Flurbereinigungsgericht Magdeburg, Urteil vom 17.05.2004 - 8 K 2/04 (Lieferung 2013)

Aktenzeichen 8 K 2/04 Entscheidung Urteil Datum 17.05.2004
Gericht Flurbereinigungsgericht Magdeburg Veröffentlichungen Lieferung 2013

Leitsätze[Quelltext bearbeiten]

1. Auf die Durchführung eines Bodenordnungsverfahrens wegen der Bildung einer einzelbäuerlichen Wirtschaft besteht ein Rechtsanspruch, soweit das Verfahren zur Beseitigung von Hemmnissen dient, die ihren Grund in der vormaligen Bewirtschaftung durch landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaften haben. Das ist nicht der Fall, wenn die Hindernisse bei der Bildung einzelbäuerlicher Wirtschaften ihren Grund in Verhältnissen und Umständen haben, denen jeder einzelbäuerliche Existenzgründer ungeachtet der Frage ausgesetzt ist, ob die landwirtschaftliche Nutzung in den alten oder neuen Bundesländern ausgeübt werden soll.
2. Für eine auf die Durchführung eines Flurbereinigungsverfahrens gerichtete Verpflichtungsklage fehlt es an der Klagebefugnis, weil subjektive Interessen Einzelner nicht genügen, die Anordnung der Flurbereinigung zu rechtfertigen und der Kläger nicht stellvertretend für die Gesamtheit der Teilnehmer einen Anspruch auf Einleitung des Flurbereinigungsverfahrens geltend machen kann.

Aus den Gründen

Die zulässige Klage ist unbegründet, weil die Ablehnung des beantragten Verwaltungsaktes rechtmäßig ist und den Kläger nicht in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).


Gemäß § 56 Abs. 1 LwAnpG ist unter der Leitung der Flurneuordnungsbehörde, in dessen Bereich die Genossenschaft ihren Sitz hat, ein Bodenordnungsverfahren durchzuführen, sofern ein freiwilliger Landtausch i. S. d. § 54 Abs. 1 LwAnpG nicht zustande kommt. Die Verpflichtung der Behörde, auf einen freiwilligen Landtausch hinzuwirken oder ein Bodenordnungsverfahren anzuordnen, besteht nach § 53 Abs. 3 LwAnpG nur unter den Voraussetzungen des § 53 Abs. 1 und 2 LwAnpG. Nach § 53 Abs. 1 LwAnpG sind auf Grund des Ausscheidens von Mitgliedern aus der LPG oder der eingetragenen Genossenschaft, der Bildung einzelbäuerlicher Wirtschaften oder zur Wiederherstellung der Einheit von selbständigem Eigentum an Gebäuden, Anlagen sowie Anpflanzungen und Eigentum an Grund und Boden auf Antrag eines Beteiligten die Eigentumsverhältnisse an Grundstücken unter Beachtung der Interessen der Beteiligten neu zu ordnen. Das gilt nach § 53 Abs. 2 LwAnpG entsprechend, wenn genossenschaftlich genutzte Flächen vom Eigentümer gekündigt und zur Bildung oder Vergrößerung bäuerlicher Einzelwirtschaften verpachtet werden. Auf die Durchführung eines Bodenordnungsverfahrens wegen der Bildung einer einzelbäuerlichen Wirtschaft hat der Kläger keinen Anspruch. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob es sich bei dem vom Kläger beabsichtigen Vorhaben um eine landwirtschaftliche Nutzung handelt. Denn jedenfalls fehlt es an dem entgegen der Auffassung des Klägers notwendigen zeitlichen und sachlichen Zusammenhang zwischen dem unter dem 22. Januar 2001 gestellten Antrag des Klägers und der bereits im Jahr 1995 abgeschlossenen Umwandlung der örtlichen LPG. Dass ein solcher Zusammenhang bestehen muss, folgt aus dem Umstand, dass Anlass für die Neuordnung nach § 53 Abs. 1 LwAnpG neben der Bildung einzelbäuerlicher Wirtschaften das Ausscheiden von Mitgliedern aus der LPG oder die Wiederherstellung der Einheit von Eigentum am Grund und Boden einerseits und Gebäuden und Anpflanzungen andrerseits ist. Der systematische Zusammenhang mit diesen Gründen für eine Neuordnung lässt erkennen, dass auch die Bildung einer einzelbäuerlichen Wirtschaft nur dann Grund für die Einleitung eines Verfahrens nach dem 8. Abschnitt des Landwirtschaftsanpassungsgesetz ist, wenn das Unternehmen in einem sachlichen Zusammenhang mit der Umwandlung einer ehemaligen LPG steht. Das ist bei den beiden weiteren in § 53 Abs. 1 LwAnpG genannten Gründen nicht zweifelhaft, weil der eine an das Ausscheiden aus der LPG anknüpft und der andere an das auf den Rechtsverhältnissen in der ehemaligen DDR beruhende Auseinanderfallen des Eigentums am Boden einerseits und aufstehenden Gebäuden und Anpflanzungen andererseits anknüpft. Bei der Bildung einzelbäuerlicher Wirtschaften folgt dies aus dem sachlichen Zusammenhang mit dem im Gesetz vorangestellten Ausscheiden von Mitgliedern aus der LPG. Beide Regelungen knüpfen daran an, dass der Regelungsbedarf wegen der Nutzung der Flächen durch die LPG besteht. Dafür spricht auch, dass § 56 Abs. 1 LwAnpG wegen der örtlichen Zuständigkeit der Flurneuordnungsbehörde auf den Sitz der Genossenschaft abstellt. Eine solche Bestimmung ist sachlich nur gerechtfertigt, wenn der Grund für die Durchführung des Bodenordnungsverfahren in einem sachlichen Zusammenhang mit der Bewirtschaftung landwirtschaftlicher Flächen durch landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaften steht.


