Landgericht Karlsruhe, Beschluss vom 19.10.1959 - 7 T 140/59 = BWNotZ 1960, 24

Aktenzeichen 7 T 140/59 Entscheidung Beschluss Datum 19.10.1959
Gericht Landgericht Karlsruhe Veröffentlichungen BWNotZ 1960, 24  Lieferung N/A

Leitsätze[Quelltext bearbeiten]

1. Das Flurbereinigungsamt kann das Grundbuchamt ersuchen, auf einen (nicht einem Miteigentümer gehörigen) Bruchteil eines Grundstücks ein Grundpfandrecht zu übertragen.

Aus den Gründen

Im Zuge der Flurbereinigung S. wurde dem X. in B. anstelle der Grundstücke Nr. 625, 738 und 738/1 der Gemarkung S. ein neues Grundstück Nr. 7128 zugeteilt. Die Einsatzgrundstücke Nr. 738 und 738/1 mit einer Gesamtgröße von 12,54 a waren vor Aufstellung des Flurbereinigungsplans zugunsten der ... Kasse für eine Grundschuld von ... DM belastet. Da das als Landabfindung zugeteilte Grundstück Nr. 7128 eine Größe von 20,03 a hat, wurde im Flurbereinigungsplan festgelegt, daß das anstelle der Grundstücke Nr. 738 und 738/1 getretene Abfindungsflurstück Nr. 7128 entsprechend seiner Mehrgröße nur mit 89/144 Bruchteilen für die Grundschuld über ... DM mitzubelasten ist. Dementsprechend hat das Flurbereinigungsamt ersucht, bei der im Grundbuch in der III. Abteilung eingetragenen Grundschuld über ... DM zu vermerken, daß das anstelle der Grundstücke Nr. 738 und 738/1 getretene Abfindungsgrundstück Nr. 7198 nur mit 89/144 Bruchteilen für die Grundschuld mitbelastet ist.

Das Grundbuchamt S. hat dieses Ersuchen zurückgewiesen. Es vertritt die Ansicht, daß es nach §§ 1114, 1192 BGB nicht zulässig sei, einen Bruchteil eines Grundstücks, soweit es sich nicht um den Anteil eines Miteigentümers handelt, mit einer Grundschuld zu belasten. (Wird ausgeführt).

Gegen diesen Beschluß wurde Beschwerde erhoben. Der Beschwerde kann der Erfolg nicht versagt werden. Dem Grundbuchamt S. ist zwar insoweit zuzustimmen, daß nach §§ 1114, 1192 BGB ein Bruchteil eines Grundstücks mit einer Grundschuld nur belastet werden kann, wenn er in dem Anteil eines Miteigentümers besteht. Von dieser Einschränkung der Belastungsbefugnis hat es aber schon immer Ausnahmen gegeben. Schon das badische Gesetz über die Feldbereinigung vom 27.03.1931 hat von diesem Belastungsverbot eine Ausnahme geschaffen, indem es von dem in Artikel 113 EGBGB zu Gunsten der Landesgesetzgebung gemachten Vorbehalte Gebrauch gemacht und in § 25 Abs. 2 bestimmt hat: (es folgt Zitat)

Das Flurbereinigungsgesetz hat in seinem § 68 Abs. 2 eine ähnliche Ausnahme geschaffen. Es bestimmt nämlich: (es folgt Zitat)

