Oberlandesgericht Schleswig, Beschluss vom 02.10.1968 - 2 W 75/68

Aktenzeichen 2 W 75/68 Entscheidung Beschluss Datum 02.10.1968
Gericht Oberlandesgericht Schleswig Veröffentlichungen Lieferung N/A

Leitsätze[Quelltext bearbeiten]

1. § 80 FlurbG regelt ergänzend nur besondere, sich aus der Eigenart des Verfahrens ergebende Vorlagepflichten, setzt aber die allgemeinen Regeln der Grundbuchordnung über die Führung der Grundbücher nicht außer Kraft.
2. Hypotheken-, Grundschuld- und Rentenschuldbriefe sind dem Grundbuchamt auch bei berichtigenden Eintragungen nach einer außerhalb des Grundbuchs eingetretenen Unrichtigkeit vorzulegen.

Aus den Gründen

Das im Grundbuch von K. Band 2 Blatt 33 eingetragene Grundstück hat in den Jahren 1960 bis 1962 am Flurbereinigungsverfahren teilgenommen. Auf Grund der Auflassung vom 22. Dezember 1964 ist von ihm die Parzelle Flur 2 Flurstück 29/2 in der Größe von 3.010 qm abgeschrieben und am 22. Januar 1965 nach K. Blatt 1 übertragen worden. Gemäß Ausführungsanordnung des Kulturamtes L. vom 14. März 1962 zum Flurbereinigungsplan war jedoch zum Zeitpunkt der Übertragung für den Bestand des Grundbuches von K. Band 2 Blatt 33 bereits ein neuer Rechtszustand eingetreten; an die Stelle des abgeschriebenen Flurstückes 29/2 war das Flurstück Gemarkung K. Flur 2 Flurstück 29/5 in der Größe von 3.100 qm getreten.

Wegen dieses Sachverhaltes hat der Vorsteher des Kulturamtes L. unter Beifügung der nach § 80 FlurbG vorgeschriebenen Unterlagen des Amtsgerichts (Grundbuchamt) u.a. ersucht:

1. Das Flurstück Gemarkung K. Flur 2 Nr. 29/5 unter Bezugnahme auf die Auflassung vom 22. Dezember 1964 vom Grundbuch von K. Band 2 Blatt 33 abzuschreiben und nach K. Blatt 1 zu übertragen;

2. nach Eintragung dieses Flurstückes in K. Blatt 1 das hier unter der laufenden Nr. 1 eingetragene Flurstück Nr. 29/2 zu löschen.

Auf dieses Ersuchen hat das Amtsgericht gebeten, die Briefe über die in den Abteilungen III der beteiligten Grundstücke eingetragenen Grundpfandrechte vorzulegen. Das Kulturamt lehnte die Vorlage der Briefe ab und legte gegen die Verfügung des Rechtspflegers Erinnerung ein. Dieser hat das Amtsgericht durch Beschluß vom 19. Februar 1968 nicht abgeholfen. Die hiergegen eingelegte Beschwerde des Kulturamtes hat das Landgericht durch Beschluß vom 14. Mai 1968, auf den Bezug genommen wird, zurückgewiesen.

Das Kulturamt hat gegen den Beschluß des Landgerichts weitere Beschwerde eingelegt. Sie macht geltend, daß die Vorlage von Briefen über Grundpfandrechte im Berichtigungsverfahren nach dem FlurbG nicht erforderlich sei.

Die weitere Beschwerde ist gemäß den §§ 78, 79 GBO als Rechtsbeschwerde zulässig. Sie ist aber unbegründet, da der angefochtene Beschluß rechtsirrtumsfrei ist.

Nach den §§ 41, 42 GBO sind Hypotheken-, Grundschuld- und Rentenschuldbriefe dem Grundbuchamt vorzulegen, wenn eine Eintragung bei einem dieser Grundpfandrechte erfolgen soll. Diese Vorschriften sind grundsätzlich auch im Verfahren nach dem FlurbG anwendbar, also nicht nur im Falle des Briefes bezüglich des Grundbuches K. Blatt 1, sondern auch der Briefe K. Band 2 Blatt 33. Dem steht nicht entgegen, daß die vorgenannten Bestimmungen im § 80 FlurbG nicht erwähnt sind. Diese Norm regelt ergänzend nur besondere, sich aus der Eigenart des Verfahrens ergebende Vorlagepflichten, setzt aber die allgemeinen Regeln der Grundbuchordnung über die Führung der Grundbücher nicht außer Kraft (vgl. Steuer Flurbereinigungsgesetz 2. Aufl., § 80 Anm. 2; Henke-Mönch-Horber, Grundbuchordnung, 8. Aufl. § 38, Anm. 4 B b, § 41 Anm. 2 b).

Im vorliegenden Falle ist das Verlangen nach Vorlage der Briefe aus Rechtsgründen auch nicht zu beanstanden. § 41 GBO gilt nicht nur bei rechtsändernden, sondern auch bei berichtigenden Eintragungen nach einer außerhalb des Grundbuches eingetretenen Unrichtigkeit. Stets muß es sich jedoch dabei um eine Eintragung handeln, die die dingliche Rechtslage ändert und nicht etwa nur eine Tatsache kundgibt (Henke-Mönch-Horber aaO). Der Ansicht des Landgerichts, die Flurbereinigung habe eine Änderung nicht nur eines Sachverhältnisses, sondern auch der dinglichen Rechtslage bewirkt, stimmt der Senat zu. Der im § 68 FlurbG enthaltene Surrogationsgrundsatz steht dem, wie die Beschwerdeführerin unter Berufung auf Seehusen in RdL 1954, 205 ff. 233 - 235 meint, nicht entgegen. Diese Vorschrift regelt die Rechtsverhältnisse nach der erfolgten Flurbereinigung kraft Gesetzes dahin, daß nunmehr die Landabfindung an die Stelle der alten Grundstücke tritt. Ändert sich aber der Gegenstand des Grundpfandrechtes durch Veränderung des Besitzstandes, so ist wegen der rechtlichen Auswirkung auf Umfang und Inhalt der Rechte die beantragte Berichtigung nicht nur tatsächlicher Art, sondern steht, da sie die veränderte Rechtslage wiedergibt, einer rechtsändernden Eintragung gleich (vgl. KGJ 38, 246 (250/251); 50, 145 (146/147)).

Es kommt hinzu, daß die Landabfindung im Bestandsverzeichnis unter neuer laufender Nummer in Spalte 1 zu führen ist. Dieses wiederum hat gemäß § 11 Abs. 3 GbVfg zur Folge, daß in Spalte 2 der III. Abteilung des Grundbuches die laufende Nummer, unter der das belastete Grundstück im Bestandsverzeichnis eingetragen ist, ebenfalls berichtigt werden muß. Es erfolgt somit auch eine Eintragung "bei" dem Grundpfandrecht im Sinne der §§ 41, 42 GBO (vgl. Hesse-Saage-Fischer, GBO, 4. Aufl., § 41 Anm. II 3 d, § 13 GbVfg Anm. VI), die das Grundbuchamt gemäß §§ 57 Abs. 1 und 2 Nr. b, 70 GBO berechtigt, auch den Brief zu berichtigen. Ein Ermessensfehler oder -mißbrauch des Grundbuchbeamten im Hinblick auf diese Sollvorschrift ist im vorliegenden Falle nicht ersichtlich; denn die Vorlage der Briefe dient dem Zweck, in diesen die durch die Flurbereinigung geschaffene Rechtslage mit dem Grundbuch in Einklang zu bringen. Das aber ist sachdienlich.