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von Anonymer Benutzer

RzF - 2 - zu § 70 Abs. 1 FlurbG

Flurbereinigungsgericht Koblenz, Urteil vom 30.01.1969 - 3 C 94/67 = IK 1970 S. 246= RdL 1969, 298

Aktenzeichen 3 C 94/67 Entscheidung Urteil Datum 30.01.1969
Gericht Flurbereinigungsgericht Koblenz Veröffentlichungen IK 1970 S. 246 = RdL 1969, 298  Lieferung N/A

Leitsätze[Quelltext bearbeiten]

1. Der Pächter kann auch bei wertgleicher Abfindung des Verpächters einen Anspruch auf Pachtzinsminderung haben. Ein derartiger Anspruch ist grundsätzlich zwischen den Partnern des Pachtvertrages untereinander auszugleichen.

Aus den Gründen

Der Kläger hat in rechtlicher Form und Frist bei der zuständigen Flurbereinigungsbehörde einen "Antrag auf Auflösung eines Pachtvertrages" gestellt und damit von dieser eine Tätigkeit nach § 70 FlurbG verlangt. Gemäß § 71 FlurbG ist ein solches Begehren "spätestens" drei Monate nach Erlaß der Ausführungsanordnung zu stellen. Da nach dem eindeutigen Wortlaut dieser Bestimmung nur der späteste Zeitpunkt der Antragstellung festgelegt ist, berührt die frühzeitige Stellung des Antrags nicht dessen Zulässigkeit. Auch das weitere Vorverfahren ist ordnungsgemäß durchgeführt.

Gemäß § 142 Abs. 3 Satz 1 FlurbG gilt es als ablehnender Bescheid, wenn über eine Beschwerde, die nicht als Beschwerde gegen den bekanntgegebenen Flurbereinigungs-Plan (§ 59 Abs. 2 FlurbG) erhoben wurde, nicht innerhalb einer Frist von sechs Monaten entschieden worden ist. Der Kläger hat am 02.04.1967 gegen den ablehnenden Bescheid des Kulturamtes Beschwerde zur Oberen Flurbereinigungsbehörde erhoben, über die im Zeitpunkt der Klageerhebung - am 27.10.1967 - noch nicht entschieden war. Da die Frist des § 142 Abs. 3 Satz 1 FlurbG somit erfüllt und die Dreimonatsfrist des Abs. 3 Satz 2 dieser Bestimmung noch nicht abgelaufen war, ist die Klageerhebung fristgerecht erfolgt.

Der Umstand, daß der Kläger bei Antragstellung in erster Linie die Aufhebung des Pachtverhältnisses und erst hilfsweise eine angemessene Entschädigung verlangt hat, nunmehr aber umgekehrt zuerst auf einem Ausgleich und nur hilfsweise auf Pachtaufhebung oder Pachtzinsminderung besteht, kann sich nicht negativ auf die Zulässigkeit der Klage auswirken, weil sämtliche Arten des Begehrens im Rahmen der Möglichkeiten des § 70 FlurbG liegen und das beklagte Land eindeutig zu erkennen gegeben hat, daß es dem Begehren in keiner Weise stattgeben will.

Dem Kläger steht ein Anspruch auf eine besondere Entschädigung nicht zu. Die Aufhebung des Pachtverhältnisses kann von ihm ebenfalls nicht verlangt werden. Es ist ihm jedoch eine zeitliche befristete Pachtzinsermäßigung zu gewähren.

