Flurbereinigungsgericht Frankfurt (Oder), Urteil vom 26.09.2002 - 8 D 49/99.G = RdL 2003 S. 154= AUR 2003 S. 96 (Lieferung 2004)

Aktenzeichen 8 D 49/99.G Entscheidung Urteil Datum 26.09.2002
Gericht Flurbereinigungsgericht Frankfurt (Oder) Veröffentlichungen RdL 2003 S. 154 = AUR 2003 S. 96  Lieferung 2004

Leitsätze[Quelltext bearbeiten]

1. Allein durch die Übernahme einer Fläche in Rechtsträgerschaft entsteht an aufstehenden Altbauten noch kein getrenntes Gebäudeeigentum, sondern lediglich ein Nutzungsrecht.
2. Durch Art. 233 §§ 2 a und 2 b EGBGB werden keine zusätzlichen Entstehungstatbestände für Gebäudeeigentum geschaffen.

Aus den Gründen

Voraussetzung ... im Rahmen des Antragsbegehrens nach § 64 S. 1 LwAnpG ist ..., dass ein durch Rechtsvorschriften geregeltes Nutzungsrecht für die LPG vorlag, das Grundlage für ein gesondertes Gebäudeeigentum war. Gemäß II Nr. 2 des Musterstatuts der LPG Typ III vom 19. Dezember 1952 (GBl. S. 1375, 1383) bzw. § 8 Abs. 1 LPGG/59 und § 18 Abs. 1 LPGG/82 erhielten die LPG`en ein volles Nutzungsrecht an dem Boden, der durch die Mitglieder eingebracht oder vom Staat der Genossenschaft übergeben worden war. ...

In diesem Zusammenhang (ist) darauf hinzuweisen, dass vom Staat der LPG übertragenes Bodenreformland als staatliches Eigentum zu registrieren war (vgl. § 9 Abs. 4 LPGG/59; auch II 2 b, 5 Musterstatut LPG Typ III sah nur die Übergabe von Boden zur Nutzung vor). Hiernach erwarb die LPG kein Eigentum an dem Boden (vgl. auch OGDDR NJ, 1965, 521). Ebenso wenig entstand an den Gebäuden durch die Übernahme in Rechtsträgerschaft genossenschaftliches Eigentum der LPG. Die Übernahme in Rechtsträgerschaft führte auch insoweit nur dazu, dass ein Nutzungsrecht an aufstehenden Gebäuden entstanden wäre, ohne dass durch die Rechtsträgerschaft allein getrenntes Gebäudeeigentum gebildet worden wäre (vgl. auch Thöne/Knauber, Boden- und Gebäudeeigentum in den neuen Bundesländern, 2. Aufl., 1996, Rn 546). ...

Mangels fehlenden Nachweises eines ordnungsgemäß eingeräumten Nutzungsrechts der LPG kann auf dem streitbefangenen Grundstück auch nicht gesondertes Gebäudeeigentum nach § 8 LPGG/59 oder § 18 Abs. 1 LPGG/82 entstanden sein, weil der LPG hiermit zugleich bezüglich des vorhanden gewesenen Altbaus auch dessen fortdauernde Nutzung gestattet worden wäre. In einem solchen Fall des nachgewiesenen Nutzungsrechts der LPG ist allerdings das Bundesverwaltungsgericht mit Urteil vom 26. August 1999 - 3 C 26/98 - (bestätigt durch Urteil vom 20. Juni 2002 - 3 C 8.01 - in juris) in Abkehr von seinem Urteil vom 30. April 1998 - 3 C 52.96 - von der Entstehung von Gebäudeeigentum gemäß Art. 233 § 2 b Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 2 a Abs. 1 S. 1 b EGBGB i.d.F. vom 21. September 1994 (BGBl I S. 2494, 2520) ausgegangen. Es hat hierbei die vom Bundesgerichtshof (Urteil vom 19. Dezember 1997, BGHZ 137, 369 ff. = NJW 1998, 1713 = VIZ 1998, 227 = ZOV 1998, 186) lediglich für die Frage des Bestehens des Besitzmoratoriums bezüglich einer Konsumgenossenschaft in Analogie zu Art. 233 § 2 a Abs. 1 S. 1 b EGBGB entwickelte Rechtsprechung auf den Eigentumserwerb einer LPG übertragen. Dabei hatte bereits der BGH darauf hingewiesen, dass das Moratorium nach Art. 233 § 2 a Abs. 1 S. 1 b EGBGB mit den Fällen der Entstehung von Gebäudeeigentum nach § 2 b nicht deckungsgleich sei. Der Bundesgerichtshof (NJ 2001, 204) hat diese Rechtsprechung dahin bekräftigt, dass das Besitzrecht gemäß Art. 233 § 2 a EGBGB unter weniger engen Voraussetzungen hätte entstehen können, wie schon daraus deutlich werde, dass das Moratorium in Art. 233 § 2 a Abs. 1 S. 1 b EGBGB nicht auf eine Gebäudeerrichtung durch die LPG abstelle, wohingegen dies für das Entstehen von Gebäudeeigentum unerlässlich sei. Der Bundesgesetzgeber hat nunmehr mit Art. 4 Nr. 3 des Gesetzes zur Änderung des Rechts an Grundstücken in den neuen Ländern (Grundstücksänderungsgesetz - GrundRÄndG -) vom 2. November 2000 (BGBl I S. 1481) das Bestehen von gesondertem Gebäudeeigentum gemäß Art. 233 § 2 b Abs. 1 S. 1 EGBGB wie folgt ausdrücklich geregelt:

"In den Fällen des § 2 a Abs. 1 S. 1 a und b sind Gebäude und Anlagen von Arbeiter-Wohnungsbaugenossenschaften und von gemeinnützigen Wohnungsbaugenossenschaften auf ehemals volkseigenen Grundstücken, in den Fällen des § 2 a Abs. 1 S. 1 a Gebäude und Anlagen Landwirtschaftlicher Produktionsgenossenschaften, auch soweit dies nicht gesetzlich bestimmt ist, unabhängig vom Eigentum am Grundstück, Eigentum des Nutzers."

In der amtlichen Begründung (BT-Drucksache 14/3508 S. 21) hat der Gesetzgeber darauf hingewiesen:


Der Senat folgt hiernach, ohne dass es für den vorliegenden Fall entscheidungserheblich wäre, weil bereits ein ordnungsgemäß eingeräumtes Nutzungsrecht nicht gegeben ist, weiterhin der Feststellung des Bundesverwaltungsgerichts im Urteil vom 30. April 1998 (vgl. auch OLG Dresden, Urteil vom 23. November 1999 - 3 U 2239/99 -), dass durch Art. 233 § 2 a und b EGBGB keine zusätzlichen Entstehungstatbestände für Gebäudeeigentum geschaffen werden sollten, sondern das Rechtsinstitut, so wie es vorgefunden worden war, vorläufig gesichert werden sollte, um zu verhindern, dass vor Verwirklichung der Bereinigung des Sachenrechts Fakten geschaffen werden, die der Zielsetzung der Bereinigung entgegenwirken. Die neue Fassung von Art. 233 § 2 b EGBGB stellt hiernach mithin auch keinen unzulässigen rückwirkenden Eingriff in eine bereits vorhanden gewesene Eigentumsposition dar (vgl. schon Urteil vom 25. Januar 2001 - 8 D 6/99.G - in ZOV 2001, 203 = VIZ 2001, 388).

Anmerkung

a.A. BVerwG