Bundesgerichtshof, Urteil vom 12.06.1975 - III ZR 25/73 = NJW 1975 S. 1778= AgrarR 1975 S. 282

Aktenzeichen III ZR 25/73 Entscheidung Urteil Datum 12.06.1975
Gericht Bundesgerichtshof Veröffentlichungen NJW 1975 S. 1778 = AgrarR 1975 S. 282  Lieferung N/A

Leitsätze[Quelltext bearbeiten]

1. Wird ein Grundstück für den Bau einer Bundesfernstraße in Anspruch genommen, so schließt spätestens die Planfeststellung nach § 18 Abs. 5 FStrG als "Vorwirkung" der Eigentumsentziehung das Grundstück von jeder konjunkturellen Weiterentwicklung aus. Daher ist höchstens nach der "Qualität" zu entschädigen, die das Grundstück im Zeitpunkt der Planfeststellung hatte.
2. Fällt Ackerland im Außenbereich (§ 35 BBauG) in den Schutzstreifen einer Bundesfernstraße (§ 9 I, Abs. 1, 2 FStrG), so kann nicht schon aus diesem Grunde eine Entschädigung verlangt werden.
3. Wird ein bisher geschlossen liegendes ("arrondiertes") Landgut durch den Bau einer öffentlichen Straße durchschnitten, so kann darin ein Eingriff in die geschützte Rechtsposition des Eigentümers liegen. Hat die Durchschneidung eine Wertminderung des Landgutes zur Folge, so kann dafür eine Entschädigung verlangt werden, soweit die Minderbewertung auf einer Einbuße an eigentumsmäßig geschützter Rechtsposition beruht.

Aus den Gründen

1. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, daß Entschädigung für die "Qualität" zu leisten ist, die das entzogene Grundstück in dem Zeitpunkt hatte, in dem es endgültig von jeder konjunkturellen Weiterentwicklung ausgeschlossen wurde (Senatsurteil in BGHZ 39, 198, 201 = NJW 1963, 1492 und in WM 1969, 568 f.). Soweit es sich darum handelt, ob dieser Ausschluß durch die der Enteignung vorausgehende Planung erfolgt ist, ist zwischen vorbereitenden und verbindlichen Planungen zu unterscheiden. Eine vorbereitende Planung, die für sich allein noch kein Eingriff im Sinne des Enteignungsrechts ist, kann den Beginn eines einheitlichen Enteignungsprozesses darstellen. Sie ist als "Vorwirkung" der Enteignung anzusehen, wenn sie mit der späteren Entziehung des Eigentums in einem ursächlichen Zusammenhang steht und die Weiterentwicklung des von ihr betroffenen Grundstücks abschneidet (BGH, NJW 1968, 892; BGH, WM 1969, 274 f. und 964, 966; BGH, NJW 1970, 194; BGHZ 63, 240, 242 = NJW 1975, 384). Ob dies der Fall ist, ergibt sich aus den tatsächlichen Umständen des Einzelfalles und unterliegt daher der tatrichterlichen Würdigung (BGH, NJW 1970, 194). Bei verbindlichen Planungen ist es insofern anders, als diese von vornherein in einem engeren Zusammenhang mit der Entziehung des Eigentums stehen. Daß eine verbindliche Planung die Weiterentwicklung des betroffenen Grundstücks abgeschnitten hat, läßt sich zwar ohne weitere tatsächliche Feststellungen nur annehmen, wenn sie den enteignenden Eingriff mit Sicherheit erwarten ließ. Letzteres ergibt sich aber vielfach schon aus der Art der Planung. So hat der erkennende Senat in bestimmten Ausweisungen von Grundstücken in Bebauungsplänen die Vorwirkung einer späteren Enteignung gesehen (BGH, NJW 1968, 892; BGH, NJW 1967, 2306 = LM § 95 BBauG Nr. 4). Ähnliches gilt für die Festsetzung von Fluchtlinien (Senatsurteil vom 15.12.1966 - III ZR 226/65 - S. 11; s. auch Senatsurteil, in WM 1968, 702, 704).

Erst recht muß eine (endgültige) Planfeststellung nach § 18 V FStrG, wie sie hier in Rede steht, als Vorwirkung der späteren Eigentumsentziehung gelten. Denn der festgestellte Plan ist nach § 19 II FStrG dem Enteignungsverfahren zugrundezulegen und für die Enteignungsbehörde verbindlich. Bei der Anlegung einer Straße wird mit der Festlegung der Trasse zudem so gut wie zwingend darüber entschieden, welche Grundstücke für die Straße in Anspruch genommen werden müssen. Änderungen sind in aller Regel nur durch Änderungen des Trassenverlaufs möglich und scheiden daher weitestgehend von vornherein aus. In seinem unveröffentlichten Urteil vom 28.10.1971 - III ZR 84/70 - hat der erkennende Senat die Ansicht des damaligen Berufungsgerichts, die "Vorwirkung" der Enteignung sei jedenfalls mit dem Planfeststellungsbeschluß eingetreten, seiner Entscheidung denn auch ohne Beanstandung zugrundegelegt.

