Flurbereinigungsgericht Greifswald, Urteil vom 09.03.2022 - 9 K 915/19 OVG (Lieferung 2023)

Aktenzeichen 9 K 915/19 OVG Entscheidung Urteil Datum 09.03.2022
Gericht Flurbereinigungsgericht Greifswald Veröffentlichungen Lieferung 2023

Leitsätze[Quelltext bearbeiten]

1. Nach § 53 Abs. 4 LwAnpG können geeignete Stellen unter Beleihung mit hoheitlichen Befugnissen beauftragt werden, die Verfahren zur Feststellung und Neuordnung der Eigentumsverhältnisse durchzuführen. Für Beliehene gelten die Grundsätze der Amtshaftung nach Art. 34 Satz 1 GG in Verbindung mit § 839 BGB ebenso wie für das schuldhafte Handeln staatlicher Beamter in Ausübung eines öffentlichen Amtes (red LS).
2. Die gesetzliche Ermächtigung nach § 53 Abs. 4 LwAnpG zur Beauftragung geeigneter Stellen zur Durchführung von Verfahren erstreckt sich nur auf solche zur Feststellung und Neuordnung der Eigentumsverhältnisse nach dem Landwirtschaftsanpassungsgesetz, nicht aber auf solche nach dem Flurbereinigungsgesetz außerhalb des § 99 Abs. 2 FlurbG und damit auch nicht auf Verfahren nach § 86 FlurbG (red. LS).
3. Sollte die unter Beleihung mit hoheitlichen Befugnissen Beauftragte aus diesem Grunde außerhalb ihrer Zuständigkeitsgrenzen gehandelt haben, so fehlte es aber jedenfalls an einer für den Klageerfolg erforderlichen, auf die Zuständigkeitsüberschreitung zurückzuführenden Verletzung des Klägers in eigenen Rechten (red. LS).

Aus den Gründen

2. Die Klage ist, soweit sie zulässig ist, unbegründet. Den gegen den Bodenordnungsplan gerichteten Einwendungen des Klägers ist nicht zu folgen.

a. Der angefochtene Bodenordnungsplan vom 30. Oktober 2018 ist rechtlich nicht zu beanstanden. Die beklagte L. hat mit Erlass des Bodenordnungsplanes innerhalb ihres Zuständigkeitsbereiches gehandelt. Nach § 53 Abs. 4 LwAnpG können geeignete Stellen unter Beleihung mit hoheitlichen Befugnissen beauftragt werden, die Verfahren zur Feststellung und Neuordnung der Eigentumsverhältnisse durchzuführen. Dies ist hier geschehen. Für Beliehene gelten die Grundsätze der Amtshaftung nach Art. 34 Satz 1 GG i. V. m. § 839 BGB ebenso wie für das schuldhafte Handeln staatlicher Beamter in Ausübung eines öffentlichen Amtes (vgl. Ossenbühl/Cornils, Staatshaftungsrecht, 6. Auflage, S. 17). Der Kläger ist daher im Falle von Ersatzansprüchen nicht anders gestellt, als hätte anstelle der beklagten L. die staatliche Flurbereinigungsbehörde gehandelt. Seine Bedenken, die Beklagte komme als Gesellschaft mit beschränkter Haftung schnell an eine Haftungsgrenze, sind daher unbegründet.

b. Im vorliegenden Verfahren kommt es letztlich nicht auf die Frage an, ob die beklagte L. gleichwohl insoweit außerhalb ihres Zuständigkeitsbereiches gehandelt haben könnte, als mit dem Anordnungsbeschluss des Staatlichen Amtes vom 26. November 2013 ein sog. "kombiniertes Verfahren" angeordnet worden ist, mit dem neben den Zielen nach dem Landwirtschaftsanpassungsgesetz auch Ziele nach § 86 Abs. 1 FlurbG (u.a. Maßnahmen des Umweltschutzes oder der naturnahen Entwicklung von Gewässern) erreicht werden sollten (vgl. zur Praxis des kombinierten Verfahrens in den Bundesländern sowie zur Zulässigkeit des kombinierten Verfahrens grundlegend: BVerwG, Urteil vom 14. Dezember 2005 - 10 C 6/04 -, juris, Rn. 22f; <RzF - 1 - zu § 56 LwAnpG>). Die o.g. Frage könnte sich stellen, weil sich die gesetzliche Ermächtigung nach § 53 Abs. 4 LwAnpG zur Beauftragung geeigneter Stellen zur Durchführung von Verfahren nur auf solche zur Feststellung und Neuordnung der Eigentumsverhältnisse nach dem Landwirtschaftsanpassungsgesetz erstreckt, nicht aber auf solche nach dem Flurbereinigungsgesetz außerhalb des § 99 Abs. 2 FlurbG (vgl. Wingerter in Wingerter/Mayr, Flurbereinigungsgesetz, 10. Aufl., § 2 Rn. 4) und damit auch nicht auf Verfahren nach § 86 FlurbG. Sollte die beklagte L. aus diesem Grunde außerhalb ihrer Zuständigkeitsgrenzen gehandelt haben, so fehlte es aber jedenfalls an einer für den Klageerfolg erforderlichen, auf die Zuständigkeitsüberschreitung zurückzuführenden Verletzung des Klägers in eigenen Rechten (§§ 138 Abs. 1 Satz 2 FlurbG, 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO; vgl. zur Frage einer materiellen Betroffenheit durch den angefochtenen flurbereinigungsrechtlichen Verwaltungsakt: BVerwG, Urteil vom 23. Juni 1983 - 5 C 13/83 -, juris, Rn. 21; <RzF - 24 - zu § 4 FlurbG>):

Nach der Begründung des Anordnungsbeschlusses vom 26. November 2013 sollten mit dem Bodenordnungsverfahren weitere Ziele verfolgt werden, deren Regelung nur nach § 86 Abs. 1 FlurbG möglich sei. So erforderten die bestehenden Verhältnisse an den im Verfahrensgebiet befindlichen Gewässern „Biergraben" und „D. Kanal" die Durchführung bestimmter Maßnahmen zur Erreichung der Ziele nach der Wasserrahmenrichtlinie. Außerdem sollten in B. bestehende touristische Angebote gestärkt und weiterentwickelt werden. Eigentumsrechtliche Regelungen sollten helfen, den denkmalgeschützten Schlosspark zu erhalten. Hinzukämen kleinere öffentliche Maßnahmen wie der Radwegebau von B. -Höhe nach S.dorf. In der mündlichen Verhandlung ist mit den Beteiligten erörtert worden, ob sich die Regelung und Durchführung solcher Maßnahmen auf die Rechtsstellung des Klägers ausgewirkt haben könnten. Der Kläger selbst hat solche Beeinträchtigungen seiner Rechtsposition nicht vorgetragen, das beklagte Amt hat ausgeführt, es sei mit der Bereitstellung von Uferstreifen um Maßnahmen gegangen, die sich konkret auf den Kläger nicht ausgewirkt hätten. Für den Senat sind rechtliche Beeinträchtigungen des Klägers im Zusammenhang mit Maßnahmen nach § 86 FlurbG schließlich ebenfalls nicht ersichtlich. Eine Verletzung des Klägers in eigenen Rechten (§ 113Abs. 1 Satz 1 VwGO) ist daher nicht erkennbar.