Bundesgerichtshof, Urteil vom 29.03.1976 - III ZR 98/73 = NJW 1976 S. 1088= AgrarR 1976 S. 263= RdL 1976 S. 243= DÖV 1976 S. 641= MDR 1976 S. 740

Aktenzeichen III ZR 98/73 Entscheidung Urteil Datum 29.03.1976
Gericht Bundesgerichtshof Veröffentlichungen NJW 1976 S. 1088 = AgrarR 1976 S. 263 = RdL 1976 S. 243 = DÖV 1976 S. 641 = MDR 1976 S. 740  Lieferung N/A

Leitsätze[Quelltext bearbeiten]

1. Ist ein an einer Unternehmensflurbereinigung (§ 87 ff. FlurbG) beteiligter Eigentümer für die dem Unternehmen zugeteilte Fläche in Land derselben Qualität und Nutzbarkeit abgefunden worden, so liegt eine Enteignung nicht schon darin, daß der Verkehrswert des neuen Grundstücks hinter dem des alten Grundstücks zurückbleibt. Ein solcher Minderwert ist nur insoweit Ausdruck einer Enteignung, als er darauf beruht, daß das neue Grundstück dem Eigentümer eine geringere Rechtsposition vermittelt als das alte Grundstück.
2. Die Prüfung, ob der Eigentümer wertgleich in Land abgefunden ist, ist grundsätzlich den Flurbereinigungsgerichten vorbehalten. Im Rahmen des Art. 14 Abs. 3 Satz 4 GG kann der Zivilrichter nur prüfen, ob die Landzuteilung in Ansehen der eigentumsmäßig verfestigten Qualität hinter der Landeinlage zurückbleibt.
3. Eine Geldentschädigung für Nachteile, die einem an der Unternehmensflurbereinigung (§ 87 ff. FlurbG) beteiligten Eigentümer durch das Unternehmen entstehen, ist - erst - zu leisten, wenn der Eigentümer in Bezug auf die derzeit zulässige Nutzbarkeit des Grundstücks konkrete und spürbare Nachteile erleidet, die das nach Nachbarrecht hinzunehmende Maß übersteigen.

Aus den Gründen

Für den Bau des "K.-Randkanals" hat der beklagte Zweckverband ländliche Grundstücke in großem Umfang in Anspruch genommen. Um den entstehenden Landverlust auf einen größeren Kreis von Eigentümern zu verteilen, wurde gem. § 87 ff. FlurbG das Flurbereinigungsverfahren W. durchgeführt. Der Kläger nahm mit einem 50 625 qm großen Grundstück an der Flurbereinigung teil. Das Grundstück war rechtwinklig geschnitten und lag mit einer Schmalseite an der A. Straße zwischen G. und L. Als Landabfindung erhielt der Kläger an derselben Stelle ein Grundstück von 51 285 qm Größe. Es ist unregelmäßig geschnitten und liegt mit der einen Längsseite an der A. Straße, mit der anderen am Kanal.

Im Flurbereinigungsverfahren hat der Kläger geltend gemacht, er sei für das alte Grundstück nicht wertgleich abgefunden worden. Die bauliche Nutzung des Neugrundstücks werde durch dessen ungünstigen Zuschnitt sowie die längere Angrenzung an die A. Straße und die Lage am Kanal erheblich beeinträchtigt. Im gerichtlichen Verfahren vor den Flurbereinigungsgerichten hat das Bundesverwaltungsgericht das Feststellungsbegehren des Klägers, er sei nicht wertgleich abgefunden, abgewiesen. Soweit die Klage sich auf eine Geldentschädigung richtet, wurde der Rechtsstreit an das zuständige Landgericht verwiesen.
Im Zivilrechtsweg hat der Kläger beantragt, den beklagten Zweckverband zur Zahlung einer Entschädigung zu verurteilen. Zur Begründung hat er ausgeführt, daß das Neugrundstück in diesem Umfang durch die beschriebenen Mängel im Wert gemindert sei.

Landgericht und Oberlandesgericht haben die Klage abgewiesen. Die Revision des Klägers blieb erfolglos.

II.

