Flurbereinigungsgericht Frankfurt (Oder), Urteil vom 21.03.2002 - 8 D 2/00.G = VIZ 2002, 531

Aktenzeichen 8 D 2/00.G Entscheidung Urteil Datum 21.03.2002
Gericht Flurbereinigungsgericht Frankfurt (Oder) Veröffentlichungen VIZ 2002, 531  Lieferung N/A

Leitsätze[Quelltext bearbeiten]

1. Die Einleitung des nicht von Amts wegen durchzuführenden Bodenordnungsverfahrens nach dem Landwirtschaftsanpassungsgesetz ist ausgeschlossen, wenn und soweit die Beteiligten in Ausübung der ihnen zustehenden Dispositionsmaxime im Rahmen eines zivilrechtlichen Prozessvergleichs Regelungen ihrer Rechtsbeziehungen in Bezug auf ein Flurstück getroffen haben, nach denen BGB-konforme Rechtsverhältnisse bestehen (werden).
2. Das Entstehen gesonderten Gebäudeeigentums nach § 13 LPGG 1959/§ 27 LPGG 1982 setzt die Schaffung eines in seiner wesentlichen Substanz neuen Bauwerks voraus. Eine wertmäßige Betrachtung i.S.v. § 12 SachenRBerG ist nicht maßgebend.

Aus den Gründen

Die Abhängigkeit der Einleitung des Bodenordnungsverfahrens nach dem LwAnpG von einem Antrag anders als die Einleitung eines Flurbereinigungsverfahrens (vgl. § 4 FlurbG) trotz partiell paralleler Zielstellung gemäß § 3 LwAnpG einerseits und § 1 FlurbG andererseits hinsichtlich der Entwicklung der Landwirtschaft und der Wiederherstellung leistungs- und wettbewerbsfähiger landwirtschaftlicher Betriebe (vgl. BVerwG, RdL 1998, 158, RzF - 6 - zu § 64 LwAnpG; Urteil des Senats in RdL 1998, 161, 2) beinhaltet die vorrangige Dispositionsbefugnis der Antragsbefugten über die Durchführung des Bodenordnungsverfahrens. Diese wird zudem bestätigt und bestärkt mit der Regelung von § 56 LwAnpG, nach der die Einleitung des Bodenordnungsverfahrens von dem Scheitern eines freiwilligen Landtauschverfahrens gemäß § 54, § 55 LwAnpG abhängig ist. Hiermit kommt deutlich zum Ausdruck, dass nach dem LwAnpG die Herstellung BGB-konformer Rechtsverhältnisse nicht zuvörderst im allgemeinen Interesse der Rechtsordnung erfolgt, sondern ausschlaggebend die Disposition der maßgeblich Beteiligten ist (vgl. Thöne/Knauber, Boden- und Gebäudeeigentum in den neuen Bundesländern, 2. Aufl. 1996, Rn. 33, 37, 164). Diesen steht kraft der vorherrschenden Privatautonomie zur Ordnung ihrer Rechtsbeziehungen die Befugnis zur zivilrechtlichen Gestaltung ihrer Rechtsverhältnisse ohne jegliche behördliche Begleitung oder nach Maßgabe von § 54, § 55 LwAnpG im ländlichen Raum eine solche mittels behördenunterstützten Tauschverfahrens bzw. sogar nach Inkrafttreten des Sachenrechtsbereinigungsgesetzes das sachenrechtliche Ordnungsverfahren zur Verfügung, soweit dieses gemäß § 29 SachenRBerG nicht durch ein Bodenordnungsverfahren gesperrt ist.

