hinausschiebung der Neuregelung der Besitz- und Nutzungsverhältnisse bis zum Vorliegen der in § 65 Abs. 1 FlurbG für den Erlaß einer vorläufigen Besitzeinweisung notwendigen Voraussetzungen - Übertragung der Grenzen in die Örtlichkeit und Vorliegen der endgültigen Nachweise für Fläche und Wert der neuen Grundstücke sowie Feststehen des Verhältnisses der Abfindung zu dem von jedem Beteiligten Eingebrachten - zu einem längeren Brachliegen der neu gestalteten LN-Flächen führen, was nicht nur in krassem Gegensatz zu den Interessen der Teilnehmer stehen, sondern auch weder die Aufstellung des Flurbereinigungsplanes noch die Durchführung des Verfahrens erleichtern und beschleunigen würde.