Flurbereinigungsgericht Koblenz, Urteil vom 02.07.1979 - 9 C 103/78
Aktenzeichen | 9 C 103/78 | Entscheidung | Urteil | Datum | 02.07.1979 |
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Gericht | Flurbereinigungsgericht Koblenz | Veröffentlichungen | Lieferung | N/A |
Leitsätze[Quelltext bearbeiten]
1. | Die Anordnung eines Verfahrens nach § 86 Abs. 1 FlurbG ist bereits zulässig, wenn mit der Verwirklichung eines wasserwirtschaftlichen Vorhabens (Schaffung eines Stausees) aller Wahrscheinlichkeit nach gerechnet werden kann. |
2. | Die gegen das Planungsvorhaben gerichteten Einwendungen können nicht im Rahmen der Anfechtungsklage gegen den Flurbereinigungsbeschluß geltend gemacht werden. |
Aus den Gründen
Nach § 86 Absatz 1 FlurbG kann eine vereinfachte Flurbereinigung in Teilen mehrerer Gemeinden durchgeführt werden, um damit die durch die Anlegung oder Änderung von Gewässern, von Straßen und Wegen oder die durch ähnliche Maßnahmen entstehenden Nachteile für die allgemeine Landeskultur zu beseitigen. Bei der Schaffung des Stausees in den aneinander angrenzenden Teilen der Gemarkungen F., R. und S. handelt es sich unzweifelhaft um eine Gewässerveränderung, da der in diesem Gebiet verlaufende S.-Bach auf einer Fläche von rund 60 ha aufgestaut werden soll. Durch die Baumaßnahme gehen der Landwirtschaft allein schon mit Rücksicht auf den Wasserstau rund 60 ha verloren. Das Verfahren dient daher dem Ziel, entstehende Nachteile für die allgemeine Landeskultur dadurch zu beheben, daß für die im Staubereich gelegenen Grundstücke entsprechendes Ersatzland außerhalb der mit Wasser überspannten Fläche zugeteilt wird. Mit der Schaffung des Stausees sind zudem weitere Bauvorhaben, wie Straßen, Uferwege, Freizeit- und Erholungseinrichtungen sowie gewerbliche Projekte (Hotels, Pensionen und ein Feriendorf), verbunden, die ebenfalls eine Bodenneuordnung in dem Verfahrensgebiet erforderlich machen.
Die in § 86 Absatz 1 FlurbG für das vereinfachte Flurbereinigungsverfahren enthaltenen Zulässigkeitsvoraussetzungen geben zwar keinen Aufschluß darüber, ob die Pläne über die vorgesehenen Maßnahmen bereits bei der Einleitung der Flurbereinigung bestandskräftig vorliegen müssen oder nicht. Nach Auffassung des Senats reicht es jedoch aus, wenn sich das Planungsvorhaben bereits derart konkretisiert hat, daß mit der Verwirklichung der vorgesehenen Maßnahmen aller Wahrscheinlichkeit nach gerechnet werden kann. Ein solches Planungsstadium genügt, um daraus auf den wahrscheinlichen positiven Abschluß des noch schwebenden Planfeststellungsverfahrens bzw. eines erforderlichen Genehmigungsverfahrens und damit auch auf die Notwendigkeit des vereinfachten Flurbereinigungsverfahrens schließen zu können (vgl. OVG Lüneburg, Urteil vom 3. Dezember 1975 - F OVG 29/74 - in AgrarR 1976 Seite 205 = RdL 1976 Seite 97 = RzF - 6 - zu § 86 Abs. 1 FlurbG (a.F.)). Weitergehende Zulässigkeitsanforderungen für die Einleitung eines vereinfachten Flurbereinigungsverfahrens aufzustellen wäre mit dem Wortlaut und Zweck der gesetzlichen Regelung in § 86 Absatz 1 FlurbG nicht vereinbar. Im vorliegenden Falle ist von dem Beklagten in der mündlichen Verhandlung glaubhaft und im übrigen unwidersprochen dargelegt worden, daß das wasserrechtliche Planfeststellungsverfahren bei der Bezirksregierung eingeleitet und mit seinem Abschluß bis Ende 1979 zu rechnen ist. Schon vor der Anordnung des Flurbereinigungsverfahrens hat ein wasserwirtschaftlicher Vorentwurf vorgelegen, auf dessen Grundlage die wasserrechtlichen Planfeststellungsunterlagen erarbeitet worden sind. Daneben liegt zur Zeit bereits der Entwurf eines Flächennutzungsplanes für das Verbandsgemeindegebiet D. vor, in dem auch die vorgesehenen Flächennutzungen sowie die in bestimmten Bereichen zugelassenen Baumaßnahmen für das Flurbereinigungsgebiet enthalten sind. Aufgrund dieses fortgeschrittenen Planungsstadiums kann davon ausgegangen werden, daß das Stauseevorhaben mit den damit verbundenen Nebenanlagen aller Wahrscheinlichkeit nach zum Tragen kommt.
Die von dem Kläger vorgetragenen Bedenken im Hinblick auf mögliche Nachteile klimatischer Folgen können im Rahmen dieses Rechtsstreits zu keinem anderen Ergebnis führen. Zum einen entbehren diese Einwendungen jeglicher wissenschaftlicher Grundlage; der Kläger hat selbst in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, daß er damit nur seinen persönlichen Besorgnissen Ausdruck geben wolle. Zum anderen eröffnet § 86 Absatz 1 FlurbG nicht die Möglichkeit, die gegen das Planungsvorhaben an sich gerichteten Einwendungen auch im Rahmen der Anfechtungsklage vor dem Flurbereinigungsgericht geltend zu machen. Die Frage, ob das Vorhaben W. an sich rechtmäßig ist, wird ausschließlich in dem wasserrechtlichen Planfeststellungsverfahren, das nach § 31 des Wasserhaushaltsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 16. Oktober 1976 (BGBl I Seite 1110) durchzuführen ist, entschieden. Dem Rechtsschutzbedürfnis des Klägers ist daher ausreichend Rechnung getragen. Es bleibt ihm unbenommen, seine dahingehenden Einwendungen im Rahmen des wasserrechtlichen Planfeststellungsverfahrens zur Geltung zu bringen.