Hiernach ist auch davon auszugehen, dass eine aufgrund eines Prozessvergleichs bereits erfolgte Ordnung der Rechtsbeziehungen zwischen den potentiell Beteiligten eines Bodenordnungsverfahrens in Bezug auf ein bestimmtes Flurstück dessen Einleitung mit dem Ziel der Neuordnung hindert, unbeschadet der Möglichkeit der Einbeziehung solcher Flurstücke in ein aus anderem Anlass festzusetzendes Bodenordnungsgebiet, wie sie hier nicht zur Diskussion steht.
...
Hiernach sind die Rechtsbeziehungen zwischen der Klägerin und der Beigeladenen hinsichtlich des Flurstücks 19/1 geordnet. Der Prozessvergleich enthält zwar nur schuldrechtliche Abreden und stellt nicht bereits eine dingliche Neuordnung her, wie sie mit einem Bodenordnungsplan erfolgt. Der Vergleich führt aber in der Folge nach Ablauf des Pachtverhältnisses zu einer Neuordnung mit Blick auf die Regelungen hinsichtlich des Wertausgleichs bezüglich der bezeichneten baulichen Anlagen. Darin kann bei verständiger Würdigung nur die Vereinbarung gesehen werden, dass nach Beendigung des Pachtverhältnisses aufstehende Gebäude insgesamt im Eigentum des Flächeneigentümers verbleiben bzw. stehen sollen. Da sich Sondereigentum von Gebäuden aus dem Grundbuch nicht ergibt, hat dies zur Folge, dass die Klägerin solches gegenüber der Beigeladenen mit Beendigung des Pachtverhältnisses auch nicht mehr geltend machen kann. Soweit hiernach in diesem Vergleich ein den Formvorschriften des Grundstücksrechts unterstehendes Verpflichtungsgeschäft liegen sollte (Art. 233 § 4 Abs. 1 EGBGB i.V.m. § 313 BGB), wäre die Formvorschrift mit dem Prozessvergleich gemäß § 127a BGB eingehalten. Mit Blick auf diese ausgeübte und rechtsverbindliche Disposition kommt eine - nur nachrangig mögliche - behördliche Bodenordnung nach dem LwAnpG bezüglich des Flurstücks 19/1 nicht mehr in Betracht.
...
Die Klägerin als Rechtsnachfolgerin der LPG G... kann sich bezüglich des Flurstücks 19/1 zur Begründung der Antragsbefugnis nicht auf aufgesondertes Gebäudeeigentum i.S.v. § 64 LwAnpG berufen.
...
Wie der Begriff der "Errichtung" eines Gebäudes im Sinne der LPG-Gesetze von bloßen Ausbau- oder Erhaltungsmaßnahmen abzugrenzen ist, ist höchstrichterlich durch das Bundesverwaltungsgericht in mehreren Entscheidungen erläutert worden (vgl. Urteil vom 26.08.1999 - 3 C 26.98 -, RdL 1999, 318 ff.; Urteil vom 09.03.1999 - 3 C 21.98 -, VIZ 2000, 35; Urteil vom 30.04.1998 - 3 C 52.96 -, VIZ 1998, 570; Urteil vom 23.04.1997 - 3 B 146/96). Danach zielt die Errichtung eines Gebäudes auf die Schaffung eines in seiner wesentlichen Substanz neuen Bauwerks (vgl. auch Urteil des Senats vom 25.01.2001 - 8 D 6/99.G - in VIZ 2001, 388 = ZOV 2001, 203).
...
Für den in Art. 233 § 2a Abs. 1 S. 1a EGBGB verwendeten Begriff der "Bebauung" gilt nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 26.08.1999 a.a.O.) nichts anderes als für den Begriff der Errichtung. Was unter einer Bebauung im Sinne dieser Vorschrift zu verstehen ist, lässt sich nach dieser Rechtsprechung entgegen der Auffassung der Klägerin nicht der Legaldefinition des § 12 Abs. 1 SachenRBerG entnehmen, weil das Sachenrechtsbereinigungsgesetz dem 2. Vermögensgesetz, durch welches das Moratorium in Art. 233 EGBGB eingefügt worden ist, mit erheblichem zeitlichen Abstand nachgefolgt ist, ohne dass § 12 Abs. 1 SachenRBerG Rückwirkung beigelegt worden wäre. Darüber hinaus sind auch keine Anhaltspunkte für die Annahme ersichtlich, der Gesetzgeber habe schon bei der Schaffung des Moratoriums den Begriff der "Bebauung" im Sinne der späteren Legaldefinition verstanden wissen wollen. Vor allem die Entstehungsgeschichte lässt darauf schließen, dass der Normgeber inhaltlich an den in § 13 LPGG/59, § 27 LPGG/82 enthaltenen und in der Gesetzesbegründung (BT-Drucksache 12/2480 S. 79) mehrfach verwendeten Begriff der "Errichtung" als Entstehungsgrund für Gebäudeeigentum anknüpfen wollte.

