Zuletzt bearbeitet vor 3 Jahren
von Anonymer Benutzer

RzF - 4 - zu § 141 Abs. 1 FlurbG

Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 13.06.1960 - I C 172.59 = BayVBl. 1961 S. 21= RdL 1960 S. 274

Aktenzeichen I C 172.59 Entscheidung Urteil Datum 13.06.1960
Gericht Bundesverwaltungsgericht Veröffentlichungen BayVBl. 1961 S. 21 = RdL 1960 S. 274  Lieferung N/A

Leitsätze[Quelltext bearbeiten]

1. Erläßt die Teilnehmergemeinschaft einen Verwaltungsakt und enthält der Beschwerdebescheid keine zusätzliche selbständige Beschwer, so richtet sich die Klage grundsätzlich nur gegen die Teilnehmergemeinschaft.

Aus den Gründen

Nach § 140 Abs. 1 FlurbG entscheidet das Flurbereinigungsgericht über die Anfechtung von Verwaltungsakten, die im Vollzug des Flurbereinigungsgesetzes ergehen. Voraussetzung für die Klage ist die Erhebung der Beschwerde bei der oberen Flurbereinigungsbehörde oder, wenn eine Entscheidung der Teilnehmergemeinschaft angefochten wird, der Beschwerde bei der Flurbereinigungsbehörde. Gegenstand der Klage sind der beschwerende Verwaltungsakt und der Beschwerdebescheid (§ 138 Abs. 1 Satz 2 FlurbG in Verbindung mit § 45 VGG, § 141 Abs. 1 Satz 1 zweiter Halbsatz, § 59 Abs. 2, § 18 Abs. 3 FlurbG). Gegen wen die Klage zu richten ist, bestimmt sich gem. § 138 Abs. 1 Satz 2 FlurbG nach den Vorschriften über die Verwaltungsgerichtsbarkeit, hier nach § 46 VGG. Die Klage ist somit gegen die Körperschaft zu richten, deren Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat. Das ist die Teilnehmergemeinschaft, die nach § 16 FlurbG eine Körperschaft des öffentlichen Rechts ist. Der Auffassung des Flurbereinigungsgerichts, daß sie gleichzeitig gegen den Freistaat Bayern zu richten sei, vermag der Senat nicht zu folgen.

Zu Unrecht beruft sich das Flurbereinigungsgericht auf den Beschluß des erkennenden Senats vom 21. April 1958 - BVerwG I C 15.58. In diesem Verfahren ist das grundsätzliche Urteil des Flurbereinigungsgerichts vom 8.11.1957 (Bayer. Verwaltungsblätter 1958 S. 122) zwar bestätigt worden, eine sachlich-rechtliche Entscheidung konnte der Senat damals aber nicht treffen, weil die Revision als unzulässig verworfen werden mußte.

Das Flurbereinigungsgericht leitet die Passivlegitimation des Freistaates Bayern aus der Tatsache her, daß dessen Behörden den Flurbereinigungsplan nach § 58 Abs. 3 FlurbG zu genehmigen hätten. Wie der Senat in seinem Beschluß vom 18.12.1959 - BVerwG I CB 46.59 - zu der entsprechenden Bestimmung des § 61 Abs. 3 der Reichsumlegungsordnung vom 16. Juni 1937 (RGBl. I S. 629) ausgeführt hat, dient die Genehmigung der Feststellung, daß der Flurbereinigungsplan mit den staatswirtschaftlichen Zielen in Einklang steht. Sie berührt dagegen nicht die im Flurbereinigungsplan enthaltene Entscheidung gegenüber dem einzelnen Beteiligten. Hierüber hat die Flurbereinigungsbehörde im Rahmen der gegen den Flurbereinigungsplan gegebenen Rechtsbehelfe zu entscheiden. Die Behörde kann und darf ihre im Rechtsmittelverfahren zu treffende Entscheidung nicht mit der Genehmigung des Planes vorwegnehmen. Die Genehmigung des Flurbereinigungsplanes durch die Flurbereinigungsbehörde ist auch nicht Voraussetzung für die Wirksamkeit der Planabfindung des einzelnen Beteiligten. Sie wird nicht dem einzelnen Teilnehmer, sondern der Flurbereinigungsbehörde bzw. der Teilnehmergemeinschaft gegenüber erteilt. Eine Bekanntmachung an die Teilnehmer ist im Gesetz nicht vorgeschrieben. Im Verhältnis zu den Teilnehmern ist die Genehmigung daher kein Verwaltungsakt. Schon aus diesem Grunde kann die Genehmigung von einem Beteiligten nicht vor dem Flurbereinigungsgericht angefochten werden. Damit entfällt aber die Voraussetzung für eine Klage gegen den Staat.

Die Passivlegitimation des Freistaates Bayern kann auch nicht damit begründet werden, daß seine Behörde den Beschwerdebescheid erlassen hat. Im vorliegenden Verfahren hat das Flurbereinigungsamt durch Abweisung der Beschwerde den Verwaltungsakt der Teilnehmergemeinschaft nur bestätigt, ohne selbst das Streitverhältnis zuungunsten des Klägers irgendwie abweichend von dem Verwaltungsakt der Teilnehmergemeinschaft zu regeln. Seine Entscheidung hat somit keine zusätzliche Beschwer für den Kläger gesetzt, die über diejenige hinausginge, die der Verwaltungsakt der Teilnehmergemeinschaft schon enthält. Es liegt daher kein neuer, selbständiger, beschwerender Verwaltungsakt im Sinne des § 35 VGG vor. Einen Widerspruch zum Grundsatz der Rechtsstaatlichkeit vermag der Senat entgegen der Auffassung des Flurbereinigungsgerichts nicht darin zu sehen, daß die Teilnehmergemeinschaft damit allein das Prozeßrisiko tragen muß und daß in dem Verfahren auch über die Rechtmäßigkeit des von der staatlichen Behörde ergangenen Beschwerdebescheides entschieden wird. Die Auferlegung des Prozeß- und des Kostenrisikos rechtfertigt sich aus der Überlegung, daß die Teilnehmergemeinschaft den Verwaltungsakt eigenverantwortlich erlassen hat. Durch die Nichtbeteiligung der Beschwerdebehörde erwachsen dieser keine schwerwiegenden Nachteile. Sie hat die Möglichkeit, durch die Staatsanwaltschaft beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof als Vertreterin des öffentlichen Interesses ihre Bedenken vorzutragen oder durch sie gegebenenfalls Rechtsmittel einlegen zu lassen. Der Senat vermag daher kein schutzwürdiges Interesse für ihre Beiziehung im Verwaltungsstreitverfahren anzuerkennen, wenn sie die Beschwerden lediglich zurückgewiesen hat. Ob etwas anderes gilt, wenn der Beschwerdebescheid den Verwaltungsakt ändert oder aufhebt, kann dahinstehen, weil ein solcher Fall nicht vorliegt. Die hier vertretene Auffassung wird durch die Bestimmungen der Verwaltungsgerichtsordnung vom 21. Januar 1960 (BGBl. I S. 17) - VwGO - bestätigt (vgl. §§ 78 Abs. 1 Nr. 1, 79 Abs. 1 Nr. 1).