Der Revision ist zuzugeben, daß die Auffassung des Berufungsgerichts, die Wertgleichheit der dem Kläger zugeteilten Landabfindung mit der Einlage sei im flurbereinigungsgerichtlichen Verfahren mit Bindung auch für das den Zivilgerichten vorbehaltene Entschädigungsverfahren festgestellt worden, mit Art. 14 Abs. 3 Satz 4 GG nicht in Einklang steht.

1. Nach Art. 14 Abs. 3 Satz 4 GG ist bei Enteignungen wegen der Höhe der Entschädigung der Rechtsweg zu den Zivilgerichten gewährleistet. In einem Rechtsstreit über die Höhe der Entschädigung entscheidet das ordentliche Gericht auch über die Vorfrage, ob überhaupt eine Enteignung vorliegt (BGHZ 15, 268, 270; BVerwGE 1, 42, 44; 39, 169, 172; 45, 250, 252). Im Flurbereinigungs- (Umlegungs-) Verfahren muß die Bewertung der zu vergleichenden Flächen alle für den Verkehrswert wesentlichen Qualitätsmerkmale erfassen (BVerwGE 2, 154, 156 ff.; 4, 191, 195; 8, 343, 345; BVerwG Buchholz 424.01 § 44 FlurbG Nr. 17 und 26). Soweit hiernach die unterschiedlichen Verkehrswerte der Einlage und der Zuteilung etwas darüber aussagen, ob ein Enteignungstatbestand vorliegt, steht im Rechtsstreit über die Höhe der Entschädigung dem Zivilgericht auch die Befugnis zu, die Landeinlage und die Landzuteilung ohne Bindung an ein vorausgegangenes flurbereinigungsgerichtliches Verfahren selbst zu bewerten (Seehusen / Schwede / Nebe FlurbG § 88 Anm. 7).

2. Dies gilt auch für Flurbereinigungen, die der Bereitstellung von Land in großem Umfang für Unternehmen dienen (§ 87 bis § 90 FlurbG). Diese sog. Unternehmensflurbereinigung soll den Landverlust auf einen größeren Kreis von Eigentümern verteilen oder Nachteile für die allgemeine Landeskultur vermeiden (§ 87 Abs. 1 Satz 1 FlurbG). Soweit den Beteiligten eine Landabgabe zugunsten des Unternehmens abgefordert wird, stellt das einen Enteignungstatbestand dar (§ 88 Nr. 4 Satz 4 FlurbG; BVerwGE 3, 156, 157; 12, 1, 2). Daran ändert sich nichts, wenn auch in diesem Verfahren - worauf aber kein Anspruch besteht, vgl. BVerwG Buchholz 424.01 § 88 FlurbG Nr. 1 - eine Abfindung in Land gewährt wird, die dazu bestimmt ist, den Landverlust voll auszugleichen (vgl. § 44 Abs. 1 FlurbG). Diese Landabfindung ist nur eine besondere Art der Enteignungsentschädigung (vgl. BGHZ 31, 49, 56, 59). Ob sie ausreicht, das dem Eigentümer auferlegte Sonderopfer auszugleichen oder ob ein nicht ausgeglichener, in Geld zu entschädigender Rest (§ 88 Nr. 4 Satz 4 FlurbG) verbleibt, ist als notwendige Vorfrage der Entscheidung über die Höhe der Enteignungsentschädigung auch hier vom Zivilgericht in eigener Verantwortung und ohne Bindung an den Ausgang des flurbereinigungsgerichtlichen Verfahrens zu prüfen. Davon ist in dem hier vorausgegangenen Verfahren auch das Bundesverwaltungsgericht ausgegangen. Es hat u. a. ausgeführt, die ordentlichen Gerichte dürften eine Klage auf Entschädigung in Geld (§ 88 Nr. 4 Satz 4 FlurbG) nicht schon mit der Begründung abweisen, der Teilnehmer sei bereits in Land wertgleich abgefunden, wie durch den rechtsverbindlich festgestellten Flurbereinigungsplan feststehe (BVerwG Buchholz 424.01 § 88 FlurbG Nr. 1 und 2).

