Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 13.09.1977 - BVerwG V CB 68.74

Aktenzeichen BVerwG V CB 68.74 Entscheidung Beschluss Datum 13.09.1977
Gericht Bundesverwaltungsgericht Veröffentlichungen Lieferung N/A

Leitsätze[Quelltext bearbeiten]

1. Bei der Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte nach § 88 Nr. 7 FlurbG macht es keinen Unterschied, ob allein wegen der Entschädigungshöhe gestritten oder ob überhaupt eine Entschädigung verweigert wird.
2. Zur Rüge der Verletzung des § 86 Abs. 2 VwGO gehört die Darlegung, wie sich der Antragsteller auf die ihm (erst) durch das Urteil bekanntgewordenen Ablehnungsgründe erklärt hätte, insbesondere welche anderen Tatsachen und Beweismittel er vorgetragen hätte, wenn sein in der mündlichen Verhandlung gestellter Beweisantrag vorab durch Beschluß abgelehnt worden wäre.

Aus den Gründen

Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision muß ohne Erfolg bleiben.

Gründe der in § 132 Abs. 2 VwGO angeführten Art für die Zulassung der Revision sind nicht gegeben. Weder kommt der Rechtssache die ihr von den Klägern beigemessene grundsätzliche Bedeutung zu noch haben die Kläger dargetan, daß das angefochtene Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht. Mit ihrer Behauptung, ihre Schätzbeschwerde gegen die im Liegenschaftskataster als Anliegerwege mit eigener Flurstücksnummer ausgewiesenen Flächen sei zu Unrecht als verspätet behandelt worden, haben die Kläger eine grundsätzliche Bedeutung der Sache nicht dargetan. Dies setzt voraus, daß der Rechtsstreit bisher höchstrichterlich noch nicht geklärte Rechtsfragen aufwirft, deren im künftigen Revisionsverfahren zu erwartende Entscheidung der Einheit der Rechtsprechung oder einer bedeutsamen Weiterentwicklung des Rechts zu dienen geeignet ist. Für das Vorliegen dieser Voraussetzungen haben die Kläger nichts vorgetragen. Ob die Annahme des Flurbereinigungsgerichts zutrifft, die Einwendungen der Kläger gegen die festgestellten Schätzwerte hätten sich nur auf ihre Einlageflurstücke und nicht auf die Bewertung der Anliegerwegeflächen bezogen, ist allein eine Frage des Einzelfalles, die keine darüber hinausgehende Bedeutung erkennen läßt. Das gleiche gilt für die Behauptung der Kläger, in diesem Zusammenhang sei § 134 Abs. 2 FlurbG unrichtig angewandt worden. Die Kläger greifen damit allein die einzelfallbezogene Wertung des Flurbereinigungsgerichts an, ohne darzulegen, welche Rechtsfrage einer grundsätzlichen Klärung zugeführt werden soll.

Unbegründet sind auch die Angriffe der Kläger gegen die Auffassung des Flurbereinigungsgerichts, für eine Geldentschädigung der durch den Autobahnneubau entstandenen Nachteile nach § 88 Nr. 5 FlurbG wie "Durchschneidungsschäden", "Immissionen von überörtlichen Straßen", sei nicht im flurbereinigungsgerichtlichen Verfahren, sondern nur durch eine Klage vor den ordentlichen Gerichten zu befinden. Es ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt und ergibt sich im übrigen unmittelbar aus dem Wortlaut des § 88 Nr. 7 FlurbG, daß über die Höhe der in § 88 Nr. 4 bis 6 FlurbG vorgesehenen Geldentschädigungen die ordentlichen Gerichte zu entscheiden haben (Urteil vom 25.1.1973 - BVerwG V C 14.72 - (Buchholz 424.01 § 88 FlurbG Nr. 2); Beschluß vom 18.1.1974 - BVerwG V CB 20.72 -). Dabei macht es keinen Unterschied, ob allein wegen der Höhe der Entschädigung gestritten oder ob überhaupt eine Entschädigung verweigert wird (Urteil vom 24.4.1970 - BVerwG IV C 47.66 - (RdL 1970, 211); BVerwGE 41, 170 (174)). Für eine Regelung dieser Entschädigung im Rahmen des Flurbereinigungsplans durch Zuerkennung eines Ausgleichs nach § 44 Abs. 3 Satz 2 FlurbG ist entgegen der Meinung der Kläger kein Raum.

