Landgericht Freiburg, Urteil vom 21.05.1976 - 1 O 117/75

Aktenzeichen 1 O 117/75 Entscheidung Urteil Datum 21.05.1976
Gericht Landgericht Freiburg Veröffentlichungen Lieferung N/A

Leitsätze[Quelltext bearbeiten]

1. Klagegegner einer Leistungsklage nach § 88 Nr. 7 FlurbG ist bei dem Bau einer Bundesautobahn in Baden-Württemberg die Bundesrepublik Deutschland als Enteignungsbegünstigte (§ 88 Nr. 4 Satz 5 FlurbG a. F., § 88 Nr. 6 FlurbG n. F.) in Verbindung mit § 19 Abs. 5 FStrG, § 42 Abs. 6 und 7 StrG Bd.- Württ. und § 94 Abs. 2 Satz 1 BBauG.
2. Zur Bemessung einer Geldentschädigung nach § 88 Nr. 4 Satz 4 FlurbG.
3. Es ist nicht zu beanstanden, zur Stichtagsbemessung der Grundstücksqualität bereits der Bekanntgabe des Flurbereinigungsbeschlusses enteignungsgleiche Vorwirkung beizulegen, und zwar hinsichtlich der gesamten eingebrachten Fläche. Enteignungsgleiche Vorwirkung tritt jedenfalls mit der vorläufigen Einweisung des Unternehmensträgers in den Besitz ein.
4. Die Höhe der Geldentschädigung bestimmt sich in quantitativer Hinsicht nach dem Zeitpunkt der Rechtswirkungen der (vorzeitigen) Ausführungsanordnung.
5. Zur Entschädigung eines Pächters, dessen Betriebsfläche sich wegen einer Flächenaufbringung durch den Verpächter nach § 88 Nr. 4 FlurbG verringert.

Aus den Gründen

Die Klagen - sowohl jene des Erstklägers und der Zweitklägerin, als auch jene des Drittklägers - sind nicht begründet.

1. Ausgangspunkt aller rechtlichen Überlegungen ist die Bestimmung des § 88 Nr. 4 Satz 5 des FlurbG vom 14.07.1953 (BGBl I S. 591). Er bestimmt, daß sich die Höhe der Geldentschädigung und die sonstigen Entschädigungsansprüche der Teilnehmer am Verfahren nach dem für das Unternehmen geltenden Gesetz richten. Das ist hier das Bundesfernstraßengesetz vom 06.08.1953 (BGBl. I S. 903), jetzt geltend in der Fassung der Bekanntmachung vom 06.08.1961 (BGBl. I S. 1041). Dessen § 19 Abs. 5 verweist auf "die für die öffentlichen Straßen geltenden Enteignungsgesetze der Länder", das ist hier das Straßengesetz für Baden-Württemberg vom 20.03.1964 (Gesetzblatt S. 127). Nach dessen § 42 Abs. 6 und 7 sind die Bestimmungen der §§ 93 und 95 bis 99 das Bundesbaugesetz vom 23.06.1960 (BGBl. I S. 341) entsprechend anzuwenden.

2. Auf Grund dieser Bestimmungen hat das Landesamt die Entschädigung festgesetzt. Gegen die Bemessung der Entschädigung kann nach § 88 des FlurbG die Klage vor dem ordentlichen Gericht geführt werden. Die Klage ist gegen denjenigen zu richten, der entschädigungspflichtig ist. Entschädigungspflichtig ist nach § 94 Abs. 2 Satz 1 des Bundesbaugesetzes derjenige, der durch die Enteignung begünstigt wird, das ist hier die Bundesrepublik Deutschland. Folglich ist sie zu verklagen (vgl. hierzu auch Steuer - FlurbG 2. Aufl., Anm. 7 zu § 88 "die Klage ist als Leistungsklage unmittelbar gegen den Träger des Unternehmens zu richten").

Die Beklagte hat dieser Auffassung mit dem Hinweis widersprochen, die Rechtslage sei derjenigen im Planfeststellungsverfahren vergleichbar. Nach §§ 18 ff. des Fernstraßengesetzes sei im Planfeststellungsverfahren die verwaltungsgerichtliche Klage gegen eine Entscheidung, welche Einwendungen des durch den Planfeststellungsbeschluß Betroffenen zurückweisen, gegen die Körperschaft zu richten, der die Planfeststellungsbehörde angehöre.

