Flurbereinigungsgericht Greifswald, Urteil vom 28.05.1998 - 9 K 35/96 = RdL 1999 S. 217
Aktenzeichen | 9 K 35/96 | Entscheidung | Urteil | Datum | 28.05.1998 |
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Gericht | Flurbereinigungsgericht Greifswald | Veröffentlichungen | = RdL 1999 S. 217 | Lieferung | N/A |
Leitsätze[Quelltext bearbeiten]
1. | In Verfahren nach dem 8. Abschnitt des Landwirtschaftsanpassungsgesetzes müssen Beteiligte Widersprüche gegen den Bodenordnungsplan zur Vermeidung des Ausschlusses in Ermangelung einer anderen landesgesetzlichen Regelung in einem Anhörungstermin vorbringen; hierauf ist in der Ladung und im Termin hinzuweisen. |
Aus den Gründen
Der Widerspruchsbescheid ist bereits deswegen rechtswidrig, weil er ergangen ist, obwohl der Beigeladene wirksam keinen Widerspruch eingelegt hat. Dieses Erfordernis ist auch nicht verzichtbar.
Die Rechtsgrundlage für den Änderungsbeschluß ist § 64 FlurbG, der gemäß § 63 Abs. 2 Landwirtschaftsanpassungsgesetz - LwAnpG - entsprechend anzuwenden ist. Danach kann die Flurbereinigungsbehörde den Bodenordnungsplan auch nach der Ausführungsanordnung (§ 61 LwAnpG) ändern oder ergänzen, wenn öffentliche Interessen oder wichtige nicht vorherzusehende wirtschaftliche Bedürfnisse der Beteiligten es erfordern oder wenn ihr eine rechtskräftige gerichtliche Entscheidung bekannt wird. Für das Verfahren gelten die § 59 bis § 63 FlurbG sinngemäß. Diese sinngemäße Anwendung im Rahmen des Flurbereinigungsrechts bedeutet, daß auch ein Änderungsbeschluß nach Maßgabe des § 59 FlurbG bekanntzugeben ist und Widersprüche gegen diesen Plan nach den dort vorgesehenen Verfahren geltend zu machen sind.
Ob der Änderungsplan vom 27.09.1995 wirksam bekanntgegeben worden war, und ob dieser jedenfalls gegenüber den Beteiligten wirksam geworden ist (vgl. BVerwG, 28.10.1982 - Buchholz 424.01 § 110 FlurbG Nr. 4) kann ebenso dahinstehen wie die Frage, ob der Änderungsbeschluß vom 14.11.1995 generell gegenüber den Beteiligten wirksam geworden ist und ob er jedenfalls ihnen gegenüber als wiederholende Verfügung angesehen werden kann. Ebenso kann offen bleiben, welche Folgen sich daraus ergeben, daß der Beigeladene sich in seinem Widerspruch auf den Änderungsbeschluß vom 27.09.1995 bezogen hat, der Beklagte aber den Änderungsbeschluß vom 14.11.1995 aufgehoben hat.
Der Widerspruchsbescheid ist nämlich aufzuheben, weil der Beigeladene keinen wirksamen Widerspruch erhoben hat. Entgegen der dem Beigeladenen erteilten Rechtsmittelbelehrung ist es nach Rechtslage des Landes Mecklenburg-Vorpommern nicht möglich, gegen einen Änderungsbeschluß schriftlich gegenüber dem Amt für Landwirtschaft bzw. dem Ministerium für Landwirtschaft und Naturschutz als Widerspruchsbehörde wirksam Widerspruch einzulegen. Dies folgt aus § 59 Abs. 2 und 4 FlurbG, der gemäß § 64 Satz 2 FlurbG auch hier anwendbar ist. Danach müssen die Beteiligten Widersprüche zur Vermeidung des Ausschlusses in einem Anhörungstermin vorbringen; hierauf ist in der Ladung und im Termin hinzuweisen. Die Widersprüche sind in die Verhandlungsniederschrift aufzunehmen. Daß die schriftliche Erhebung eines Widerspruchs ausgeschlossen ist, folgt auch aus § 59 Abs. 5 FlurbG, wonach die Länder anstelle oder neben dem im Termin vorzubringenden Widerspruch schriftlichen Widerspruch innerhalb von 2 Wochen nach dem Terminstage zulassen können. Eine solche Regelung hat der Gesetzgeber im Land Mecklenburg-Vorpommern nicht getroffen.
Daran, daß der Beigeladene Widerspruch nicht wirksam eingelegt hat, ändert auch nichts der Umstand, daß er sich entsprechend der Rechtsbehelfsbelehrung verhalten hat, die das Amt für Landwirtschaft St. in beiden Änderungsbeschlüssen erteilt hat. Durch eine unzutreffende Rechtsbehelfsbelehrung können nämlich die gesetzlichen Voraussetzungen eines Rechtsbehelfs nicht geändert werden (so für ein unstatthaftes Rechtsmittel BVerwG, 16.03.1994 - NVwZ 1994 S. 782; für eine unzutreffend genannte Rechtsbehelfsfrist BSG, 28.05.1991 - NVwZ 1993 S. 406).
Dahinstehen kann, ob entsprechend dem Grundsatz des § 58 Satz 2 VwGO wegen der unrichtigen Rechtsbehelfsbelehrung nicht die Ausschlußfrist des § 58 Satz 1 VwGO gilt. Nach der zuerst genannten Vorschrift ist ein Widerspruch auch dann statthaft, wenn der Widerspruchsführer aus Gründen höherer Gewalt gehindert war, den Widerspruch einzulegen. Hieran könnte gedacht werden, weil das Amt für Landwirtschaft St. nicht nur in der Rechtsbehelfsbelehrung insoweit den Beigeladenen hinsichtlich der Form des einzulegenden Widerspruchs unzutreffend belehrt hat, sondern außerdem - wie im übrigen vom Beigeladenen auch gerügt - einen Anhörungstermin nicht durchgeführt hat, im Rahmen dessen er in der Lage gewesen wäre, den Widerspruch wirksam zu erheben. Dies würde allerdings nicht dazu führen, daß bereits jetzt davon ausgegangen werden könnte, es läge ein wirksam eingelegter Widerspruch vor. Denn all dies ändert nichts daran, daß der Widerspruch zunächst wirksam in einem anzuberaumenden Anhörungstermin durch den Beigeladenen erhoben werden müßte und hernach in den vorgesehenen Verfahren über diesen Widerspruch zu entscheiden wäre.