Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 06.02.1958 - I B 74.57 = Buchholz BVerwG 424.01 § 36 FlurbG Nr. 1

Aktenzeichen I B 74.57 Entscheidung Beschluss Datum 06.02.1958
Gericht Bundesverwaltungsgericht Veröffentlichungen Buchholz BVerwG 424.01 § 36 FlurbG Nr. 1  Lieferung N/A

Leitsätze[Quelltext bearbeiten]

1. Zu den Voraussetzungen einer vorläufigen Anordnung nach § 36 Abs. 1 FlurbG.
2. § 42 Abs. 1 Satz 2 FlurbG legt lediglich fest, wann - abweichend von der grundsätzlichen Regelung des Flurbereinigungsgesetzes - der Ausbau gemeinschaftlicher Anlagen vorweg zulässig ist; § 36 Abs. 1 FlurbG bestimmt dagegen, unter welchen Voraussetzungen der Besitz oder die Nutzung von Grundstücken oder die Ausübung anderer Rechte zeitweilig durch eine vorläufige Anordnung geregelt werden kann.

Aus den Gründen

Nach § 42 Abs. 1 S. 2 FlurbG können gemeinschaftliche Anlagen schon vor der Ausführung des Flurbereinigungsplanes (vgl. § 62 ff. FlurbG) gebaut werden, soweit der Wege- und Gewässerplan vorläufig festgestellt ist. Eine solche Maßnahme macht regelmäßig einen Eingriff in die bestehenden Besitz- und Nutzungsverhältnisse erforderlich. In einem Flurbereinigungsverfahren kann jedoch eine Änderung der Besitz- und Nutzungsverhältnisse grundsätzlich - von § 65 ff. FlurbG abgesehen - nur auf der Grundlage des ausgearbeiteten Flurbereinigungsplanes erfolgen. Soweit die Beteiligten ihre Zustimmung zu einer vorzeitigen und einstweiligen Änderung der Besitz- oder Nutzungsverhältnisse nicht erteilen, bietet § 36 Abs. 1 FlurbG die rechtliche Handhabe zur zwangsweisen Durchsetzung solcher Eingriffe. Die Flurbereinigungsbehörde kann, wenn es aus dringenden Gründen erforderlich wird, durch eine vorläufige Anordnung den Besitz oder die Nutzung von Grundstücken oder die Ausübung anderer Rechte vor der Ausführung des Flurbereinigungsplanes regeln. Dabei bleibt zu beachten, daß § 42 Abs. 1 S. 2 FlurbG lediglich festlegt, wann - abweichend von der grundsätzlichen Regelung des Flurbereinigungsgesetzes - der Ausbau gemeinschaftlicher Anlagen vorweg zulässig ist; § 36 Abs. 1 FlurbG bestimmt dagegen, unter welchen Voraussetzungen der Besitz oder die Nutzung von Grundstücken oder die Ausübung anderer Rechte zeitweilig durch eine vorläufige Anordnung geregelt werden kann. Eine vorläufige Anordnung darf somit im Zusammenhang mit dem Vorausbau eines Weges nur dann erlassen werden, wenn die rechtlichen Voraussetzungen für den Vorausbau gegeben sind und den Erfordernissen des § 36 FlurbG entsprochen ist. Daraus folgt, daß die allgemeinen Erwägungen, die den Gesetzgeber veranlaßt haben, den Vorausbau gemeinschaftlicher Anlagen zuzulassen, für sich allein noch nicht den Erlaß einer vorläufigen Anordnung nach § 36 FlurbG rechtfertigen können. Es müssen vielmehr weitere - und zwar dringende - Gründe hinzutreten, die eine vorläufige Regelung der Besitz-, Nutzungs- oder sonstigen Rechtsverhältnisse erforderlich machen. Ob der beabsichtigte Vorausbau eines Weges den Erlaß einer vorläufigen Anordnung rechtfertigt, hängt somit von den Umständen des einzelnen Falles ab. Die Auffassung des Beklagten, der Vorausbau einer Folgeeinrichtung berechtige die Flurbereinigungsbehörde in jedem Fall zum Erlaß einer Anordnung nach § 36 FlurbG, findet im Gesetz keine Stütze.