Die Planfeststellungsbehörde sei aber immer eine Landesbehörde. Passiv legitimiert sei im Verwaltungsrechtsstreit folglich immer das Land, nicht der Bund. Entsprechendes müsse im Flurbereinigungsverfahren gelten, und zwar auch dann, wenn - wie hier - der Unternehmensträger eine Bundesbehörde sei. Diese Auffassung mag für das verwaltungsgerichtliche Verfahren zutreffen. Sie übersieht aber doch wohl, daß hinsichtlich der zu zahlenden Entschädigung eben gerade nicht der verwaltungs-, sondern der ordentliche Rechtsweg zu beschreiten ist. Im Zivilprozeß gelten aber andere Rechtsgrundsätze. Mangels einer ausdrücklich entgegenstehenden Bestimmung ist deshalb davon auszugehen, der richtige Beklagte sei hier nicht das Land Baden-Württemberg, sondern die Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch das Autobahnamt Baden-Württemberg. Anhaltspunkte dafür, das Land stehe in Prozeßstandschaft für den Bund, fehlen hier. Daß die Entscheidung vom Ergebnis her unbefriedigt sei, wie die Beklagte vortragen ließ, ist nicht einzusehen.

3. Zu der Klage des Erstklägers und der Zweitklägerin ist folgendes zu sagen:

Die Beklagte hat den Erstkläger und die Zweitklägerin angemessen entschädigt. Auszugehen ist von § 93 Abs. 2 des Bundesbaugesetzes. Danach ist dem Betroffenen "für den durch die Enteignung eintretenden Pachtverlust" eine Entschädigung zu gewähren. Dem durch die Enteignung eintretenden Rechtsverlust steht hier der Rechtsverlust gleich, den der Erstkläger und die Zweitklägerin im Zuge des Umlegungsverfahrens erlitten haben, das sind ca. 3,1 % der eingebrachten Fläche, wobei die Abzüge für die gemeinschaftlichen Anlagen im Flurbereinigungsgebiet nicht berücksichtigt sind. Die Entschädigung bemißt sich nach dem Verkehrswert (= allgemeiner Wert) des zu enteignenden Grundstücks, § 95 Abs. 1 Bundesbaugesetz. Sie ist unter gerechter Abwägung der Interessen aller Beteiligten festzusetzen, § 96 Abs. 1 Bundesbaugesetz. Sie soll den Betroffenen in die Lage versetzen, sich ein Grundstück gleicher Qualität zu beschaffen. Bei der Bemessung der Entschädigung sind zwei Stichtage zu berücksichtigen:

Der Stichtag für die Bewertung der Grundstücksqualität und der Stichtag für die Wertfestsetzung. Das entspricht feststehender Rechtsprechung (vgl. z. B. BGH, Urteil vom 25.9.1958 = NJW 59/148; BGH, Urteil vom 29.11.1965 = NJW 66/497; BGH, Urteil vom 22.5.1967 = NJW 67/2306 und weiter Geler: Der Umfang des Entschädigungsanspruchs aus Enteignung und enteignungsgleichem Eingriff Ziff. 26). Insoweit besteht zwischen den Parteien auch kein Streit.

a) Maßgebender Zeitpunkt für die Bemessung der Grundstücksqualität ist nach dem Wortlaut des § 93 Abs. 4 des Landesbaugesetzes "Der Zeitpunkt, in dem die Enteignungsbehörde über den Antrag entscheidet", also der Zeitpunkt der Zustellung des Enteignungsbeschlusses (BGHZ 39/198 = NJW 1963/1492). Der Stichtag zur Qualitätsbemessung wird jedoch vorverlegt, wenn der Eingriff auf Grund einer vorzeitigen Besitzeinweisung dem Enteignungsbeschluß vorausgegangen ist, § 93 Abs. 4 Bundesbaugesetz. Damit bewertet sich die Qualität nach dem vorverlegten Zeitpunkt, zu dem auf Grund eines Beschlusses der Enteignungsbehörde ein Antragsteller vorzeitig in den Besitz des vom Enteignungsverfahren betroffenen Grundstücks eingewiesen wird, § 116 Abs. 1 Bundesbaugesetz und in welchem infolge dessen das Grundstück von jeder konjunkturellen Entwicklung ausgeschlossen wird (BGHZ 28/160; BGH = NJW 75, Seite 1778). Bis hierher bestehen zwischen den Parteien wohl keine Meinungsverschiedenheiten. Meinungsverschiedenheiten bestehen jedoch darüber, wann diese Vorwirkung hier eingetreten ist insbesondere darüber, ob der Bekanntgabe des Flurbereinigungsbeschlusses vom 23.3.1964 eine derartige Vorwirkung beigelegt werden kann.

