Flurbereinigungsgericht Magdeburg, Urteil vom 05.02.1998 - C 8 S 4/97
Aktenzeichen | C 8 S 4/97 | Entscheidung | Urteil | Datum | 05.02.1998 |
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Gericht | Flurbereinigungsgericht Magdeburg | Veröffentlichungen | Lieferung | N/A |
Leitsätze[Quelltext bearbeiten]
1. | Nach § 22 Abs. 3 Sachenrechtsbereinigungsgesetz, der zur Bestimmung des Anspruchsumfanges des Nutzers (Gebäudeeigentümers) in Verfahren nach § 64 LwAnpG herangezogen werden kann, beschränken sich die Ansprüche des Nutzers der Gebäude oder der baulichen Anlage auf die Funktionsfläche, wenn die Bebauung - wie hier - aufgrund gesetzlichen Nutzungsrechtes der landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften vorgenommen worden ist. Handelt es sich um ein Betriebsgebäude, so sind die Flächen einzubeziehen, die für die zweckentsprechende Nutzung des Gebäudes im Betrieb des Nutzers notwendig sind. Funktionsfläche ist dabei die zur bestimmungsgemäßen Nutzung der baulichen Anlage erforderliche Fläche (§ 12 Abs. 3 Nr. 2 SachenRBerG). |
2. | § 28 Abs. 1 Nr. 2 Sachenrechtsbereinigungsgesetz verwehrt den Beteiligten, Ansprüche nach Kap. 2 Unterabschnitt 7 dieses Gesetzes (hier: Einrede der geringen Restnutzungsdauer nach § 31 SachenRBerG) zu verfolgen, wenn in einem Verfahren nach § 64 LwAnpG Anordnungen zur Durchführung eines Bodenordnungsverfahrens ergangen sind. |
Aus den Gründen
Die von der Klägerin gerügte Übertragung der 1.752 qm großen Funktionsfläche an die Beigeladene zu 1. begegnet jedenfalls im Ergebnis keinen rechtlichen Bedenken.
Nach § 22 Abs. 3 des Gesetzes zur Sachenrechtsbereinigung im Beitrittsgebiet - SachenRBerG - i. d. F. vom 21. September 1994 (BGBl. I, 1823), der hier zur Bestimmung des Anspruchsumfanges der Beigeladenen zu 1. herangezogen werden kann, beschränken sich die Ansprüche des Nutzers der Gebäude oder der baulichen Anlage auf die Funktionsfläche, wenn die Bebauung - wie hier - aufgrund gesetzlichen Nutzungsrechtes der landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften vorgenommen worden ist. Handelt es sich um ein Betriebsgebäude, so sind die Flächen einzubeziehen, die für die zweckentsprechende Nutzung des Gebäudes im Betrieb des Nutzers notwendig sind. Funktionsfläche ist dabei die zur bestimmungsgemäßen Nutzung der baulichen Anlage erforderliche Fläche (§ 12 Abs. 3 Nr. 2 SachenRBerG).
Bei der Feststellung dessen, was bestimmungsgemäß ist, wird in der Begründung des Widerspruchsbescheides vom 07. Mai 1997 maßgeblich auf die wirtschaftliche Gesamtnutzung der von der Beigeladenen zu 1. betriebenen Milchviehanlage abgestellt. Dem Interesse der Beigeladenen zu 1., die Nutzung des Betriebes mittels eines Umfahrungsweges in dem vorgetragenen Ausmaß zu gewährleisten wird das Interesse der Klägerin an der betrieblichen oder sonstigen landwirtschaftlichen Nutzung ihres Flurstückes im Ergebnis zutreffend untergeordnet. Der Beklagte hat zwar die Abwägung der beiderseitigen Interessen nur unzulänglich offen gelegt. Die hier zu treffende Ermessensentscheidung verlangt die objektive Einhaltung vorrangiger verfassungsrechtlicher Grundsätze wie etwa des vom Beklagten herangezogenen Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes. Dem Wesen einer ordnungsgemäßen Ermessensbetätigung entspricht es darüber hinaus, daß eine Abwägung aller nach Lage der Dinge in Betracht kommender Belange gegeneinander stattfindet. Das Interesse der Klägerin an einem ungehinderten Zugang zu ihrem südlich gelegenen Grundstücksteil - gerade auch durch Nutzung