Bundesgerichtshof, Senat für Landwirtschaftssachen, Urteil vom 28.11.2014 - LwZR 6/13 = juris (Lieferung 2016)

Aktenzeichen LwZR 6/13 Entscheidung Urteil Datum 28.11.2014
Gericht Bundesgerichtshof, Senat für Landwirtschaftssachen Veröffentlichungen = juris  Lieferung 2016

Leitsätze[Quelltext bearbeiten]

1. Werden einem Dritten auf Grund einer Erklärung des Verpächters nach § 52 Abs. 3 Satz 2 Fall 2 FlurbG an dessen Stelle landwirtschaftliche Flächen zugeteilt, setzt sich daran das an den alten Grundstücken bestehende Landpachtverhältnis entsprechend § 68 Abs. 1 Satz 1 FlurbG fort.

Aus den Gründen

Die Beklagte ist auf Grund des nach § 68 Abs. 1 Satz 1 FlurbG an dem neuen Grundstück begründeten Pachtverhältnisses ihr gegenüber nach § 986 Abs. 1 BGB weiterhin zum Besitz berechtigt. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts lässt sich den Vorschriften des Flurbereinigungsgesetzes über die Wahrung der Rechte Dritter (§§ 68 ff.) nicht entnehmen, dass die an den alten Grundstücken bestehenden Pachtverhältnisse sich nicht an Abfindungsgrundstücken fortsetzen, die der Dritte auf Grund einer zu seinen Gunsten erfolgten Zustimmung des Verpächters zur Geldabfindung nach § 52 Abs. 3 Satz 2 Fall 2 FlurbG erhalten hat.


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a) Grundsätzlich setzt sich ein an dem alten Grundstück bestehendes Pachtverhältnis nur dann an dem in der Flurbereinigung neu gebildeten Grundstück fort, wenn der Verpächter nach § 44 Abs. 1 FlurbG eine Landabfindung erhalten und nicht nach § 51 Abs. 1 FlurbG seiner Abfindung in Geld zugestimmt hat. Nur die Landabfindung tritt nach § 68 Abs. 1 Satz 1 FlurbG hinsichtlich der Rechte an den alten Grundstücken und die diese Grundstücke betreffenden, nicht nach § 49 FlurbG aufgehobenen Rechtsverhältnisse an die Stelle der alten Grundstücke. Die Geldabfindung, die der Verpächter im Falle seiner Zustimmung nach § 52 Abs. 1 FlurbG erhält, ist kein Surrogat, an dem sich das vertragliche Recht des Pächters zum Gebrauch der Sache und zum Genuss der Früchte (§ 585 Abs. 2, § 581 Abs. 1 BGB) fortsetzen kann (Heckenbach, RdL 1956, 121, 123; Zillien, RdL 1981, 113, 115).


Stimmt der Verpächter seiner Abfindung in Geld zu, setzt sich das Pachtverhältnis auch nicht an einem der Grundstücke fort, die infolge des Verzichts auf eine Landabfindung zugunsten der Teilnehmergemeinschaft nach § 54 Abs. 2 FlurbG in einer dem Zweck der Flurbereinigung entsprechenden Weise oder für Siedlungszwecke zu verwenden sind. Die Verwirklichung der Ziele der Flurbereinigung erfordert es in solchen Fällen, das Pachtverhältnis an dem alten Grundstück nach § 73 Satz 2 i.V.m. § 49 Abs. 1 FlurbG aufzuheben und den Pächter für den Verlust seines Rechts zu entschädigen (vgl. Wingerter/Mayr, FlurbG, 9. Aufl., § 73 Rn. 5; Heckenbach, aaO; Zillien, aaO).


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Werden einem Dritten auf Grund einer Erklärung des Verpächters nach § 52 Abs. 3 Satz 2 Fall 2 FlurbG an dessen Stelle landwirtschaftliche Flächen zugeteilt, setzt sich daran das an den alten Grundstücken bestehende Landpachtverhältnis entsprechend § 68 Abs. 1 Satz 1 FlurbG fort. Die Vorschrift über die gesonderte Entschädigung in § 73 Satz 1 FlurbG kommt in diesen Fällen nicht zur Anwendung.