Die Kläger meinen, der Flurbereinigungsbeschluß habe eine enteignungsgleiche Vorwirkung allenfalls bezüglich derjenigen Grundstücke, die im Planfestsetzungsverfahren für die künftige Autobahnstraße vorgesehen und dann auch tatsächlich benötigt worden seien, nicht jedoch für alle anderen Grundstücke. Da die Kläger nahezu kein Land eingebracht haben, welches unmittelbar in die BAB-Trasse fällt, habe der 23.3.1964 ihnen gegenüber keine Vorwirkung gezeigt. Enteignungsgleiche Wirkung sei deshalb frühestens durch die (wenn auch vorzeitige) Ausführungsanordnung eingetreten. Diese Auffassung ist zu eng. Es trifft zwar zu, daß das Bundesverwaltungsgericht in ständiger Rechtsprechung bisher die Auffassung vertreten hat, daß für die in das Flurbereinigungsverfahren eingebrachten Grundstücke die Abfindung nach dem Wert zu bemessen sei, den die Grundstücke bei Erlaß der Ausführungsanordnung (§ 62, § 63 des Flurbereinigungsgesetzes) haben (vgl. Bundesverwaltungsgericht vom 30.4.1969 (= Agrarrecht 1972 Seite 148). Es frage sich aber, ob diese Grundsätze auf das Umlegungsverfahren ohne weiteres übernommen werden können, ohne den Zweck des Umlegungsverfahrens zu gefährden. Das Umlegungsverfahren will verhindern, daß nur die unmittelbar Betroffenen die gesamte Last der Landabgabe zu tragen haben. Das Umlegungsverfahren verteilt die Last deshalb verhältnismäßig auf einen größeren Kreis von Eigentümern, die alle einen (gleichen) Prozentsatz des von ihnen eingebrachten Landes abzugeben haben. Anstatt, daß einer oder wenige Alles oder nahezu Alles abgeben, geben viele Weniges und im Verhältnis gleich ab. Die Beklagte weist zutreffend darauf hin, dieser Prozeß zerfalle rein gedenklich in zwei Phasen: die erste Phase beinhalte die Landumlegung, die so vor sich gehe, daß jeder Teilnehmer an Verfahren eine zweifache Landabfindung erhalte, nämlich einen größeren Anteil außerhalb des Trassenbereichs und einen kleineren Anteil innerhalb des Trassenbereichs. Es wird also ein Zustand geschaffen, wie er bestanden haben würde, wenn am 23.3.1964 jeder Teilnehmer, mithin auch die Kläger, mit 3,1 % ihrer Landfläche in das Trassengebiet einbezogen worden wären. Die zweite Phase ist die Enteignung dieses dem Teilnehmer (freilich nur theoretisch) innerhalb des Trassenbereiches zugeteilten Geländes. Nur auf dieses Gebiet erstreckt sich die eigentliche Enteignung. Dieses fiktiv zugeteilte und fiktiv enteignete Gelände macht wertmäßig 3,1 % des Wertes aus, den die von den Klägern eingebrachte Fläche am 23.3.1964 hatte (dieser Teil entspricht auch flächenmäßig etwa 3,1 % der eingebrachten Fläche). Da diese Zahlen bei Bekanntgabe des Flurbereinigungsbeschlusses festlagen, bestehen keine Bedenken, der Bekanntgabe des Flurbereinigungsbeschlusses eine enteignungsgleiche Wirkung, und zwar bezüglich der gesamten eingebrachten Fläche beizulegen. Die Erwägungen des Bundesverwaltungsgerichts a.a.O., wonach maßgeblicher Zeitpunkt für die Qualitätsbemessung erst der Zeitpunkt der vorläufigen Ausführungsanordnung sei, ist hier nicht uneingeschränkt anzuwenden, weil der Ausgangspunkt - wie dargelegt - hier ein anderer ist, insofern es sich um kein reines Umlegungsverfahren, sondern eben um ein zweckgebundenes, mit einem Enteignungsverfahren gekoppeltes Umlegungsverfahren handelt (vgl. dazu ausführlich Hellbing "Der Bewertungsstichtag für den Altbesitz zur Ermittlung der Abfindung im Flurbereinigungsverfahren" Agrarrecht 1972 Seite 9 ff.; Wehr "Entschädigung und gleichmäßige Abfindung im Verfahren nach § 87 des FlurbG" = Bayer. Verwaltungsblatt (BayVBl) 1973 Heft 3 Seite 62 ff.). Hellbing weist mit Recht darauf hin, daß die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts den Teilnehmern des Umlegungsverfahrens hinsichtlich des Zeitpunktes der Qualitätsbemessung besser stellt, als den Enteigneten. Er führt unter anderem aus:
"Im Enteignungsverfahren wird der Zuenteignende bereits mit der Zustellung des Enteignungsbeschlusses mit seinem der Enteignung unterliegenden Grundbesitz von jeder weiteren Teilnahme an der qualitativen Weiterentwicklung seines Grundstücks (zu Bauerwartungsland oder Bauland) ausgeschlossen; das gilt auch schon dann, wenn der bei Erlaß einer vorzeitigen Besitzeinweisung zu Gunsten des die Enteignung betreibenden Unternehmens noch formell Eigentümer seines Grundstücks geblieben ist. Er kann also keine Entschädigung für eine erst nach der Zustellung des Enteignungsbeschlusses oder nach dem Erlaß der vorzeitigen Besitzeinweisung eingetretene Qualitätsverbesserung seines Grundbesitzes mehr fordern. Wenn aber schon in einem Enteignungsverfahren, durch das dem Grundbesitzer sein Eigentum an Grund und Boden vollständig genommen wird bzw. erst genommen werden soll, der zuenteignende Grundbesitz - bereits mit der Zustellung des Enteignungsbeschlusses bzw. des Beschlusses über die vorzeitige Besitzeinweisung zu Gunsten des die Enteignung betreibenden Unternehmens - von jeder späteren qualitativen Weiterentwicklung zu Bauerwartungsland oder Bauland ausgeschlossen wird, so muß das erst recht in entsprechender Anwendung auch für die durch eine Flurbereinigung ergriffenen Grundstücke gelten, ähnlich wohl auch BGHZ 28/160, insbesondere BGH = NJW 75/1778 ff.