2. Das Berufungsgericht hat der Beklagten (335 762 + 224 696 =) 560 458 DM als Entschädigung dafür zugesprochen, daß der ihr verbliebene Grundbesitz im Bereich eines 100 m breiten Streifens beiderseits der Autobahn den durch § 9 I und II FStrG auferlegten Beschränkungen unterliege. Es hat dazu ausgeführt, die infolge des Autobahnbaues im sog. Hundertmeterstreifen für die Zukunft festgesetzte erschwerte Bebaubarkeit bzw. endgültige Unbebaubarkeit habe den Verkehrswert dieser Grundstücksteile im "Vierzigmeterstreifen" (§ 9 I FStrG) gänzlich und im anschließenden "Sechzigmeterstreifen" (§ 9 II FStrG) fast auf den "reinen Ackerlandwert" zurückgedrückt. Da es sich vorher um "höherwertiges Ackerland" gehandelt habe, sei damit ein vorher meßbar vorhandener Wert und nicht etwa nur eine unsichere Chance in Fortfall geraten. Diese Wertminderung sei der Beklagten gemäß §§ 1 und 8 PrEnteigG zu ersetzen. Die Entschädigungsregelung in § 9 IX FStrG sei nicht anwendbar, da sie nur im Falle einer "Tangierung" durch eine Autobahn gelte, nicht aber bei Festsetzung einer Entschädigung für eine Enteignung nach § 19 FStrG. Diese Ausführungen werden von der Revision mit Recht angegriffen.

Soweit die Revision geltend machen will, der Entschädigungsanspruch wegen Wertminderung des Schutzstreifens könne in diesem Verfahren nicht geltend gemacht werden, weil es hier nur um Nachteile aus der Abtretung auf der Grundlage des PrEnteigG gehe, kann ihr allerdings nicht gefolgt werden. Zwar gilt die Vorschrift des § 19 V FStrG, die auf die landesrechtlichen Bestimmungen verweist, ihrem Wortlaut nach nur für die in § 19 I u. II FStrG geregelte Enteignung. Eine Vorschrift darüber, nach welchen Regeln, insbesondere in welchem Verfahren die nach § 9 IX FStrG zu leistende Entschädigung festzusetzen ist, fehlt im Gesetz. Wie der erkennende Senat in seinem gleichzeitig verkündeten, ebenfalls zum Abdruck in der Entscheidungssammlung bestimmten Urteil in der Sache III ZR 127/72 (i. ds. Heft lfd. Nr. 6) entschieden hat, regelt sich das Festsetzungsverfahren für Entschädigungsansprüche aus § 9 IX FStrG jedoch gleichfalls nach den Enteignungsgesetzen der Länder, hier mithin nach denen des Preußischen Enteignungsgesetzes. Demnach ist die Entschädigung durch den Regierungspräsidenten als Enteignungsbehörde festzustellen, gegen dessen Beschluß der Klageweg beschritten werden kann (§§ 29, 30 PrEnteiG). Diese Regelung ist im vorliegenden Fall eingehalten worden. Denn der Entschädigungsfeststellungsbeschluß vom 22.9. 1968 hat der Beklagten eine Entschädigung für den Minderwert des Restbesitzes zuerkannt, womit auch über eine nach § 9 IX FStrG zu gewährende Entschädigung entschieden worden ist. Denn wie schon das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, handelt es sich um eine einheitliche, wenn auch aus einzelnen Schadensposten bestehende Entschädigungsforderung und nicht um verschiedene Einzelansprüche, für die der Rechtsweg jeweils gesondert beschritten werden müßte (Meyer-Thiel-Frohberg, Enteignung von Grundeigentum, 5. Aufl., § 8 PrEnteigG Anm. I 9).