3. Soweit daher das Berufungsgericht angenommen hat, die von den Flurbereinigungsgerichten festgestellten Verkehrswerte der Landeinlage und -abfindung seien auch für den Rechtsstreit über die Höhe der Enteignungsentschädigung bindend, ist seine Entscheidung durch Rechtsirrtum beeinflußt. Seine Auffassung, diese Verkehrswerte seien in dem vorliegenden Rechtsstreit nicht zu prüfen, erweist sich indessen aus materiell-rechtlichen Gründen als richtig (§ 563 ZPO).

III.

1. Ein bei dem Wertvergleich sich etwa ergebender Minderwert der neu zugeteilten Fläche berechtigt zu einer Geldentschädigung wegen Enteignung (§ 88 Nr. 4 Satz 4 FlurbG) nach allgemeinen Grundsätzen nur, wenn und soweit er auf Umständen beruht, die unter enteignungsrechtlichen Gesichtspunkten bedeutsam sind (Senatsurteil in BGHZ 64, 382, 392 m. w. Nachw.). Dazu rechnen nur solche Nachteile und Beeinträchtigungen, die den Eigentümer in seiner Rechtsposition treffen. Denn nur sie ist "Eigentum" im Sinne der Verfassungsgarantie des Art. 14 GG (Senatsurteile in BGHZ 61, 253, 255, 256; 62, 96, 99,100; 64, 382, 390, 392 ff.). In dieser Weise rechtlich verfestigt sind nur Qualitätsmerkmale eines Grundstücks, die sich auf eine rechtlich zulässige (ausgeübte oder ausübbare) Nutzung des Grundstücks gründen können.

2. Das im Außenbereich (§ 35 BBauG) liegende Grundstück des Klägers ist für Zwecke einer Wohnbebauung nicht nutzbar (§ 35 Abs. 1 und 2 BBauG); ein eigentumsmäßig verfestigter Anspruch auf Bebauung (vgl. dazu BVerwGE 26, 111, 117 ff.; 42, 8, 13; Senatsurteil in NJW 1974, 638) besteht nach der hier gegebenen Sachlage nicht. Das frühere Grundstück wies dieselben Qualitätsmerkmale auf.

Die dem Grundstück vom Verkehr beigemessene Qualität "Bauerwartungsland" gründet sich auf die mehr oder weniger konkrete Erwartung einer - zeitlich näher oder ferner liegenden - künftigen Bebaubarkeit. Darin erschöpft sich die aus dieser Qualität des Grundstücks sich ergebende Rechtsstellung des Eigentümers. Art. 14 GG schützt den Eigentümer nicht davor, daß bestehende Hoffnungen und Erwartungen sich nicht erfüllen, die Entwicklung auf die Bebaubarkeit hin sich verlangsamt, stehenbleibt oder gar in das Gegenteil umschlägt. Das gilt auch, wenn dieser Vorgang auf Maßnahmen von hoher Hand zurückgeht (Senatsurteile in BGHZ 62, 96, 99 und 64, 382, 394). Einen Wertausgleich für weggefallene "Chancen" dieser Art erhält der Eigentümer nur, wenn sein Grundstück dem enteignenden Zugriff unmittelbar ausgesetzt und dadurch der privaten Nutzung entzogen wird (Senatsurteil in BGHZ 63, 240, 246/247). Die dem Eigentümer bei einem Entzug des Grundstücks gebührende Entschädigung soll es ihm - bildhaft gesprochen - ermöglichen, ein Grundstück gleicher Qualität zu erwerben, um damit die Chancen des Grundstücksmarktes wiederum zu nutzen. Dieses für die Bemessung der Enteignungsentschädigung bedeutsame Anliegen entfällt, wenn die hoheitliche Maßnahme - wie hier - dem Eigentümer ein Grundstück derselben Qualitätsstufe "beläßt", das in der bisher zulässigen Weise auch weiter genutzt werden kann.