Mit ihrer Rüge, das Flurbereinigungsgericht habe nicht geprüft, ob eine Verletzung der Vorschriften und Anweisungen für die Flurbereinigung in Bayern - VAF VII - gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung verstoße, haben die Kläger ebenfalls keine grundsätzliche Bedeutung der Sache dargelegt. Dabei kann offenbleiben, ob diesen Vorschriften überhaupt Normcharakter zukommt, oder ob es sich hierbei lediglich um Verwaltungsvorschriften handelt. Eine Zulassung der Revision kommt jedenfalls deshalb nicht in Betracht, weil es hier um die Anwendung bayerischen Landesrechts geht, das nicht der Überprüfung durch das Revisionsgericht unterliegt (§ 137 Abs. 1 VwGO).

Die geltend gemachten Verfahrensmängel können gleichfalls nicht zur Zulassung der Revision führen.

Es erscheint bereits fraglich, ob das Flurbereinigungsgericht, wie die Kläger meinen, gegen § 86 Abs. 2 VwGO verstoßen hat, wenn es über die in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisanträge nicht durch Beschluß vorab entschieden, sondern erst in dem angefochtenen Urteil hierüber befunden hat. Ausweislich der Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 22.11.1973 haben sich die Beteiligten nach Stellung der Beweisanträge und Abschluß eines Teilvergleichs mit einer Entscheidung ohne weitere mündliche Verhandlung einverstanden erklärt. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kommt es bei der Beurteilung eines Beweisantrags am Maßstab des § 86 Abs. 2 VwGO darauf an, ob der Antragsteller damit alsbald die Meinung des Gerichts über die Erheblichkeit der von ihm angebotenen Beweise erfahren will (BVerwGE 30, 57; Urteil vom 13.1.1971 - BVerwG V C 93.70 - (Buchholz 310 § 86 Abs. 2 VwGO Nr. 13)). Möglicherweise ist das von den Klägern am Ende der mündlichen Verhandlung erklärte Einverständnis mit einer Entscheidung ohne weitere mündliche Verhandlung dahin zu verstehen, daß es ihnen auf eine Vorabentscheidung über ihre zuvor gestellten Beweisanträge nicht mehr ankam; doch kann das hier offenbleiben. Die Kläger haben jedenfalls entgegen der ihnen nach § 132 Abs. 3 Satz 3 VwGO obliegenden Darlegungspflicht nichts dafür vorgetragen, inwiefern die angefochtene Entscheidung auf der Nichtbescheidung ihrer Beweisanträge beruhen kann. Bei der Rüge der Verletzung des § 86 Abs. 2 VwGO handelt es sich nicht um einen absoluten Revisionsgrund. Besteht der Zweck des in § 86 Abs. 2 VwGO geregelten Verfahrens darin, der Partei schon vor Erlaß des Urteils die Auffassung des Gerichts über die Erheblichkeit eines Beweisthemas zur Kenntnis zu geben, um sich darauf einstellen zu können, so gehört zur Rüge eines dahin gehenden Verfahrensmangels die Darlegung, wie sich die Partei auf die ihr (erst) durch das Urteil bekanntgewordenen Ablehnungsgründe erklärt hätte, insbesondere welche anderen Tatsachen und Beweismittel sie vorgetragen hätte, wenn ihre in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisanträge vorab abgelehnt worden wären. Hierzu haben die Kläger indessen nichts vorgetragen. Sie haben vielmehr ihre Rüge damit begründet, bei Erhebung der angebotenen Beweise hätte das Gericht zu der Überzeugung gelangen müssen, daß die ihnen ausgewiesene Abfindung nicht wertgleich sei. Auf die Erheblichkeit der unterlassenen Beweisaufnahme hinsichtlich der in der mündlichen Verhandlung gestellten Anträge kommt es aber im Rahmen einer Rüge der Verletzung des § 86 Abs. 2 VwGO für die getroffene Entscheidung nicht an. Dieses Vorbringen könnte deshalb allenfalls unter dem Gesichtspunkt unzureichender Sachaufklärung bedeutsam werden.

Aber auch unter dem Gesichtspunkt der Rüge mangelnder Sachaufklärung (§ 86 Abs. 1 VwGO) können die Kläger keine Zulassung der Revision erreichen. Das Flurbereinigungsgericht ist auf alle von den Klägern unter Beweis gestellten Behauptungen eingegangen und hat im einzelnen dargelegt, warum es nach seiner Rechtsauffassung auf die von den Klägern behaupteten Tatsachen nicht ankomme. Ein Verstoß gegen die Aufklärungspflicht liegt aber dann nicht vor, wenn es nach der in diesem Zusammenhang maßgebenden sachlich-rechtlichen Auffassung des Tatsachengerichts einer weiteren Sachaufklärung und damit der beantragten Beweisaufnahme nicht bedarf.