Dieser Betrachtungsweise entsprach wohl auch noch die Rechtsprechung des BGH (VIZ 1997, 294 = DtZ 1997, 323 = LM H. 7/1997 § 295 DDR-ZGB Nr. 2; BGHZ 134, 170 = VIZ 1997, 174, 176 = DtZ 1997, 118 = LM H. 5/1997 Art. 232 EGBGB 1986 Nr. 14), die es in Auslegung von § 13 LPGG/59 für unmaßgeblich hielt, ob die bauliche Maßnahme nach fast vollständigem Abriss des Altgebäudes einem Neubau gleichkam, sofern jedenfalls noch Teile des Altbestandes wiederverwendet wurden.

Mit Urteil vom 05.02.1999 (RdL 1999, 130) hat der BGH, ohne Eingehen auf letztgenannte Urteile, unter Heranziehung auch des Gedankens von § 12 SachenRBerG allerdings gemeint, dass die Voraussetzungen für die Entstehung von Gebäudeeigentum eher großzügig als formalistisch eng anzusetzen seien. Die Wiederherstellung der Nutzbarkeit eines Gebäudes mit schweren Bauschäden (Rekonstruktion) könnte nach Umfang und Aufwand einer Neuerrichtung entsprechen (vgl. § 12 Abs. 1 SachenRBerG). Werde der mit § 13 Abs. 2 LPGG/59 beabsichtigte Schutzzweck berücksichtigt, so müssten auch diese Fälle als Gebäudeerrichtung verstanden werden.

Dieser Argumentation folgt der Senat nicht, soweit diese auf eine Ausweitung des Begriffs der Neuerrichtung im Rahmen von § 13 Abs. 2 LPGG/59 bzw. § 27 LPGG/82 hinausläuft. Sofern der Regelungsgehalt des LPG-Rechts mithin nicht mit dem des § 12 SachenRBerG übereinstimmt, erscheint die Eröffnung des Bodenordnungsverfahrens nach dem LwAnpG unter Anwendung von § 12 SachenRBerG nicht zulässig. Das BVerfG (VIZ 2001, 328) hat bezüglich § 12 SachenRBerG bemerkt:

Die Regelung über das Ankaufsrecht nach dem SachenRBerG bestimme in zulässiger Weise i.S.v. Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG den Inhalt und die Schranken des (Grundstücks-)Eigentums, und zwar unabhängig davon, ob der Nutzer an dem von ihm errichteten, renovierten oder in der Nutzungsart veränderten Gebäude (vgl. § 12 Abs. 1 SachenRBerG) selbständiges Eigentum erworben habe. Nichts anderes gelte in den Fällen, in denen der Nutzer, der das Grundstück aufgrund eines Überlassungsvertrages erhalten habe, Aus- und Umbauten vorgenommen habe, durch die die Wohn- oder Nutzfläche des bei der Überlassung des Grundstücks bereits vorhandenen Gebäudes um mehr als 50 Prozent vergrößert wurde, oder Aufwendungen für bauliche Investitionen getätigt habe, deren Wert die Hälfte des Sachwerts des Gebäudes ohne Berücksichtigung der baulichen Investitionen des Nutzers zum Zeitpunkt der Vornahme der Aufwendungen überstiegen habe (§ 12 Abs. 2 SachenRBerG). Mit der Einbeziehung dieser baulichen Maßnahmen in das SachenRBerG und der damit verbundenen Ausdehnung des Ankaufsrechts verfolge der Gesetzgeber dasselbe legitime Regelungsziel wie in den übrigen vom SachenRBerG erfassten Fällen. Hiermit kommt deutlich zum Ausdruck, dass das SachenRBerG eine gegenüber dem LwAnpG eigene Rechtslage geschaffen hat.