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Die dem Dritten anstelle des Teilnehmers zugeteilten Grundstücke stellen nach dem in der Regelflurbereinigung geltenden Surrogationsprinzip das eingebrachte Grundstück in verwandelter Gestalt dar (vgl. BGH, Urteil vom 13. Januar 1983 - III ZR 118/81, BGHZ 86, 226, 230). Die Tatsache, dass dessen Eigentümer infolge des Verzichts des bisherigen Verpächters zugunsten des Dritten nicht mehr derselbe ist, ändert nichts daran, dass der Dritte diejenigen Flächen erhalten hat, an denen sich das Pachtverhältnis - ohne den von dem Verpächter zu Gunsten des Dritten erklärten Verzicht - nach § 68 Abs. 1 Satz 1 FlurbG fortgesetzt hätte.


aa) Die Vorschrift des § 68 Abs. 1 FlurbG ist auch dann anzuwenden, wenn zwar nicht der Teilnehmer, aber an dessen Stelle der Dritte die Landabfindung erhält. In den Fällen des § 52 Abs. 3 Satz 2 Fall 2 FlurbG wird der in § 44 Abs. 1 FlurbG bestimmte Grundsatz der Landabfindung nämlich nicht aufgehoben. Zwar verzichtet der bisherige Teilnehmer auf seinen Anspruch auf eine Abfindung in Land. Dessen Anspruch auf die Landabfindung geht jedoch auf den Dritten über (vgl. VGH Mannheim, AgrarR 1990, 299, 300). Mit der Annahme des Verzichts durch die Behörde erwirbt der Dritte die Ansprüche des Teilnehmers aus dem Flurbereinigungsrecht (OVG Greifswald, VIZ 1999, 549, 550; BayVGH, Beschluss vom 16. Mai 2000 - 13 A 00.1510 juris Rn. 21). Die nachfolgende Eigentumszuweisung an den Dritten beruht in diesem Fall nicht auf § 54 Abs. 2 FlurbG, sondern nach wie vor auf § 44 FlurbG (BFH, RdL 2008, 15, 16).


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(1) Der Zweck der Flurbereinigung erfordert es nicht, das vertragliche Recht des Pächters zur Fruchtziehung (§ 585 Abs. 2, § 581 Abs. 1 BGB) aufzuheben. Die Frage, ob die Fortsetzung des Pachtverhältnisses den Zwecken der Flurbereinigung entgegensteht, hängt von objektiven Gegebenheiten, nicht jedoch von der Person des Verpächters ab. Sofern das Pachtverhältnis den mit der Flurbereinigung verfolgten Zwecken entgegensteht, kann es die Behörde nach § 49 Abs. 1 Satz 1 FlurbG unabhängig von der Person des Verpächters aufheben und den Pächter entschädigen.


(2) Dem Schutz des Dritten steht es nicht entgegen, § 68 Abs. 1 Satz 1 FlurbG auf dessen Landerwerb in der Flurbereinigung anzuwenden. Der Verzicht eines Teilnehmers auf eine Landabfindung zu Gunsten eines Dritten dient meistens dazu, dessen landwirtschaftlichen Betrieb durch die Übertragung des Abfindungsanspruchs mit weiteren Produktionsflächen aufzustocken (Steuer, FlurbG, 2. Aufl., § 52 Rn. 4; Thomas, Rechtsfragen und Praxis des Flurbereinigungsrechts, S. 217). Ein solcher Erwerb unterscheidet sich nicht maßgeblich von einem Kauf landwirtschaftlicher Grundstücke, der ebenfalls nicht zu einer vorzeitigen Auflösung der an den Grundstückern bestehenden Pachtverhältnisse führt.


Eine Fortsetzung des Pachtverhältnisses in diesen Fällen ist auch nicht nach § 73 Satz 1 FlurbG ausgeschlossen. Die Vorschrift über die gesonderte Abfindung des Pächters infolge der Entscheidung des Verpächters für eine Geldabfindung ist nicht anzuwenden, wenn das Pachtverhältnis an den Flächen, die der Dritte auf Grund des Verzichts des Verpächters auf eine Landabfindung erhalten hat, fortgesetzt werden kann. ...


aa) Mit der Entschädigungsregelung des § 73 FlurbG sollten die Rechte an den alten Grundstücken, die infolge der Entscheidung des Teilnehmers für eine Geldabfindung an den neu gebildeten Grundstücken nicht fortgeführt werden, in dem Flurbereinigungsverfahren sichergestellt werden (BT-Drucks 1/3385, S. 41).


Bei einem Pachtverhältnis wird das notwendig, wenn der Verpächter im Flurbereinigungsverfahren von der Möglichkeit Gebrauch macht, im Interesse der Teilnehmergemeinschaft auf seine Landabfindung zu verzichten. Das verpachtete Grundstück wird dann Masseland im Sinne des § 54 Abs. 2 FlurbG und ist in einer dem Zweck der Flurbereinigung entsprechenden Weise oder für Siedlungszwecke zu verwenden. Ein Abfindungsgrundstück, an dem das Pachtverhältnis fortgesetzt werden könnte, wird dagegen nicht gebildet.

Anmerkung


Vorinstanzen:
AG Frankfurt (Oder), Entscheidung vom 17.07.2012 - 12 Lw 25/11 -
OLG Brandenburg, Entscheidung vom 30.05.2013 - 5 U (Lw) 72/12 -