3. Soweit der Kläger seinen Entschädigungsanspruch darauf stützt, daß das ihm zugeteilte Grundstück für eine bauliche Nutzung weniger geeignet sei, weil es an den K. Kanal und die A. Straße (auf einer längeren Strecke als das frühere Grundstück) angrenze und weil es geometrisch ungünstiger geschnitten sei, handelt es sich um Qualitätsmerkmale, die enteignungsrechtlich nicht bedeutsam sind.

a) Die Eigentumsgarantie umfaßt nicht bloße Lagevorteile eines Grundstücks (Senatsurteil in WM 1975, 834, 835 m. w. Nachw.). Sie schützt beispielsweise nicht dagegen, daß die Nutzbarkeit des Nachbargrundstücks durch hoheitliche Maßnahmen verändert wird (BGHZ 48, 340, 342 ff. und Senatsurteil in BGHZ 48, 46, 49 ff.). Ebensowenig wird die Rechtsstellung des Eigentümers dadurch beeinträchtigt, daß entlang der Grenze eines bislang ruhigen Wohngrundstücks eine öffentliche Straße angelegt wird (Senatsurteil in BGHZ 61, 253, 256), es sei denn, die davon ausgehenden Einwirkungen auf das Grundstück überschreiten das Maß dessen, was ein Nachbar ohne Ausgleich hinnehmen muß (Senatsurteile a.a.O. und in BGHZ 64, 220, 222 m. w. Nachw.; vgl. auch BVerwGE 32, 173, 178; 44, 244, 246/247).

Danach ist die Lage des Neugrundstücks am Kanal und an der A. Straße im Rahmen des § 88 Nr. 4 Satz 4 FlurbG enteignungsrechtlich ohne Bedeutung. Der Kläger ist gegen eine Nutzung der Nachbargrundstücke als Straße oder Kanal rechtlich nicht gesichert. Auch im Hinblick auf das Altgrundstück (das ohnehin mit dem neuen Grundstück in wesentlichen Teilen übereinstimmt) war seine Rechtsposition nicht stärker. Enteignungsrechtlich verhält es sich nicht anders, als wenn die an das zugeteilte Grundstück angrenzenden Anlagen an den Grenzen des alten Grundstücks auf fremdem Grund und Boden errichtet worden wären.

Dagegen kann mit Erfolg nicht eingewendet werden, die hier durchgeführte Unternehmensflurbereinigung verwirkliche einen Enteignungstatbestand auch insoweit, als sie - über die Landabzüge hinaus - zu einer Neuverteilung des erfaßten Grundbesitzes geführt habe. Nur die für das Unternehmen vorgenommenen Landabzüge sind Gegenstand der Enteignung (BVerwGE 3, 156, 157). Das bringt § 88 Nr. 4 Satz 4 FlurbG mit der Wendung zum Ausdruck, der Teilnehmer sei für die "aufgebrachte Fläche" zu entschädigen. Damit ist ersichtlich nur der Teil der "für das Unternehmen benötigten Flächen" (§ 88 Nr. 4 Satz 1 FlurbG) gemeint, der auf den einzelnen Teilnehmer entfällt.

b) Im Rahmen des § 88 Nr. 4 Satz 4 FlurbG ist ein Wertvergleich zwischen dem alten und dem neuen Grundstück auch insoweit nicht geboten, als der Kläger vorbringt, das zugeteilte Grundstück sei ungünstiger geschnitten als das frühere und daher baulich schlechter zu nutzen.

Entscheidend ist in enteignungsrechtlicher Sicht, daß der Kläger mit der zugeteilten Fläche ein Grundstück erhalten hat, das dieselbe Qualität wie das frühere Grundstück hat und derzeit ebenso nutzbar ist wie jenes. Der angeblich ungünstigere geometrische Zuschnitt des Neugrundstücks schmälert nicht eine aus dieser Qualität sich ergebende gegenwärtige Rechtsposition des Klägers als Eigentümer. Ob das Grundstück jemals bebaubar sein wird, ist offen. Wenn die Bauleitplanung andere Wege einschlägt als bisher vom Grundstücksmarkt angenommen, kann der Kläger für den Wegfall der Bebauungserwartung, die den heutigen Wert des Grundstücks maßgeblich bestimmen mag, keine Entschädigung beanspruchen. In diesem Fall würde er durch die Zubilligung einer Enteignungsentschädigung für die teilweise "Einbuße" solcher Chancen sogar bereichert sein. Wächst dagegen das (neue) Grundstück später einmal in die Baulandqualität hinein, so wird dem Eigentümer nicht dadurch etwas von seiner Rechtsposition "genommen", daß das Neugrundstück für die bauliche Nutzung etwas ungünstiger geschnitten ist als das Altgrundstück. Vielmehr wird dieser Vorgang durch die dem Eigentümer zuteil werdende Qualitätsverbesserung seines Grundstücks geprägt, die im Einzelfall der Höhe nach unterschiedlich ausfallen kann, ohne daß der beteiligte Eigentümer etwa einen Entschädigungsanspruch aus dem Gesichtspunkt geringerer "Wertzuteilung" hätte.