Die Entschädigungsregelung in § 9 IX FStrG vermag den hier in Rede stehenden Anspruch aber nicht zu stützen. Davon ist auch das Berufungsgericht ausgegangen, freilich mit unzutreffender Begründung. Für seine Ansicht, § 9 IX FStrG gelte nur im Falle einer "Tangierung" durch eine Autobahn, läßt sich weder aus dem Wortlaut noch aus dem Sinn und Zweck der Vorschrift eine Rechtfertigung finden. Ob Grundbesitz in den Schutzstreifen einer Bundesfernstraße fällt, weil diese an seiner Grenze vorbeigeführt wird oder weil ein anderer Teil des Grundbesitzes in die Trasse fällt, macht für die Art und Schwere des Eingriffs und damit für das Entschädigungsbedürfnis des Eigentümers keinen grundsätzlichen, sondern allenfalls einen quantitativen Unterschied. § 9 IX FStrG ist daher auch in dem hier gegebenen Fall anzuwenden, daß die Straße den Grundbesitz durchschneidet.

Die Voraussetzungen eines Anspruches nach § 9 IX FStrG sind im vorliegenden Fall jedoch nicht erfüllt. Die Vorschrift gewährt eine Geldentschädigung, wenn infolge der Anwendung u. a. der Abs. 1 und 2 der Bestimmung die bauliche Nutzung eines Grundstücks, auf deren Zulassung bisher ein Rechtsanspruch bestand, ganz oder teilweise aufgehoben wird. Bei dem Grundbesitz der Beklagten, der in die Schutzstreifen fällt, handelt es sich nach der Feststellung des Berufungsgerichts um "höherwertiges Ackerland". Er liegt weder im Geltungsbereich eines Bebauungsplanes (§ 30 BBauG) noch innerhalb im Zusammenhang bebauter Ortsteile (§ 34 BBauG), sondern im Außenbereich (§ 35 BBauG). Grundstücke im Außenbereich dürfen grundsätzlich nicht bebaut werden (§ 35 I u. II BBauG). Ein Anspruch auf die Zulassung einer baulichen Nutzung bestand daher bisher nicht, so daß diese Voraussetzung fehlt, von der § 9 IX FStrG den Entschädigungsanspruch abhängig macht.

Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ergibt sich der Entschädigungsanspruch auch nicht aus den Vorschriften der §§ 1 und 8 PrEnteigG, die nach § 19 V FStrG hier Anwendung finden. Dabei kann auf sich beruhen, ob und inwieweit diese Vorschriften eine Entschädigung für die im Schutzstreifen der Autobahn geltenden Eigentumsbeschränkungen gewähren und ob ihnen neben § 9 IX FStrG eigene Bedeutung zukommt. Denn die Beklagte kann schon deswegen keine Entschädigung verlangen, weil durch die Beschränkungen aufgrund des § 9 I u. II FStrG eine den Schutz der Eigentumsgarantie genießende Rechtsposition der Beklagten nicht beeinträchtigt und ihr daher nichts "genommen" worden ist.

Nach § 9 I FStrG dürfen in einem 40 m breiten Streifen beiderseits einer Bundesautobahn Hochbauten nicht errichtet werden, von welchem Verbot nach § 9 VIII FStrG im Einzelfall unter näher bestimmten Voraussetzungen Ausnahmen zugelassen werden können. Nach § 9 II FStrG dürfen für die Errichtung oder wesentliche Änderung von Bauanlagen jeder Art in einem 100 m breiten Streifen beiderseits einer Bundesautobahn Baugenehmigungen oder nach anderen Vorschriften notwendige Genehmigungen nur mit Zustimmung der obersten Landesstraßenbaubehörde erteilt werden. Durch diese Beschränkungen wird die Beklagte nicht gehindert, die in die Schutzstreifen fallenden Teile ihres Grundbesitzes in der bis dahin geübten und möglichen Weise zu nutzen. Denn wie oben schon ausgeführt wurde, handelt es sich um Ackerland im Außenbereich, so daß die Beklagte auch vor dem Bau der Bundesautobahn keinen Anspruch auf Zulassung einer baulichen Nutzung hatte.

Soweit die Beklagte geltend macht, ohne den Bau der Bundesautobahn würden sich die in die Schutzstreifen fallenden Flächen zu Bauland entwickelt haben, vermag ihr Vorbringen einen Entschädigungsanspruch ebenfalls nicht zu begründen. Durch die Eigentumsgarantie werden nur Rechtspositionen geschützt, nicht aber bloße Aussichten und Erwartungen (Senatsurteil in BGHZ 61, 253, 255 = NJW 1973, 2283; BGHZ 62, 96, 98 f. = NJW 1974, 637; s. auch Kröner, Die Eigentumsgarantie in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, 2. Aufl. S.30, 35 m. w. Nachw.). Die bis zum Autobahnbau nicht verwirklichte Aussicht, das Ackerland werde sich zu Bauerwartungs- und Bauland entwickeln, begründete keine geschützte Rechtsposition der Beklagten (Senatsurteil in BRS 26 Nr. 130), so daß es keinen entschädigungspflichtigen Eingriff in das Eigentum der Beklagten bedeutet, wenn eine solche Entwicklung durch den Autobahnbau und die damit verbundene Entstehung der Schutzstreifen unterbunden worden ist.

