RzF - 23 - zu § 88 Nr. 5 FlurbG

Landgericht Meiningen, Urteil vom 19.01.2005 - BLK O 5/03 (Lieferung 2006)

Aktenzeichen BLK O 5/03 Entscheidung Urteil Datum 19.01.2005
Gericht Landgericht Meiningen Veröffentlichungen Lieferung 2006

Leitsätze[Quelltext bearbeiten]

1. Die Wahl der Methode zur Ermittlung der enteignungsrechtlich relevanten Minderung des Jagdausübungsrechts steht grundsätzlich im pflichtgemäßen Ermessen des Gutachters sowie des Gerichts. Eine Verpflichtung, bei der Berechnung ausschließlich die vom Bundesministerium der Finanzen bekanntgemachten Hinweise zur Ermittlung von Entschädigungen für die Beeinträchtigungen von gemeinschaftlichen Jagdbezirken zugrunde zu legen, besteht nicht.
2. Eine dauerhafte Beeinträchtigung von Wild und Jagd ("Ewigkeitsschaden") ist möglich, bedarf aber einer konkret auf den Einzelfall bezogenen Begründung.

Aus den Gründen

Welche Methode zur Ermittlung der enteignungsrechtlich relevanten Minderung des Jagdausübungsrechts ausgewählt wird, steht grundsätzlich im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts (vgl. BGH NJW 2000, S. 3638 ff.). Dass das Gutachten sich weitgehend an der "Methode Dr. Bewer" orientiert, ist nicht zu beanstanden.

(Objektivierung der Jagdpacht)
Insbesondere ist die Methode zur sog. Objektivierung der Jagdpacht, so wie sie hier angewendet wurde, nicht zu beanstanden. Hierbei werden die tatsächlich in einer Reihe von Jagdpachtbezirken gezahlten Jagdpachtzinsen nach Maßgabe der jeweiligen Waldanteile der einzelnen Reviere geordnet und unter Verwendung einer hieraus ermittelten mathematischen Funktion (y (Jagdpachtzins) = x (Waldanteil) - 1,4 ./. 2 ./. 1,95583 (Euroumrechnungsfaktor) Revieren mit einem extrem niedrigen Pachtzins einen zu den anderen passenden Preis zugewiesen.
Diese Methode ist auch insoweit vom BGH nicht beanstandet worden. Die Kritik des BGH bezieht sich lediglich darauf, dass im dort zu entscheidenden Fall der nach der oben dargestellten Berechnung ermittelte Pachtzins durch einen Aufschlag von 3,70 DM/ha "korrigiert" wird.
Der BGH führt in dem bereits genannten Urteil (BGH NJW 2000, S. 3638 ff.) aus:
"Zwar mag der erste Schritt - das Ordnen der tatsächlich gezahlten Pachtzinsen nach Maßgabe des Waldanteils und die Einpassung einzelner Ausreißer in diese Ordnung (also die Methode, so wie sie im vorliegenden Fall vorgenommen wurde, Anm. d. Verf.) unbeschadet der Angriffe der Revision (…) als solcher nicht zu beanstanden sein. Die anschließende Korrektur (die hier gerade nicht vorgenommen wurde, Anm. d. Verf.) (…) hat jedoch keine Grundlage im konkreten Marktgeschehen."
Im vorliegenden Fall ist der ermittelte objektive Pachtzins von 7,38 €/ha auch in bemerkenswerter Weise mit dem tatsächlichen Marktgeschehen bzw. anderen Ermittlungen in Übereinstimmung zu bringen:
Nach dem Vortrag der Beteiligten zu 2. hat sie ursprünglich einen Pachtzins von 15,- DM/ha, d.h. 7,67 €/ha, verlangt, der nur wegen des bevorstehenden Autobahnbaus geringer ausfiel. Darüber hinaus erscheint auch nach der von der Beteiligten zu 1. vorgelegten gutachterlichen Stellungnahme der Oberfinanzdirektion Erfurt vom 28.11.2003 aufgrund einer vorgenommenen Marktanalyse ein Pachtzins von 7,50 €/ha realistisch.

...

(Dauerhafter Schaden)
Auch die Ermittlung der Entschädigung für die Beeinträchtigung des Jagdausübungsrechtes auf den verbleibenden Flächen erfolgte fehlerfrei.
Dass unbeschadet einer gewissen Eingewöhnung des Wildes an die durch die neue Autobahn und deren Betrieb entstandene Situation eine dauerhafte Beeinträchtigung vorliegt ("Ewigkeitsschaden"), entspricht den Feststellungen auch in anderen vergleichbaren Fällen (vgl. hierzu ausführlich BGH NJW 2000, S. 3638 ff.).
Im übrigen hat der Gutachter die Gewöhnung des Wildes an die Autobahn in nicht unbeträchtlichem Ausmaß berücksichtigt. Er ermittelt unter dem Punkt 6.2. zunächst gesondert die Beeinträchtigung während der Bauzeit und einer dreijährigen Anpassungszeit, innerhalb derer sich das Wild an die Autobahn gewöhnt. Danach erst ermittelt er unter Punkt 6.3 die Entschädigung für den Dauerschaden nach dieser Anpassungszeit, so dass die Gewöhnung zwangsläufig berücksichtigt ist. Er geht hierbei davon aus, dass Verkehrstrassen auf Dauer 200 m weit auf Wild und Jagd wirken. Die Beeinträchtigung auf diesem Streifen ermittelt er dann in einem differenzierten Punkteverfahren (vgl. Tabelle S. 15 des Gutachtens), das sachgerechte Kriterien einstellt, so dass das Gutachten auch insoweit überzeugt.

Anmerkung

Siehe Bundesministerium der Finanzen, Hinweise zur Ermittlung von Entschädigungen für die Beeinträchtigungen von gemeinschaftlichen Jagdbezirken (JagdH 01) vom 7. Juni 2001 (Bundesanzeiger Nr. 146 vom 8. August 2001, S. 4 bis 7)