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von Anonymer Benutzer

RzF - 31 - zu § 37 Abs. 1 FlurbG

Flurbereinigungsgericht Münster, Urteil vom 23.04.1980 - 9 G 37/78

Aktenzeichen 9 G 37/78 Entscheidung Urteil Datum 23.04.1980
Gericht Flurbereinigungsgericht Münster Veröffentlichungen Lieferung N/A

Leitsätze[Quelltext bearbeiten]

1. Es verstößt gegen § 37 Abs. 1 FlurbG, wenn in einem Flurbereinigungsverfahren ein Flurstück als Wirtschaftsweg ausgewiesen, aber gleichzeitig im Eigentum des bisherigen Teilnehmers belassen wird.
2. Der Schutzzweck des § 45 Nr. 10 FlurbG erstreckt sich nur auf den unmittelbaren Quellbereich.
3. Die Änderungsbefugnis der oberen Flurbereinigungsbehörde ist im Gegensatz zu der der Flurbereinigungsbehörde nicht unbeschränkt. Sie darf in die Abfindung anderer Teilnehmer nur eingreifen, soweit dies zur Abhilfe begründeter Widersprüche erforderlich ist.

Aus den Gründen

Im textlichen Teil des Flurbereinigungsplanes (Teil III, 4), der die Festsetzungen hinsichtlich der Wirtschaftswege enthält, ist in Teil III, Nummer 4.01 ausdrücklich geregelt, daß die im Abfindungsnachweis unter der Ordnungsnummer 3.11 nachgewiesenen Wege im Einverständnis mit dem Vorstand der Teilnehmergemeinschaft der Gemeinde L. als Wirtschaftswege zugeteilt werden und von dieser auch zu unterhalten sind (III 4.10). Das ist hinsichtlich der Badeallee Flur 4 Nummer 88 geschehen. Wenn durch den von der Beklagten aufgestellten Nachtrag 2 zum Flurbereinigungsplan dieser Weg im Abfindungsnachweis der Klägerin - Ordnungsnummer 3.11- gestrichen und dem Beigeladenen B. zugeteilt worden ist, dann wäre damit der Weg nicht mehr Wirtschaftsweg, sondern hätte wieder seinen früheren Status als Privatweg des Beigeladenen B. zurückerhalten.

Die Auffassung der Beklagten ist um so unverständlicher, als sie in ihrem Widerspruchsbescheid vom 6. März 1978 ausdrücklich ausgeführt hat, daß die durch den Nachtrag 2 vorgenommene Änderung des Wege- und Gewässerplanes notwendig und gerechtfertigt war, und daß die Bestandskraft des Wege- und Gewässerplanes dieser Änderung nicht entgegensteht, da auch nach Eintritt der Bestandskraft des Wege- und Gewässerplanes mit dem Flurbereinigungsgesetz nicht in Einklang stehende Festsetzungen einer Änderung zugänglich sind.

Schließlich wäre auch eine Regelung, wie sie offenbar der Beklagten jetzt vorschwebt, nämlich die Badeallee im Eigentum des Beigeladenen zu 1. zu belassen und den früheren Privatweg als Wirtschaftsweg auszuweisen, mit dem Flurbereinigungsgesetz nicht in Einklang zu bringen, denn eine solche Regelung würde den § 1, § 37, § 39 und § 44 FlurbG zuwiderlaufen. Zwar können Eigentum eines Weges und Wegebaulast auseinanderfallen; es würde aber einen Verstoß gegen § 37 Absatz 1 letzter Satz FlurbG darstellen, wonach die rechtlichen Verhältnisse in einem Flurbereinigungsverfahren zu ordnen sind, wenn in einem Flurbereinigungsverfahren ein Flurstück als Wirtschaftsweg ausgewiesen, aber gleichzeitig im Eigentum des bisherigen Teilnehmers belassen würde. Darüber hinaus wäre auch eine wertgleiche Abfindung des Beigeladenen B. nicht gegeben, wenn der frühere Privatweg ohne Wertausgleich Wirtschaftsweg geworden wäre.