Das Flurbereinigungsgesetz hat somit den Flurbereinigungsbehörden die Möglichkeit eingeräumt, anstelle von mehreren alten Grundstücken, die nicht in gleicher Weise mit Grundschulden belastet sind, ein einziges Abfindungsgrundstück zuzuteilen und die übergegangenen Rechte demgemäß auf dem Abfindungsgrundstück auf Bruchteile zu beschränken, welche dem Wert des ursprünglich belasteten Grundstücks entsprechen. Das Flurbereinigungsgesetz hat damit im Rahmen des Flurbereinigungsverfahrens als späteres, spezielleres Bundesgesetz eine Ausnahme von der Bestimmung des § 1114 BGB geschaffen und insoweit eine Bruchteilsbelastung von Grundstücken zugelassen und möglich gemacht. Dies ist im Schrifttum auch allgemein anerkannt (vgl. Palandt BGB 17. Aufl. Anm. 3 d zu § 1114; Erman BGB 2. Aufl. Anm. 4 zu § 1114; Meikel-Imhof-Riedel "Grundbuchrecht" 5. Aufl. Anm. 36 zu § 7 GBO). Dem Flurbereinigungsamt steht somit die vom Grundbuchamt nicht nachprüfbare Entscheidung darüber zu, in welcher Form die Landabfindung für mehrere alte Grundstücke erfolgen soll. Das Flurbereinigungsamt bestimmt mithin auch für das Grundbuchamt im rechtskräftigen Flurbereinigungsplan bindend, "welche neuen Grundstücke oder Bruchteile von neuen Grundstücken an die Stelle der eigenen alten, verschieden belasteten Grundstücke treten". In dieser nach § 68 Abs. 2 FlurbG zulässigen Bruchteilsbelastung kann im übrigen eine Benachteiligung der Pfandgläubiger entgegen der vom Grundbuchamt vertretenen Auffassung nicht erblickt werden. Der Flurbereinigungsplan wird nämlich nach § 59 FlurbG den Beteiligten, zu denen nach § 10 Ziff. 2 d auch die Pfandgläubiger gehören, nicht nur bekanntgegeben, sondern diese haben nach § 59 Abs. 2 sogar ein Beschwerderecht. Wenn also ein Pfandgläubiger gegen den ihm bekanntgegebenen Flurbereinigungsplan und der darin vorgesehenen Bruchteilsbelastung des Abfindungsflurstücks keine Einwendungen erhebt und auch nicht von dem ihm in § 68 Abs. 3 eingeräumten Recht, nämlich bei der Flurbereinigungsbehörde zu beantragen, anstelle der nach Absatz 2 bestimmten Bruchteile, besondere Grundstücke auszuweisen, Gebrauch gemacht hat, so kann von einer Benachteiligung des Pfandgläubigers nicht mehr gesprochen werden. Auch die weiteren Bedenken des Grundbuchamts, ein Grundschuldgläubiger, dem nach dem Flurbereinigungsplan nur noch eine Bruchteilsbelastung des Abfindungsgrundstücks zusteht, müsse bei einer evtl. Zwangsversteigerung sehen, wie er einen Abnehmer für den Bruchteil findet, sind nicht begründet. Bei einer Bruchteilsbelastung des Abfindungsflurstücks ist nämlich bereits im Flurbereinigungsplan festzulegen, aus welchem neuen Grundstück und mit welchem Bruchteil dieses Werts im Falle eines später eintretenden Bedürfnisses das entsprechende selbständige Grundstück auszuscheiden ist. Der so bestimmte Bruchteil ist auch im Grundbuch bei seiner Berichtigung einzutragen (vgl. Steuer, Komm. z. FlurbG 1956 Anm. 5 zu § 68). Bei einer drohenden Zwangsvollstreckung des nur mit Bruchteilen belasteten Abfindungsgrundstücks ist daher auf Veranlassung des Vollstreckungsgerichts unter Mitwirkung des Vermessungsamtes von dem Abfindungsgrundstück eine der Bruchteilsbelastung entsprechende Teilfläche für diesen Zweck als selbständiges Grundstück auszuscheiden und die Zwangsvollstreckung dann auf dieses ausgeschiedene Grundstück zu begrenzen.

Entgegen der Meinung des Grundbuchamts stehen der Eintragung einer Bruchteilsbelastung im Rahmen des Flurbereinigungsplans auch keine grundbuchrechtlichen Bedenken entgegen. Die Zulässigkeit der Belastung von Bruchteilen ist entgegen der Bestimmung des § 7 GBO durch das Flurbereinigungsgesetz im Rahmen der Landabfindung ausdrücklich gestattet (vgl. Meikel-Imhof-Riedel a.a.O. Anm. 36 zu § 7 GBO).