1. Nach den Feststellungen des auf die Abfindungsklage der Verpächter ergangenen Urteils vom 28./29.05.1968 - 3 C 96/67 - ist die den Verpächtern gegebene Abfindung, gemessen an ihrem landwirtschaftlichen Nutzwert, ihrem Altbesitz wertgleich. Für den Kläger, der den gesamten Betrieb gepachtet hat und der in diesem Verfahren beigeladen war, gelten die gleichen betriebswirtschaftlichen Grundsätze und Abfindungsmerkmale, da er von der gleichen Hofstelle aus wirtschaftet. Unter Außerachtlassung der Frage, ob ihm überhaupt ein eigenes Klagerecht gegen den Flurbereinigungsplan zusteht, kommt man aus diesen Gründen bereits zu dem Ergebnis, daß ein besonderer Schaden, der eine besondere Entschädigung rechtfertigen könnte, nicht vorliegt. Schon aus diesem rein tatsächlichen Grund kommt die Anordnung einer, im Endergebnis von der Teilnehmergemeinschaft zu tragenden Entschädigung nicht in Betracht.

Der Senat sieht keinen Anlaß, von den Feststellungen seines am 28./29.05.1968 - 3 C 96/67 ergangenen Urteils abzuweichen, so daß im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Urteil vom 14.11.1961, RdL 1962, 106 (107) die Gewährung einer Entschädigung nach § 51 FlurbG abzulehnen ist.

Die Vorschrift des § 70 FlurbG, auf die sich der Kläger zu Recht in erster Linie stützt, wendet sich in ihrem materiellen Inhalt ausschließlich an die Partner des Pachtverhältnisses und gibt bei dessen Beeinträchtigung dem Pächter damit lediglich einen Anspruch gegen seinen Verpächter, der sich einerseits mit den Rechtsbehelfen des Flurbereinigungsgesetzes um Ersatz bemühen kann (vgl. hierzu die Untersuchungen von Bolenius, RdL 1955, 68 ff., und Heckenbach, RdL 1956, 121 ff., sowie die Kommentierungen von Steuer, 2. Aufl., und Seehusen / Schwede / Nebe, 2. Aufl., jeweils zu § 70 FlurbG). Für die schließlich noch erwogene Klage aus eigenem Recht nach § 10, § 59 Abs. 2 FlurbG besteht bei dieser Sachlage ebenfalls materiell keine Aussicht auf Erfolg. Formell begegneten ihr nicht nur Bedenken, weil der Kläger weder seine Nebenbeteiligungsrechte angemeldet, noch Beschwerde bei der Planvorlage erhoben hat, sondern auch, weil die Neueinteilung sein Pachtrecht als solches weder gewollt noch ungewollt (vgl. § 68 FlurbG) berührt hat.

2. Für die von dem Kläger hilfsweise begehrte Aufhebung des Pachtverhältnisses fehlt es - was nach den Ausführungen unter Ziff. 1 keiner weiteren Begründung mehr bedarf - an der in § 70 Abs. 2 FlurbG geforderten erheblichen Änderung des Pachtbesitzes.

3. Dem Hilfsantrag des Klägers auf Minderung des Pachtzinses ist stattzugeben, weil infolge der Neuzuteilung ein vorübergehender Wertunterschied zwischen dem alten und dem neuen Pachtbesitz besteht und damit die Voraussetzungen des § 70 Abs. 1 FlurbG insoweit erfüllt sind.

Die in dem Verfahren 3 C 96/67 gewonnene Erkenntnis, wonach den Verpächtern hinsichtlich der landwirtschaftlichen Nutzung weder nach § 44 FlurbG noch nach § 51 FlurbG Ersatzansprüche zustehen, stützt sich hinsichtlich der zuletzt genannten Vorschrift auf folgende Überlegung: Die mit erheblicher staatlicher Hilfe durchgeführte Zusammenlegung von landwirtschaftlichem Streubesitz bringt unbestrittenermaßen in der Regel eine so beachtliche Verbesserung der Produktionsbedingungen mit sich, daß vorübergehende Wertunterschiede oder Nachteile, wie sie beispielsweise durch Wegeausbau, Planinstandsetzung oder auch teilweiser Veränderung des Kulturartenverhältnisses auftreten können, dafür in Kauf genommen bzw. aus eigenen Kräften wieder beseitigt werden müssen. Solche Nachteile beeinträchtigen daher nicht die Wertgleichheit einer Abfindung im Sinne des § 44 FlurbG, weil der zusammengelegte Grundbesitz mit diesen vorübergehenden und aus eigenen Kräften behebbaren Mängeln per Saldo betrachtet in der Regel wertvoller ist, als der zersplitterte Altbesitz. Zwar darf der reine Zusammenlegungsvorteil, für den ja auch die entsprechenden Kostenbeiträge zu leisten sind, nicht einem konkreten, besonderen Nachteil als Ausgleich gegenübergestellt werden, anders verhält es sich jedoch mit den vorübergehenden Unterschieden oder Nachteilen, die mehr oder weniger von allen Betroffenen zu tragen sind.