der zwischen Silo und Pappelreihe befindlichen, betonierten Wegfläche - wird im Widerspruchsbescheid lediglich mit der Bemerkung berücksichtigt, ihr stünden "alle Möglichkeiten einer betrieblichen oder sonstigen landwirtschaftlichen Nutzung der Flurstücke weiter offen". Ob damit alle nach Lage der Dinge in Betracht kommenden Belange ordnungsgemäß berücksichtigt worden sind, kann aus der Sicht des Senats jedoch letztlich unentschieden bleiben. Denn der Beklagte hat zulässigerweise in der mündlichen Verhandlung seine Ermessenserwägungen dahin ergänzt (vgl. § 114 Satz 2 VwGO), ein zwischen der Klägerin und der Beigeladenen zu 1. am 01. Juni 1994 vor dem Amtsgericht St. - 4 Lw 234/93 - geschlossener Vergleich, der die beiderseitigen Zufahrtsmöglichkeiten zum und über das Grundstück der Klägerin geregelt habe, sei - wenn auch unausgesprochen - in seine Ermessenserwägungen mit eingeflossen. Die Beigeladene zu 1. habe sich in dem Vergleich unter Ziff. V verpflichtet, einen westlich zur Grundstücksgrenze der Klägerin verlaufenden Zaun zurückzuversetzen, um auf ihrem Grundstück eine ca. 4 m breite Zuwegung bis zu ihrer Grünlandfläche zu gewährleisten. Die so für die Klägerin geschaffene Zuwegung zur Erschließung ihres südlichen Grundstücksteils ließ aus der Sicht des Beklagten eine nähere Auseinandersetzung mit der nunmehr von der Klägerin begehrten östlichen Fahrstrecke nicht mehr notwendig erscheinen. Damit ist auch aus der Sicht des Senats dem Interesse der Klägerin an einer problemlosen Zufahrt zum hinteren Grundstücksteil genügt.
d)
Soweit die Klägerin, die Einrede geringer Restnutzungsdauer nach § 31 SachenRBerG geltend macht, kann sie hiermit nicht durchdringen.
§ 28 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SachenRBerG verwehrt ihr, Ansprüche nach Kap. 2 Unterabschnitt 7 dieses Gesetzes zu verfolgen, wenn - wie hier geschehen - in einem Verfahren auf Zusammenführung des Grundstücks- und Gebäudeeigentums nach § 64 LwAnpG Anordnungen zur Durchführung eines Bodenordnungsverfahrens ergangen sind. Zwar ist auch in diesem Verfahren die Restnutzungsdauer eines Gebäudes von Bedeutung, insbesondere im Hinblick auf die im Rahmen der Abfindungsentscheidung zu erfolgende Wertermittlung (vgl. §§ 43, 53, 68, 69 Abs. 2 SachenRBerG). Gleichwohl führt das Vorbringen der Klägerin im vorliegenden Fall nicht zu einer anderen rechtlichen Beurteilung. Durch den - ihr Rechtsschutzinteresse begrenzenden - Umstand, daß ihr Grundstück lediglich mit einer Gebäudeteilfläche von 19,70 qm überbaut ist, vermag sie nicht insgesamt die Restnutzungsdauer sämtlicher in den Jahren 1964 - 1968 errichteten Baulichkeiten der 400er Milchviehanlage oder des Gebäudes (IV) in Frage zu stellen. Denn auch insoweit stellt die Fläche von 19,70 qm in Bezug auf die Gesamtfläche einen verschwindend geringen Teil dar. Darüber hinaus hat sich die Restnutzungsdauer der Gebäude an dem Durchschnittswert der Gesamtnutzungsdauer zu orientieren; die diesbezüglichen Berechnungen des Beklagten, die dem Gebäudebestand insgesamt mindestens eine Restnutzungsdauer von 35 Jahren bescheinigen, sind nicht zu beanstanden.
e)
Die im Bodenordnungsplan vorgesehene Abfindung der Klägerin in Geld ist nicht zu beanstanden. Es handelt sich um eine im Hinblick auf die Gesamtfläche geringfügige und mangels Austauschfläche unvermeidbare Minderausweisung von Land, die nach § 63 Abs. 2 LwAnpG i.V.m. § 44 Abs. 3 Satz 2 FlurbG ausnahmsweise in Geld ausgeglichen werden darf. Gegen die Höhe der Abfindung hat die Klägerin keine Einwendungen erhoben.