Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 08.12.1966 - IV B 62.66 = RdL 1967 S. 102

Aktenzeichen IV B 62.66 Entscheidung Beschluss Datum 08.12.1966
Gericht Bundesverwaltungsgericht Veröffentlichungen RdL 1967 S. 102  Lieferung N/A

Leitsätze[Quelltext bearbeiten]

1. Auch kircheneigene Grundstücke können grundsätzlich in ein Flurbereinigungsverfahren einbezogen werden.
2. § 47 Abs. 3 FlurbG ist eine Ausnahmevorschrift und daher eng auszulegen.

Aus den Gründen

In § 7 Abs. 2 FlurbG ist bestimmt, daß grundsätzlich alle im Flurb.Gebiet liegenden Grundstücke dem Flurb.Verfahren unterworfen sind. Für Grundstücke, die im Eigentum einer kirchlichen Gemeinde stehen und auf denen etwa wie hier der Bau eines Gemeindezentrums geplant ist, trifft das Gesetz keine Ausnahmeregelung. Eine solche Regelung würde auch den Erfolg des Flurb.Verfahrens, das eine wirtschaftlich zweckmäßige Neuordnung eines Gebiets bringen soll, gefährden. Im vorliegenden Fall kommt hinzu, daß die Kl. das Grundstück erst nach der rechtskräftigen Anordnung der Flurb. erworben hat und nach § 15 Satz 1 FlurbG das bis zur Anmeldung des Erwerbs durchgeführte Verfahren - damit aber auch die Feststellung des Verfahrensgebietes - gegen sich gelten lassen muß. In der Einbeziehung auch von kircheneigenen Grundstücken in das Flurb.Verfahren mit der von der Kl. vor allem angegriffenen Folge einer Wegebeitragspflicht nach § 47 Abs. 1 FlurbG liegt auch kein Verstoß gegen die verfassungsrechtlichen Bestimmungen zum Schutze der öffentlichen Funktion der Kirche. Das von der Kl. angeführte, in Art. 137 Abs. 3 Satz 1 WeimRV. in Vbdg. mit Art. 140 GG. gewährleistete Selbstverwaltungsrecht der ReligionsgeselIschaften wird durch die umstrittenen Bodenordnungsmaßnahmen, die in keiner Weise in den innerkirchlichen Bereich eingreifen, nicht angetastet. Aber auch die in Art. 138 Abs. 2 WeimRV. in Vbdg. mit Art. 140 GG. für Kirchengut gegebene Eigentumsgarantie wird durch die Unterwerfung eines für den Bau einer Kirche, eines Gemeindehauses und eines Kindergartens bestimmten Grundstücks unter die staatliche Flurb.Hoheit nicht mißachtet. Die genannten Verfassungsbestimmungen schützen nur Sachen und Rechte, welche öffentlich-kirchlichen Zwecken unmittelbar zu dienen bestimmt sind, vor staatlichen Eingriffen. Zu einem so verstandenen "Religionsgut" gehörte das der Kl. gehörige Kirchenbaugrundstück nicht; im Zeitpunkt der flurbereinigungsbehördlichen Anordnungen war das Grundstück noch nicht Kultus- oder Wohltätigkeitszwecken gewidmet.

Die Kl. kann auch nicht die Freistellung von der Wegebeitragspflicht nach § 47 Abs. 3 FlurbG verlangen. Diese eng auszulegende Ausnahmevorschrift betrifft den Fall, daß die volle oder teilweise Aufbringung eines Wegeanteils für einen Flurbereinigungsteilnehmer im Hinblick auf die Beitragslast anderer Verfahrensbeteiligter eine unverhältnismäßige und deshalb unzumutbare Belastung darstellt. Eine solche "relative Härte" ihrer Beitragslast hat die Klägerin nicht einmal behauptet. Auch die im Grundgesetz verankerte Sonderstellung von Kirchengut rechtfertigt keine Billigkeitsentscheidung von der Flurbereinigungsbehörde, weil die Aufbringung des Wegeanteils, wie dargelegt, die Erfüllung der öffentlich-kirchlichen Aufgabe der Kl. nicht gefährdet. Dabei kann dahinstehen, ob Fälle denkbar sind, in denen eine Anwendung des § 47 Abs. 3 FlurbG im Hinblick auf die besondere Stellung der Kirche geboten ist.

Eine Freistellung der Kl. von der Wegebeitragspflicht kann auch nicht deshalb erfolgen, weil sie sich in dem Grundstücksverkauf verpflichtet hat, den an der Kirche für die Teilnehmer des Gottesdienstes anzulegenden Parkplatz auch für den allgemeinen Verkehr offen zu halten. Dieser Verpflichtung kommt nicht ein solches Gewicht zu, daß die Heranziehung zum Wegebeitrag nach der Interessenlage offensichtlich unbillig erscheint. Für diese Beurteilung spricht auch, daß ein anderer Flurbereinigungsteilnehmer, der Beigeladene C., ein berechtigtes Interesse am Fortbestand seines Eigentums an der umstrittenen Trennfläche geltend macht.