Der Senat hat in der mündlichen Verhandlung, insbesondere durch die Anhörung des Vorsitzenden des Vorstandes der Teilnehmergemeinschaft, verstärkt den Eindruck gewonnen, daß die von dem Kläger gerügten und als Beeinträchtigung seines Pachtbesitzes empfundenen Nachteile nur solche von vorübergehender Natur sind, die das übliche Maß nicht übersteigen. Diese Erkenntnis reicht jedoch nur für die Feststellung aus, daß den Verpächtern des Klägers keine Ausgleichsansprüche nach § 51 FlurbG zustehen. Für den Kläger selbst muß jedoch im vorliegenden Falle deswegen ein anderer Maßstab gelten, weil er nicht mit der gleichen Sicherheit wie ein Eigentümer oder ein langfristiger Pächter damit rechnen kann, nach Behebung der vorübergehenden Nachteile auch in den Genuß der verbesserten Produktionsbedingungen zu kommen.

Der Pachtvertrag zwischen dem Kläger und seinen Eltern läuft am 31.3.1971 aus. Ob und zu welchen Bedingungen er verlängert wird, ist ungewiß. Der Ehemann der beigeladenen Verpächter hat in der mündlichen Verhandlung angedeutet, daß er sich unter Umständen mit Verkaufsabsichten trage. Bei dieser Sachlage kann nicht davon ausgegangen werden, daß die nach dem Besitzübergang in den Jahren 1967 und 1968 aufgetretenen allgemeinen Nachteile auch für den Kläger nach einem gewissen zeitlichen Übergang noch von den allgemeinen Vorteilen aufgewogen werden. Der Senat geht anhand der Ergebnisse des Beweissicherungsverfahrens - 3 E 1/67 -, des in dem Verfahren 3 C 96/67 festgestellten Sachverhalts, den glaubwürdigen Bekundungen des Vorstehers der Teilnehmergemeinschaft und der wechselseitigen Einlassungen des Klägers und des Beklagten davon aus, daß der Betrieb des Klägers infolge der Ausbau- und Umstellungsmaßnahmen in der Ertragskraft seiner Flächen für ein Jahr um höchstens ein Drittel und für ein weiteres Jahr um höchstens ein Sechstel geschwächt war. Um diese Bruchteile ist daher der bare Pachtzins zu ermäßigen.

Aus der Begründung für die angeordnete Ermäßigung ergibt sich bereits, daß die Verpächter diese ersatzlos tragen müssen. Dieser Ausfall stellt sich für sie als eine besondere Form des vorübergehenden Nachteils im Sinne von § 51 FlurbG dar. So wie der selbst wirtschaftende Verfahrensteilnehmer oder der längerfristige Pächter hierfür seinen Ausgleich in einer späteren Erhöhung des Reinertrages findet, sind die Verpächter in der Lage, bei einer Neuverpachtung für ihren nunmehr besser zu bewirtschaftenden Betrieb einen entsprechenden höheren Pachtzins zu fordern. Wegen dieser wechselseitigen Beziehungen kommen auch Bolenius (a.a.O.) und Heckenbach (a.a.O.) in ihren Untersuchungen über die Auswirkungen der Flurbereinigung auf das Pachtverhältnis zu der Feststellung, daß normalerweise der Ausgleich zwischen Pächter und Verpächter ohne behördliches Zutun auf privater Basis gefunden werden sollte.