K (Textersetzung - „>“ durch „>“) |
K (Textersetzung - „entscheidung = Beschluß“ durch „entscheidung = Beschluss“) |
||
Zeile 2: | Zeile 2: | ||
|paragraph = 63 | |paragraph = 63 | ||
|absatz = 2 | |absatz = 2 | ||
|entscheidung = | |entscheidung = Beschluss | ||
|datum = 22.07.1997 | |datum = 22.07.1997 | ||
|AKZ = 8 B 56/97.G | |AKZ = 8 B 56/97.G |
Aktuelle Version vom 20. April 2022, 13:28 Uhr
Flurbereinigungsgericht Frankfurt (Oder), Beschluss vom 22.07.1997 - 8 B 56/97.G = RdL 1998 S. 79 f.
Aktenzeichen | 8 B 56/97.G | Entscheidung | Beschluss | Datum | 22.07.1997 |
---|---|---|---|---|---|
Gericht | Flurbereinigungsgericht Frankfurt (Oder) | Veröffentlichungen | = RdL 1998 S. 79 f. | Lieferung | N/A |
Leitsätze[Quelltext bearbeiten]
1. | Eine gesonderte Anhörung vor dem Erlaß der sofortigen Vollziehbarkeit einer vorläufigen Anordnung gemäß § 36 FlurbG in Verbindung mit § 63 Abs. 2 Landwirtschaftsanpassungsgesetz (LwAnpG) ist rechtlich nicht gefordert. |
2. | Vorläufige Anordnungen gemäß § 63 Abs. 2 LwAnpG in Verbindung mit § 36 FlurbG können in Bodenordnungsverfahren nach dem LwAnpG auch unbeschadet der Vorschrift über die vorläufige Besitzregelung gemäß § 61 a LwAnpG getroffen werden. Sie setzen eine vollziehbare Anordnung des Bodenordnungsverfahrens voraus. |
Aus den Gründen
Der Antrag, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid des Amtes für Agrarordnung wiederherzustellen, ist gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 2. Alternative VwGO zulässig, aber unbegründet.
Maßstab der gerichtlichen Entscheidung im vorliegenden Eilverfahren gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO ist eine umfassende Interessenabwägung. Das Gericht prüft im Falle einer behördlichen sofortigen Vollziehungsanordnung, ob die Behörde zu Recht das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung höher gewichtet hat als das private Interesse, bis zum Abschluß des Widerspruchsverfahrens bzw. des gerichtlichen Hauptverfahrens dem Verwaltungsakt nicht folgen zu müssen. Im Rahmen dieser Interessenabwägung haben auch Erkenntnisse über die Rechtmäßigkeit oder die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes, der vollzogen werden soll, Bedeutung, allerdings nicht als unmittelbare Entscheidungsgrundlage, sondern als in die Abwägung einzustellende Gesichtspunkte. Hiervon ausgehend ist festzustellen, daß an der Rechtmäßigkeit der vorläufigen Anordnung keine wichtigen Zweifel bestehen und das öffentliche Vollzugsinteresse überwiegt.
Vor Erlaß der vorläufigen Anordnung ist die Antragstellerin mit Verfügung vom 4.3.1997 angehört worden. Unschädlich ist, daß in dem Anhörungsschreiben nicht gesondert auf die Absicht hingewiesen wurde, die vorläufige Anordnung wegen des als dringlich angesehenen Besitzentzuges auch für sofort vollziehbar zu erklären. Eine gesonderte Anhörung war insoweit nicht gefordert.
Die Vorschrift des § 28 VwVfGBbg über die Anhörungspflicht zum Erlaß belastender Verwaltungsakte ist nicht anwendbar. Dem steht bereits entgegen, daß die Vollziehungsanordnung nach § 80 Abs. 2, Nr. 4 VwGO keinen Verwaltungsakt im Sinne des § 35 VwVfGBbg darstellt. Sie zielt nämlich nicht auf eine verbindliche, der Bestandskraft fähige und vollstreckbare Regelung ab. Es werden keinerlei materielle Rechtspositionen verbindlich festgestellt, begründet, aufgehoben oder abgeändert. Sie bewirkt allein die Durchsetzung einer von ihr zu trennenden Regelung eines gesonderten Verwaltungsaktes (so auch OVG Frankfurt (Oder), Beschluß vom 4.3.1996 - 4 B 3/96 -, NVwZ 1997, 202; OVG Greifswald, Beschluß vom 9.3.1995 - 9 K 20, 21, 24/94 -, RdL 1996, 275; VGH Bad.-Württ., Beschluß vom 1.7.1994 - 10 S 1942/93 -, NVwZ-RR 1995,17; OVG Schleswig, Beschluß vom 2.9.1992 - 3 N 34/92 -, NVwZ-RR 1993, 587). Im übrigen sind in § 80 VwGO die formellen Voraussetzungen einer Vollziehungsanordnung abschließend geregelt und enthalten in § 80 Abs. 3 VwGO lediglich ein Formerfordernis.
