Flurbereinigungsgericht Mannheim, Beschluss vom 21.04.1993 - 7 S 376/91

Aktenzeichen 7 S 376/91 Entscheidung Beschluss Datum 21.04.1993
Gericht Flurbereinigungsgericht Mannheim Veröffentlichungen Lieferung N/A

Leitsätze[Quelltext bearbeiten]

1. Die Kosten und Gebühren des sich selbst vertretenden Rechtsanwalts sind erstattungsfähig, wenn die Zuziehung eines Anwalts für einen Nicht-Anwalt notwendig gewesen wäre.
2. Reisekosten des Behördenvertreters zum Gerichtstermin sind nach dem ZSEG zu erstatten.

Aus den Gründen

Dabei sind auch die Kosten und Gebühren des sich selbst vertretenden Rechtsanwalts nach der Rechtsprechung des erkennenden Gerichtshofs (Urteil vom 14.11.1979, Die Justiz 1980, 161; Beschluß des Senats vom 21.08.1991 - 7 S 2151/90 -) erstattungsfähig, wenn die Zuziehung eines Rechtsanwalts notwendig gewesen wäre. Dem in eigener Sache im Vorverfahren tätigen Rechtsanwalt ist eine "private" Bearbeitung des Widerspruchsverfahrens in den Fällen, in denen ein Dritter einen Anwalt zuziehen durfte, nicht zumutbar. Es kommt deshalb - von der Person des Klägers losgelöst - darauf an, ob ein vernünftig urteilender Beteiligter die Zuziehung eines Anwalts für erforderlich gehalten hätte. Das ist hier zu bejahen. Im vorliegenden Fall ging es um die nicht einfach zu beurteilende Frage, ob das Flurbereinigungsamt befugt war, für sämtliche zunächst einbezogenen Teilflächen Besitz und Nutzung dem Unternehmensträger für den Neubau der B 31 vorläufig zuzuweisen.

Zu Recht hat der Urkundsbeamte zugunsten des Beklagten wegen der Benutzung eines Dienstwagens durch den Beklagtenvertreter zur Wahrnehmung der Gerichtstermine am 04.11.1991 und 06.04.1992 die Erstattungsfähigkeit dem Grunde nach bejaht, allerdings mit einem zu hohen Satz für den einzelnen Kilometer.

Zu den erstattungsfähigen Kosten gehören gemäß § 138 Abs. 1 Satz 2 FlurbG i. V. m. § 162 Abs. 1 VwGO die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen. Dabei unterliegt es zunächst keinem Zweifel, daß die Vertretung des Beklagten durch einen Beamten des höheren Dienstes in der mündlichen Verhandlung nicht nur vor dem Berichterstatter, sondern auch vor dem Senat dem Fortgang des Verfahrens förderlich und damit auch erforderlich war. Davon abgesehen sieht § 62 Abs. 3 VwGO ausdrücklich vor, daß für Behörden u. a. ihre besonders Beauftragten handeln. Eine entsprechende (Prozeß-)Vollmacht war vom Beklagten unter dem 04.03.1991 für den in den gerichtlichen Terminen Erschienenen ausgestellt worden. Damit waren die für dessen Terminswahrnehmung entstandenen Aufwendungen notwendig.

Sowohl im FlurbG als auch in der VwGO fehlt indes eine nähere Festlegung, welche Fahrtkosten eines Beteiligten bzw. des ihn Vertretenden im Einzelfall als notwendig und erstatttungsfähig in diesem Sinne anzusehen sind, insbesondere welches Beförderungsmittel und in welcher Höhe dessen Kosten als notwendig anzuerkennen sind. In § 91 Abs. 1 Satz 2 ZPO ist jedoch bestimmt, daß die erstattungsfähige Entschädigung für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis entsprechend dem ZSEG zu bemessen ist; diese Regelung ist im Verwaltungsprozeß gemäß § 173 VwGO entsprechend anzuwenden und damit auch § 9 ZSEG für die Erstattungsfähigkeit entstandener Fahrtkosten eines Dienstkraftwagens heranzuziehen (BVerwG, Beschluß vom 06.12.1983, Rpfleger 1984, 158; ebenso BayVGH, Beschluß vom 26.11.1971, BayVBl. 1972, 129; a. A. - ohne nähere Begründung - HessVGH, Beschluß vom 25.01.1989 <RzF - 14 - zu § 147 Abs. 1 FlurbG>, RdL 1989, 139). § 91 Abs. 1 Satz 2 ZPO enthält auch keine Beschränkung auf die durch notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene bloße Zeitversäumnis, sondern stellt zugleich auch für die Fahrtkosten sowie Wegegeld, Tage-, Übernachtungs- und Zehrgelder und sonstigen Aufwand eine höhenmäßige Verweisung dar. Mit der genannten Vorschrift sollte die Höhe der erstattungsfähigen reinen Parteikosten insgesamt festgelegt werden, und es ist kein Grund ersichtlich, weshalb nur für die Kosten der Zeitversäumnis und nicht auch für die Kosten der eine Zeitversäumnis stets einschließenden Reise verbindliche Regelungen getroffen werden sollten. Eine derartige Eingrenzung ohne Berücksichtigung der individuellen Verhältnisse der jeweiligen Partei dient dem Schutz und der Voraussehbarkeit der Beteiligten, macht im Einzelfall ggf. sonst notwendige umfangreiche Ermittlungen über die durchschnittlichen Betriebskosten eines verwendeten Dienstkraftwagens entbehrlich und enthält auch eine Abgrenzung gegenüber den von einem Rechtsanwalt zulässigerweise geltend zu machenden Aufwendungen. Demgemäß kann eine Partei ebenso wie ein Zeuge bei Verwendung eines Kraftfahrzeugs lediglich 0,40 DM für jeden angefangenen Kilometer (§ 9 Abs. 3 ZSEG), ein Rechtsanwalt dagegen 0,45 DM (§ 28 BRAGO) erstattet verlangen; das ist deshalb sachgerecht, weil ein Rechtsanwalt sein Kraftfahrzeug in wesentlich höherem Umfang für die Wahrnehmung von Gerichtsterminen einsetzt als eine an einem Rechtsstreit beteiligte natürliche oder juristische Person. Auch der Beklagte setzt seine Dienstfahrzeuge nur in untergeordnetem Umfang zur Wahrnehmung von Gerichtsterminen ein.

Der Beklagte kann auch Ersatz für das seinem Vertreter geleistete (anteilige) Tagegeld verlangen. Gemäß § 10 Abs. 1 und 2 ZSEG ist der durch Abwesenheit vom Aufenthaltsort verursachte Aufwand, der nicht mit dem nach § 2 ZSEG zu entschädigenden Verdienstausfall wegen Zeitversäumnis verwechselt werden darf (vgl. hierzu BVerwG, Beschluß vom 12.12.1988, Rpfleger 1989, 255), zu entschädigen, wobei der Satz die Obergrenze bildet, der Richtern in der Reisekostenstufe B nach den Vorschriften über die Reisekostenvergütung der Richter im Bundesdienst als Tagegeld zusteht. Dieser Satz stimmt mit dem vom Beklagten geltend gemachten überein.

Anmerkung

Anmerkung a. A.:
Flurbereinigungsgericht Kassel, Beschluß vom 25.01.1989 - F 4471/88