Entgegen der Auffassung des Klägers handelt es sich bei der Regelung in § 53 Abs. 1 LwAnpG ebenso wie bei den weiteren Bestimmungen des Gesetzes nicht um eine allgemeine Existenzförderung zur Beseitigung von Hemmnissen, denen sich jeder landwirtschaftliche Betrieb in der Gründungsphase ausgesetzt sieht. Schon die vom Gesetzgeber gewählte Bezeichnung des Regelwerks als "Gesetz über die strukturelle Anpassung der Landwirtschaft an die soziale und ökologische Marktwirtschaft (...)" verdeutlicht, dass der Zweck des Gesetzes darin besteht, den Umwandlungs- und Anpassungsprozess von einer kollektiven Form der Bodennutzung durch landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaften in eine vielfältig strukturierte Landwirtschaft (vgl. § 2 LwAnpG) zu befördern. Die Bildung einzelbäuerlicher Wirtschaften erfährt deshalb nach Maßgabe der Regelungen im Landwirtschaftsanpassungsgesetz besondere Unterstützung, sofern sie dem Gesetzeszweck, nämlich der Anpassung an eine markt- und wettbewerbsorientierte Landwirtschaft dient. Sie scheidet aus, wenn die Umwandlung abgeschlossen ist und Hindernisse bei der Bildung einzelbäuerlicher Wirtschaften ihren Grund nicht in der vormaligen Bewirtschaftung durch landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaften, sondern in Verhältnissen und Umständen haben, denen jeder einzelbäuerliche Existenzgründer ungeachtet der Frage ausgesetzt ist, ob die landwirtschaftliche Nutzung in den alten oder neuen Bundesländern ausgeübt werden soll.


An dem notwendigen zeitlichen und sachlichen Zusammenhang fehlt es, wenn die Bildung der einzelbäuerlichen Wirtschaft erst zu einem Zeitpunkt angestrebt wird, in dem die Umwandlung der LPG - wie hier - bereits seit fünf Jahren abgeschlossen ist. Auch der sachliche Zusammenhang besteht nicht. Ohne Erfolg macht der Kläger geltend, der Neuordnungsbedarf folge aus dem Umstand, dass Rechtsnachfolger verstorbener Grundstückseigentümer nur schwer feststellbar seien und dass infolge der über Grundstücksgrenzen hinweg ausgeübten landwirtschaftlichen Nutzung durch die örtliche LPG Grenzsteine in der Örtlichkeit nicht mehr vorhanden seien. Denn Schwierigkeiten dieser Art. deren Ursachen nicht in den besonderen Verhältnissen einer großflächigen landwirtschaftlichen Nutzung durch landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaften liegen, sind Grundstückseigentümer in neuen und alten Bundesländern in gleicher Weise ausgesetzt. Ein Anspruch auf Durchführung eines Bodenordnungsverfahrens zur Neuordnung der Eigentumsverhältnisse wegen der Bildung einer einzelbäuerlichen Wirtschaft besteht vielmehr dann, wenn Grundstücke infolge von Meliorations- oder Straßenbaumaßnahmen zerstückelt oder von der Erschließung durch einen Weg abgeschnitten worden und infolgedessen nicht mehr sinnvoll landwirtschaftlich nutzbar sind (vgl. OVG LSA, Urt. v. 05.12.2003 - 8 K 3/02 -). Dass diese Voraussetzungen hier erfüllt wären, macht der Kläger indes nicht geltend.


Sofern der Kläger geltend machen wollte, er habe einen Rechtsanspruch auf Durchführung eines Flurbereinigungsverfahrens nach den §§ 4 Halbs. 1, § 86 Abs. 1 FlurbG, ist die Klage mangels Klagebefugnis unzulässig, weil der Kläger durch die Ablehnung nicht in eigenen Rechten i. S. d. § 42 Abs. 2 VwGO verletzt werden kann. Die Flurbereinigung kann nach § 4 Halbs. 1 FlurbG angeordnet werden, wenn die Behörde eine Flurbereinigung für erforderlich und das Interesse der Beteiligten für gegeben hält. Nach den in den §§ 1, § 37 FlurbG bestimmten Zielen dient die Flurbereinigung der Verbesserung der Produktions- und Arbeitsbedingungen in der Land- und Forstwirtschaft sowie der Förderung der allgemeinen Landeskultur und der Landentwicklung. Ob dieses Interesse an der Flurbereinigung vorliegt, ist objektiv zu bestimmen. Entscheidend ist das wohlverstandene Interesse der Beteiligten in ihrer Gesamtheit, nicht subjektive Auffassungen Einzelner (Seehusen/Schwede, FlurbG, 7. Auflage, § 4, Rdnr. 5). Genügen subjektive Interessen Einzelner nicht, die Anordnung der Flurbereinigung zu rechtfertigen, so kann der Kläger nicht stellvertretend für die Teilnehmer in ihrer Gesamtheit einen Anspruch auf Einleitung des Flurbereinigungsverfahrens geltend machen. Auf die Frage, ob die Voraussetzungen für die Anordnung einer Flurbereinigung vorliegen, kommt es nicht an.