Das Formerfordernis des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO ist erfüllt. Aus der Begründung des Sofortvollzugsinteresses ergibt sich, daß die für die Dringlichkeit der Anordnung nach § 36 FlurbG geltenden Gründe auch für die Anordnung der sofortigen Vollziehung maßgeblich sein sollen. Dies ist zulässig, da die Dringlichkeit der vorläufigen Anordnung gemäß § 36 FlurbG sich gerade mit den Gründen des Sofortvollzuges decken kann (vgl. für eine solche Konstellation im Flurbereinigungsverfahren auch BayVGH, Beschlüsse vom 19.5.1995 - 13 AS 95.1153 -, vom 28.7.1995 - 13 AS 95.1344 -).
Der Senat hat im vorliegenden Verfahren keine die begehrte Anordnung rechtfertigende Zweifel an der Rechtmäßigkeit der vorläufigen Anordnung auf der Grundlage von § 36 FlurbG i.V.m. § 63 Abs. 2 LwAnpG, welche Regelung auch neben der erst mit dem Gesetz zur Änderung des Landwirtschaftsanpassungsgesetzes und anderer Gesetze vom 3.7.1991 (BGBl. I S. 1410) eingeführten speziellen Vorschrift zur vorläufigen Besitzregelung gemäß § 61 a LwAnpG im Landwirtschaftsanpassungsverfahren anwendbar ist (vgl. hierzu auch Dippold, RdL 1992, 171 <172>). Gemäß § 36 Abs. 1 Satz 1 FlurbG kann die Flurbereinigungsbehörde (hier Flurneuordnungsbehörde) eine vorläufige Anordnung erlassen, wenn es aus dringenden Gründen erforderlich wird, unter anderem vor der Ausführung des Flurbereinigungsplanes (hier Bodenordnungsplan) den Besitz oder die Nutzung von Grundstücken oder die Ausübung anderer Rechte zu regeln. Nach dieser Vorschrift soll aus dringenden Gründen schon vorweg das ausgeführt werden können, was in der Regel dem Flurbereinigungsplan bzw. gemäß § 63 Abs. 2 LwAnpG dem Bodenordnungsplan vorbehalten ist (vgl. OVG Koblenz, Beschluß vom 22.7.1988 - 9 B 4/88 -, RdL 1989, 195; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 21.2.1978 - VII 1891/77 -, RzF - 36 - zu § 36 Abs. 1 FlurbG). Die Vorschrift des § 36 FlurbG steht im Zweiten Teil des Gesetzes vor den Regelungen des Flurbereinigungsplanes im Dritten Teil, Fünfter Abschnitt mit den speziellen Regelungen zur vorläufigen Besitzeinweisung gemäß § 65 FlurbG. Sie setzt nicht den Flurbereinigungsplan bzw. hier Bodenordnungsplan voraus, sondern soll unter anderem der Erleichterung und Beschleunigung der Aufstellung des Bodenordnungsplanes dienen (vgl. hierzu Quadflieg, Recht der Flurbereinigung, § 36 FlurbG, RdNrn. 3, 15; Seehusen/Schwede, FlurbG, 5. Aufl., 1991, § 36, RdNr. 17). Vorausgesetzt ist allerdings ein bestandskräftiger oder sofort vollziehbarer Flurbereinigungsbeschluß bzw. die Anordnung des Bodenordnungsverfahrens, wie sie hier vorliegt.