Für die Qualitätsbemessung ist deshalb der 23.3.1964, also der Flurb.-Beschluß maßgebend. Am 23.3.1964 waren die von den Klägern eingebrachten Grundstücke aber ausschließlich landwirtschaftlich genutzt. Änderungen in der Grundstücksqualität, die nach dem für die Qualitätsbemessung maßgebenden Stichtag, also hier nach dem 23.3.1964, eingetreten sind, haben deshalb außer Betracht zu bleiben.

Will man dem nicht folgen und der Bekanntgabe des Flurbereinigungsplans keine Vorwirkung beimessen, dann trat diese Vorwirkung aber doch wohl sicher in dem Augenblick ein, in welchem die Teilnehmer in den Besitz der neuen Grundstücke vorläufig eingewiesen wurden. Dies war der 8.10.1971. An diesem Tag waren die Grundstücke - und zwar auch diejenigen, die nicht in die Trasse fallen - aber noch kein Bauerwartungsland. Sie hatten vielmehr die gleiche Qualität, die sie am 23.3.1964 hatten. Bei der Bemessung des Wertes sind die gesamten Grundstücke deshalb als landwirtschaftlich genutzte Grundstücke zu erfassen.

b) Stichtag der Wertfestsetzung ist die vorzeitige Ausführungsanordnung. Die Entschädigung ist nach dem Preis zu bemessen, der an dem Tag, an welchem die Entschädigung festgesetzt wurde, für die zum Zeitpunkt des Eingriffs bestätigende Grundstücksqualität bezahlt wird (Geler a.a.O. RZ 52), d. h. nach dem Verkehrswert, der am 15.2.1974 für Grundstücke entsprechender Qualität bezahlt wurde. Da die Klage keinen Erfolg hatte, bleibt es bei diesem Stichtag.

c) Berechnungsmethode: Wegen der Flächen, welche den Klägern "enteignet" wurden, sind die Kläger so zu entschädigen, daß sie sich gleichwertiges Land beschaffen können. Insoweit bestehen zwischen den Parteien keine Meinungsverschiedenheiten. Meinungsverschiedenheiten bestehen jedoch hinsichtlich der Berechnungsmethode nach der dieser Wert zu berechnen ist.