4. Die Beschränkung der Prüfung auf die enteignungsrechtlich bedeutsamen Umstände gestattet bei der Anwendung des § 88 Nr. 4 Satz 4 FlurbG eine klare Abgrenzung der Zuständigkeit des Zivilrichters (Art. 14 Abs. 3 Satz 4 GG) zu der der Flurbereinigungsgerichte: Der im Flurbereinigungsverfahren zu verwirklichende Grundsatz der wertgleichen Abfindung in Land (§ 44 Abs. 1 Satz 1 FlurbG) trägt dem Anliegen des Eigentümers Rechnung, Land mit denselben Qualitätsmerkmalen zu erhalten, die im Verkehr als wesentlich angesehen werden (oben II 1). Die fehlerhafte Handhabung dieses Grundsatzes im Einzelfall ist als Tat- und Rechtsfrage in vollem Umfang der Prüfung durch die Flurbereinigungsgerichte unterworfen (vgl. BVerwGE 12, 1, 8). Im Rahmen des Art. 14 Abs. 3 Satz 4 GG hat dagegen der Zivilrichter zu prüfen, ob die Landzuteilung in Ansehung der eigentumsmäßig verfestigten Qualität hinter der Landeinlage zurückbleibt. Nur soweit der Verkehrswert der beiden Flächen Ausdruck dieser rechtlich gesicherten Grundstücksqualität ist, hat er für die Frage Bedeutung, ob eine geringere Zuteilung in Land einen Enteignungstatbestand verwirklicht und in welcher Höhe gegebenenfalls (noch) eine Entschädigung in Geld zu leisten ist. Wird der Eigentümer in den Fällen der § 87 ff. FlurbG für die von ihm aufgebrachte Fläche nicht in Land, sondern in Geld entschädigt (§ 88 Nr. 4 Satz 4 FlurbG), so finden nach Maßgabe des § 88 Nr. 4 Satz 5 FlurbG die Entschädigungsgrundsätze Anwendung, die für den Entzug des Sacheigentums gelten. Grundsätzlich ist dann dem Eigentümer der Wert zu vergüten, den die entzogene Fläche nach den Preisvorstellungen des gesunden Grundstücksverkehrs hatte (oben III 2). Erhält der Eigentümer auch in diesem Verfahren statt einer Entschädigung in Geld eine zum Ausgleich der aufgebrachten Fläche bestimmte Zuteilung in Land, macht er aber geltend, zusätzlich noch eine Geldentschädigung beanspruchen zu können, weil er bei einem Vergleich der Verkehrswerte des alten und des neuen (Gesamt-) Grundstücks nicht angemessen abgefunden sei, so bewendet es bei dem Grundsatz, daß der Eigentümer, der in der Flurbereinigung ein Grundstück derselben Qualität und Nutzbarkeit erhalten hat, eine Geldentschädigung aus dem Gesichtspunkt der Enteignung nur fordern kann, wenn er dartut, daß die Qualität des zugeteilten Grundstücks, soweit sie sich bereits rechtlich verfestigt hat, hinter der des früheren Grundstücks mehr als nur unerheblich zurückbleibt. Solche Umstände hat die Revision in Bezug auf § 88 Nr. 4 Satz 4 FlurbG nicht aufgezeigt.

IV.

1. Das Berufungsgericht hat es abgelehnt, dem Kläger eine Entschädigung für Nachteile zuzubilligen, die nach dessen Darstellung dem Neugrundstück durch das Unternehmen "K.-Kanal" erwachsen. Hierzu hat es ausgeführt: Der Kläger habe schon nicht dargetan, daß Nachteile bestünden, deren Behebung nicht möglich oder nicht zweckmäßig sei. Davon abgesehen sei auch nicht nachgewiesen, daß die Lage am Kanal bei beabsichtigter baulicher Nutzung des Grundstücks zu einer Wertminderung führe.