Zu dieser Planänderung - nämlich Zuteilung der Badeallee als Privatweg an den Beigeladenen B. - war die Beklagte nicht befugt. Denn wie sich aus § 141 Absatz 1 letzter Satz FlurbG ergibt, ist die Änderungsbefugnis der oberen Flurbereinigungsbehörde im Gegensatz zu der der Flurbereinigungsbehörde nicht unbeschränkt. Sie darf vielmehr in die Abfindung anderer Teilnehmer nur dann eingreifen, soweit dies zur Abhilfe begründeter Widersprüche erforderlich ist. Das folgt daraus, daß nach der letztgenannten Vorschrift nur die Sätze 3 und 4 des § 60 Absatz 1 FlurbG entsprechend anwendbar sind, nicht jedoch auch der Satz 2.

Da die Abfindung des Beigeladenen B. durch den Flurbereinigungsplan - abgesehen von der Absicherung der Mineralwasserleitung - wertgleich war, war die Aufhebung der Zuteilung des Flurstücks Flur 4 Nummer 88 als Wirtschaftsweg an die Klägerin und die Zuteilung dieser Fläche an den Teilnehmer B. rechtswidrig.

Insbesondere war die Wiederzuteilung der Badeallee nicht gemäß § 45 Absatz 1 Nummer 10 FlurbG geboten, wie die Beklagte meint. § 45 FlurbG geht davon aus, daß die einer besonderen Zweckbestimmung gewidmeten Anlagen nicht verlegt werden können bzw. sollen, sei es aus Kostengründen, aus Gründen des öffentlichen Wohls, aus Pietätsgründen usw.. Zu diesen Anlagen gehören nach Nummer 10 der eben genannten Bestimmung auch Sol- und Mineralquellen mit den dazugehörigen Grundstücken, die auch dann, wenn der Zweck der Flurbereinigung es erfordern sollte, ohne Zustimmung des Eigentümers nicht veränderungsfähig (§ 45 Absatz 1 letzter Satz) und, auch wenn der Zweck der Flurbereinigung in anderer Weise nicht erreicht werden kann, nicht verlegungsfähig sind (Absatz 2). Daß das Flurstück Flur 4 Nummer 93 (0,0033 ha) unter diesem Schutz des § 45 FlurbG steht, bedarf keiner Erörterung, da es sich insoweit um eine Mineralquelle handelt. Es besteht jedoch keine Veranlassung, die Badeallee Flur 4 Nummer 88 (0,7150 ha) in diesen Schutz des § 45 FlurbG einzubeziehen, auch nicht mit der Begründung, daß die Rohrleitung mittels der das Mineralwasser von der Quelle zum Flurstück Nummer 80 befördert wird, am Rande dieser Badeallee verläuft. Wenn Nummer 10 der genannten Vorschrift von Sol- und Mineralquellen mit den dazugehörigen Grundstücken spricht, kann sich der Schutz des § 45 FlurbG nur unmittelbar auf die einer besonderen Zweckbestimmung gewidmeten Anlage beziehen, also im vorliegenden Falle nur auf den unmittelbaren Quellbereich, das Quellgrundstück, hier also das Flurstück Flur 4 Nummer 93. Die Badeallee wegen der darin befindlichen Rohrleitung in den Schutz dieser Vorschrift einzubeziehen, besteht keinerlei Veranlassung. Sinn der Vorschrift ist es, den Zweck, dem die Anlage gewidmet ist, nicht zu beeinträchtigen, also die Mineralquelle mit dem dazugehörigen Quellgrundstück als Vermögenswert der Verfügungsgewalt des Eigentümers zu erhalten. Dieser Schutz des Gesetzes kann sich aber nicht auch auf die Rohrleitungen erstrecken, die gegebenenfalls von einer Mineralquelle zu einem Badehaus verlaufen. Denn solche Rohrleitungen können örtlich anders geführt beziehungsweise abgesichert werden, ohne daß an der Zweckbestimmung der Mineralquelle als solcher etwas geändert wird.

Anmerkung

Vergleiche Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteil vom 8. November 1973 - V C 17.72 - in: Rechtsprechung zur Flurbereinigung (RzF - 1 - zu § 60 Abs. 2 FlurbG).