Das Landesamt ist in der im Tatbestand dargelegten Weise verfahren. Die Kläger meinen, diese Methode entspreche nicht den Bestimmungen der §§ 93, 95 - 99 des Bundesbaugesetzes, insofern sie nicht den Verkehrswert (der einzelnen Grundstücke) ermitteln, sondern auf bloße Wertverhältnisse abstellen. Bestimmt werde das Verhältnis des Wertes der alten Grundstücke zum Wert aller Grundstücke des Flurbereinigungsgebietes, wobei die so ermittelten Wertverhältnisse dann unter Anwendung des sogenannten Kapitalisierungsfaktors in Geldwerte überführt werden. Diese Ausführungen können nicht überzeugen. Es ist nicht einzusehen, weshalb das vom Landesamt geübte Verfahren nicht geeignet sein soll, den Verkehrswert zu ermitteln. Der Verkehrswert wird durch den Preis bestimmt, der im Zeitpunkt, auf den sich die Ermittlungen beziehen - hier also der 23.3.1964 - im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach den Eigenschaften, der sonstigen Beschaffenheit und der Lage des Grundstücks ohne Rücksicht auf ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse zu erzielen wäre (§ 141 Abs. 2 Bundesbaugesetz). Dieser Wert kann nie errechnet, er kann immer nur geschätzt werden. Das tragen die Kläger selbst vor. Die Kläger meinen, es sei erforderlich, das zu entschädigende Grundstück mit den Preisen, welche für ähnliche Grundstücke in gleicher oder ähnlicher Lage gezahlt werden, zu vergleichen. Nach dieser Methode ist die Kammer immer dann verfahren, wenn nur ein einziges oder nur wenige Grundstücke zu entschädigen sind. Diese Methode erweist sich aber praktisch als undurchführbar, wenn - wie hier - eine größere Zahl von Grundstücken zu entschädigen sind. Darauf hat die Beklagte zutreffend hingewiesen. Die Kläger geben dies mittelbar auch zu; denn sie haben in der von ihnen vorgelegten Karte deshalb die Grundstücke von sich aus schon in bestimmte Wertklassen eingeteilt. Damit beginnen die Kläger aber selbst schon zu abstrahieren. Nichts anderes ist aber im Grunde das vom Landesamt geübte Vergleichswertverfahren. Auch hier werden die Preise, die für qualitätsmäßig ähnliche Objekte auf dem freien Markt erzielt werden, als Bewertungsmaßstab herangezogen. Der auf diesem Wege gewonnene Kapitalisierungsfaktor ist keine nur fiktive Größe, er ist vielmehr das Ergebnis eines Vergleichs zahlreicher Verkaufspreise, die ihrerseits wieder unter Berücksichtigung spezieller Verhältnisse wie Bonität des Grundstücks, Verkehrslage und dergl. zustande gekommen sind. Die Wertermittlung an Hand der Kaufpreissammlungen ist gewiß nicht die einzig mögliche Wertermittlung, aber sie ist eben doch eine mögliche. Dies ergibt sich wohl auch aus der Bestimmung des § 143 des Bundesbaugesetzes, die hier mindestens sinngemäß heranzuziehen ist.

Auch die Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm vom 12.7.1973, Recht der Landwirtschaft 1963/303, steht dem nicht entgegen. Die Tatsache, daß das Oberlandesgericht den Wert der Grundstücke an Hand eines besonderen Gutachtens geschätzt hat, sagt nur, daß der Wert eines Grundstücks auch auf diese Weise ermittelt werden kann, nicht aber, daß er allein auf diese Weise ermittelt werden muß. Der Wert kann - wie schon dargelegt - auf verschiedene Weise ermittelt werden, entweder durch ein individuelles Gutachten (wie die Kläger es haben wollen) oder aber durch einen Vergleich mit dem sich aus der Kaufpreissammlung ergebenden Wert.