Die Revision hat auch insoweit keinen Erfolg.

2. Nachteile, die den Beteiligten durch das Unternehmen entstehen, berechtigen zu einer Geldentschädigung nur, soweit es nicht möglich ist oder nach dem Ermessen der Flurbereinigungsbehörde nicht zweckmäßig erscheint, sie durch entsprechende Vorkehrungen zu beheben (§ 88 Nr. 5 Satz 1 FlurbG). Wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, fehlt es bereits an dieser Voraussetzung.

Es ist offen, ob der Kanal sich auf eine bauliche Nutzung der Ufergrundstücke überhaupt nachteilig auswirken wird. Wie aus dem vom Berufungsgericht verwerteten Gutachten des Sachverständigen hervorgeht, bestehen sowohl die technischen wie auch die rechtlichen Voraussetzungen für Maßnahmen, die eine Geruchsbelästigung ausschließen und einer von der Stärke der Strömung ausgehenden Gefahr für die Anwohner vorbeugen. Die Benutzung des Kanals, namentlich das Einleiten von Abwässern, bedarf der wasserrechtlichen Erlaubnis oder Bewilligung. Außerdem kann nicht ausgeschlossen werden, daß der allgemein fortschreitende Ausbau der kommunalen und betrieblichen Kläranlagen die Wasserqualität im Kanal bis zu einer baulichen Nutzung des Grundstücks so verbessert, daß eine Geruchsbelästigung nicht spürbar wird. Zur Abwendung der von der Strömung ausgehenden Gefahr kommen u. a. die Abgrünung und Abzäunung des Wasserlaufs, gegebenenfalls auch seine Abdeckung im Bereich eines Bebauungsgebiets in Betracht. Welche Maßnahmen erforderlich, möglich und zweckmäßig sind, läßt sich erst übersehen, wenn das Grundstück des Klägers baulich genutzt werden kann und konkrete, der Anlage und dem Betrieb des Kanals zuzurechnende Nachteile für den Kläger spürbar werden. Dies kann im gegenwärtigen Zeitpunkt von dem für die Festsetzung einer etwaigen Entschädigung zuständigen Gericht auch deshalb nicht beurteilt werden, weil es der Flurbereinigungsbehörde zukommt, über die in Frage kommenden Maßnahmen zu entscheiden (vgl. Steuer FlurbG 2. Aufl. § 88 Anm. 19). Sie kann z. B. die Zweckmäßigkeit einer entsprechenden technischen Vorkehrung zur Behebung eines Nachteils aus der Erwägung heraus bejahen, daß die hierdurch erwachsenden Kosten hinter dem Betrag einer sonst zu leistenden Entschädigung zurückbleiben. Wie das Berufungsgericht, von der Revision unbeanstandet, festgestellt hat, ist die konkrete Bauerwartung für das Grundstück des Klägers äußerst unsicher. Auch in Bezug auf die derzeit zulässige Nutzbarkeit des Grundstücks läßt sich nicht feststellen, daß der Kläger bereits jetzt durch das Unternehmen konkrete und spürbare Nachteile erleidet.

Die Revision geht offenbar davon aus, schon die Lage des Grundstücks am Kanal sei, wenn der Grundstücksverkehr darauf reagiere, ein von dem Unternehmen verursachter "Nachteil" im Sinne von § 88 Abs. 5 Satz 1 FlurbG. Dem kann nicht beigetreten werden. Die in dieser Vorschrift gewährte Entschädigung setzt voraus, daß das Unternehmen sich auf das Anliegergrundstück enteignend auswirkt (BVerwG Buchholz 424.01 § 88 FlurbG Nr. 1). Das Eigentum gewährt aber grundsätzlich keinen Schutz dagegen, daß der andere Eigentümer die Nutzung seines Grundstücks ändert, wenn die Auswirkungen einer solchen Nutzung des nach Nachbarrecht hinzunehmende Maß nicht übersteigen (vgl. oben III 3 a). Die Revision zeigt nicht auf, daß von dem Unternehmen gegenwärtig solche enteignenden Wirkungen ausgehen.