Die Anordnung erfüllt auch die Voraussetzung des § 36 FlurbG, daß die getroffene Besitzregelung aus dringenden Gründen erforderlich sein muß. Dies hat das vormals zuständige Amt für Agrarordnung im einzelnen mit Blick auf die immissionsschutzrechtlichen Anforderungen für den weiteren Betrieb der Milchviehanlage, wie sie sich aus dem Bescheid der unteren Wasserbehörde ergeben, zutreffend dargelegt. Dies gilt, zumal die Belastungen für die Umwelt eklatant sind, die sich bei dem weiteren Betrieb eines desolaten und nicht dem geforderten Fassungsvermögen entsprechenden Güllelagers lediglich mit einer Speicherkapazität von 500 cbm und sich hieraus ergebender Lagerzeit von lediglich 25 bis 30 Tagen statt nach dem heutigen Stand der einschlägigen Richtlinien (vgl. Brandenburgischer Katalog wasserwirtschaftlicher Anforderungen an Anlagen zum Lagern und Abfüllen von Jauche, Gülle, Festmist und Silagesickersäften vom 11.7.1994 (Amtsbl. S. 1206)) zu fordernden Speicherzeit von 180 Tagen und entsprechender Stapelkapazität für den Betrieb der Beigeladenen von ca. 4100 cbm zur Vermeidung von Gefahren für das Grundwasser ergeben.
Der Annahme der Dringlichkeit der vorläufigen Anordnung stehen auch nicht die Nebenbestimmungen im Genehmigungsbescheid des Amtes für Immissionsschutz entgegen. Zunächst ist festzustellen, daß dieser Bescheid gerade die Neuerrichtung und den Betrieb der Anlage zur Lagerung von Gülle mit einer Lagerkapazität von 4125 cbm genehmigt. Allerdings enthält er als Nebenbestimmung (Nr. 2.1) die Regelung, daß mit dem Bau des Güllelagers erst begonnen werden darf, wenn das Flurbereinigungsverfahren im Sinne der Beigeladenen entschieden worden ist und die Vereinigung der Flurstücke 23 bis 26 beim Grundbuchamt beantragt wurde. Diese Regelung will der Bestimmung von § 4 Abs. 2 BgbBO Rechnung tragen, nach der eine bauliche Anlage nicht auf mehreren Grundstücken errichtet werden darf. Hierbei ist zu berücksichtigen, daß das Bodenordnungsverfahren nach dem LwAnpG gerade der Zusammenführung von Gebäude- und Grundeigentum dient und zu einer Neuordnung ermächtigt, die der Zielsetzung gemäß § 3 LwAnpG unter anderem der Schaffung von Voraussetzungen für die Wiederherstellung leistungs- und wettbewerbsfähiger Landwirtschaftsbetriebe entspricht.
Mit Blick auf die hiernach geforderte Zusammenlegung des Eigentums an den vorhandenen baulichen Anlagen der Milchviehanlage der Beigeladenen mit dem Grundeigentum entsprechend dem im Anordnungsbeschluß festgesetzten Verfahrensgebiet wird mit dem in der Folge ergehenden Bodenordnungsplan zu dem in der Ausführungsanordnung zu bestimmenden Zeitpunkt der in dem Plan vorgesehene neue Rechtszustand an die Stelle des bisherigen treten (vgl. § 61 LwAnpG) und damit § 4 BbgBO Rechnung getragen werden. Dies trifft auch gerade für die Teile der Flurstücke zu, die als Standort der neuen Gülleanlage bestimmt sind, da auf denselben Flurstücken sich bereits die vorhandenen baulichen Anlagen der Beigeladenen befinden.
Führt das eingeleitete Bodenordnungsverfahren mithin gerade auch zur Einhaltung des § 4 BbgBO, erscheint es sachgemäß, daß in dem mit Konzentrationswirkung durchgeführten immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren auch die rechtlichen Regelungen über vorläufige Anordnungen bzw. Besitzregelungen im Bodenordnungsverfahren Beachtung finden. Denn diese erlauben im Einzelfall auch bereits Neubaumaßnahmen, um die förderlichen Wirkungen einer Flurbereinigung bzw. eines Bodenordnungsverfahrens für das gesamte Verfahrensgebiet eintreten zu lassen (vgl. auch HessVGH, Urteil vom 19.4.1978 - III F 1/78 -, RzF - 38 - zu § 36 Abs. 1 FlurbG). Hierbei ist es nicht Aufgabe des vorliegenden Verfahrens zu entscheiden, ob die immissionsschutzrechtliche Auflage von vornherein so zu verstehen ist, daß sie nur unbeschadet der Regelungen im Bodenordnungsverfahren Geltung beansprucht oder ob diese mit Blick auf die hier getroffene Anordnung abzuändern ist. Die Regelung von Nr. 2.2 des Bescheides hat die geltende Rechtslage nach § 61 LwAnpG zu beachten.