Der Hinweis der Kläger, im Raum L. seien höhere Entschädigungsbeträge bewilligt worden als hier, besagt nichts. Für L. gelten andere Preisverhältnisse auf dem Grundstücksmarkt als im Raum F.

Da die Berechnungsmethode des Landesamts nicht zu beanstanden ist, erübrigt es sich deshalb, auf die von den Klägern vorgenommene Bewertung im einzelnen einzugehen.

Zusammenfassend ist bezüglich der Klage des Erstklägers und der Zweitklägerin festzustellen:
Die Grundstücke sind mit dem Wert zu entschädigen, den gleichwertige, rein landwirtschaftlich genutzte Grundstücke am 15.2.1974 hatten. Diesen Wert hat das Landesamt unter Hinhaltung der gesetzlichen Vorschriften errechnet.

Der Erstkläger und die Zweitklägerin können ihren Anspruch auch nicht auf sogenannte "Nebenschäden" stützen, wie sie dies vorgetragen haben. Derartige Nebenschäden sind nicht entstanden (vgl. darüber die Ausführungen im nächsten Abschnitt).

4. Nebenschäden: Auch die Klage des Drittklägers ist nicht begründet. Auszugehen ist von der Bestimmung des § 97 Abs. 3 Nr. 2 des Bundesbaugesetzes. Danach sind Inhaber persönlicher Rechte, die zum Besitz oder zur Nutzung berechtigen, zu entschädigen, wenn der Berechtigte im Besitz des Grundstücks ist. Der Drittkläger ist als Pächter Inhaber eines solchen Rechtes. Darüber besteht kein Streit.

Der Drittkläger macht geltend, ihm sei durch die Umlegung mittelbar eine Pachtfläche von 1,5 ha entzogen worden. Infolgedessen seien die fixen Kosten seines Pachtbetriebes auf eine um 1,3 ha kleinere Fläche zu verteilen. Die auf einen Hektar entfallenden fixen Kosten betragen nach Ansicht des Drittklägers kapitalisiert auf die Dauer von 10 Jahren 26 764,-- DM. Mithin entfalle auf eine Fläche von 1 1/2 ha ein Betrag von 39 301,-- DM (richtig müßte es wohl heißen 40 146,-- DM). Dies sei der dem Drittkläger entstandene Schaden abzüglich der vom Landesamt gezahlten 6 952,32 DM.

Die Argumente des Drittklägers vermögen den Anspruch nicht zu stützen. Zunächst ist dem Drittkläger entgegenzuhalten, daß er als Pächter Rechte, die aus dem Grundbuch nicht ersichtlich sind, binnen 3 Monaten beim Flurbereinigungsamt hätte anmelden müssen. Das hat der Drittkläger unstreitig nicht getan. Hätte der Drittkläger seine Rechte angemeldet, dann wäre eine günstigere Umlegung von Eigentums- und Pachtland möglich gewesen. Auch muß sich der Drittkläger entgegenhalten lassen, daß seinen Eltern - also dem Erstkläger und der Zweitklägerin, als Verpächtern die Geldentschädigung gewährt worden ist, um Ersatzland zu beschaffen. Der Drittkläger macht allerdings geltend, Ersatzland habe nicht zur Verfügung gestanden. Ob dies zutrifft, kann letztlich dahingestellt bleiben. Denn sollte die Beschaffung von Ersatzland wirklich nicht möglich gewesen sein, wie die Kläger im Schreiben vom 11.12.1974 in den Beiakten behaupten, dann wäre dem Drittkläger zuzumuten, seinen Betrieb den Verhältnissen entsprechend umzustrukturieren. Hierauf hat der Vertreter des Landesamts unter Bezug auf das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 24.2.1972 hingewiesen. Schließlich fragt es sich, ob dem Drittkläger überhaupt ein Schaden im Rechtssinn entstanden ist. Denn gesetzt, der Drittkläger hatte von Anfang an eine um 1,5 ha kleinere Betriebsfläche gepachtet, so wären ihm für die Bewirtschaftung dieses Betriebs die gleichen fixen Kosten entstanden wie für den größeren Betrieb. Daß der Drittkläger dann überhaupt davon abgesehen haben würde, einen Pachtvertrag abzuschließen, ist weder behauptet noch anzunehmen.

Nach allem ist dem Drittkläger kein Nebenschaden im Rechtssinn entstanden.