Aus diesem Grunde kann der Beklagten eine Entschädigung auch nicht deswegen zugebilligt werden, weil der Verkehrswert des bis dahin "höherwertigen Ackerlandes" nach der Feststellung des Berufungsgerichts in den Schutzstreifen - gänzlich oder fast - auf den reinen Ackerlandswert gedrückt worden ist. Denn soweit der Grundstücksverkehr dem Grundbesitz vor dem Autobahnbau einen über den Wert reinen Ackerlandes hinausgehenden Wert beigemessen hat, hat er lediglich die - mehr oder weniger bestimmte - Erwartung berücksichtigt, das Ackerland werde sich im Laufe der Zeit zu Bauerwartungs- und Bauland entwickeln. Da diese Erwartung, wie dargelegt, keine Rechtsposition der Beklagten zu begründen vermochte, ist das Schwinden des auf diese Erwartung begründeten Verkehrswertes kein Enteignungstatbestand (vgl. Senatsurteil in BGHZ 62, 96 = NJW 1974, 637; s. auch Senatsurteil in BRS Band 26 Nr. 130).

Zu demselben Ergebnis führt die Anwendung der Grundsätze, die der erkennende Senat für sog. Gebietserklärungen, etwa die Erklärung eines Grundstückes zum militärischen Schutzbereich nach dem Schutzbereichsgesetz v. 7.12.1956 (BGBl. I, 899) aufgestellt hat und die auch für die Schutzstreifen nach § 9 I u. II FStrG anzuwenden sind (vgl. das gleichzeitig verkündete Senatsurteil in der Sache III ZR 127/72, in ds. Heft lfd. Nr. 6). Nach diesen Grundsätzen kann der Eigentümer eine Entschädigung nur verlangen, wenn ihm durch die Beschränkungen, denen er aufgrund der Gebietserklärung unterliegt, eine fühlbare wirtschaftliche Beeinträchtigung auferlegt worden ist, etwa wenn er bei einem wirklich beabsichtigten und möglichen Bauvorhaben gestört worden ist (Senatsurteil in BGHZ 57, 278, 285 = NJW 1972, 490; BRS 26 Nr. 15 und 130). Daß die Beklagte die Beschränkungen nach § 9 I u. II FStrG in solcher Weise zu spüren bekommen habe, kommt schon deswegen nicht in Betracht, weil die in die Schutzstreifen fallenden Flächen Ackerland im Außenbereich und damit der baulichen Nutzung grundsätzlich entzogen sind.

Soweit der in die Schutzstreifen fallende Grundbesitz Kiesvorkommen enthält, kommt nach den vorgenannten Grundsätzen ein Entschädigungsanspruch nur in Betracht, wenn die Beklagte durch die Beschränkung nach § 9 II FStrG gehindert worden ist, das Kiesvorkommen auszubeuten. Ob dies der Fall ist, ist dem Berufungsurteil nicht zu entnehmen.

In Höhe des hier erörterten Teilbetrages von 560 458 DM kann das Berufungsurteil auch nicht mit anderer Begründung aufrechterhalten werden. Im Gegenteil ergeben die Feststellungen des Berufungsgerichts, daß ein Entschädigungsanspruch der Beklagten - ausgenommen allenfalls ein Anspruch wegen verhinderter Kiesausbeute - insoweit nicht besteht. Im Hinblick auf die Einheitlichkeit des Entschädigungsanspruches sieht der Senat jedoch davon ab, selbst in der Sache zu entscheiden, sondern verweist den Rechtsstreit auch insoweit an das Berufungsgericht zurück.

3. Das Berufungsgericht hat der Beklagten einen Betrag von 186 677 DM als Entschädigung für den Minderwert zuerkannt, den der Gutshof außerhalb des Schutzstreifens erlitten habe. Es hat diese Vermögenseinbuße der Beklagten als den "eigentlichen merkantilen Minderwert" bezeichnet und seine Entscheidung damit begründet, ein potentieller Käufer werde allein die Tatsache, daß der Hof von der Autobahn durchschnitten werde, zum Anlaß einer wesentlichen Minderbewertung machen, und zwar zusätzlich zu den Nebenschäden und den Schäden durch die Beschränkungen im Schutzstreifen. In Anbetracht der allgemeinen Entwicklung auf dem landwirtschaftlichen Grundstücksmarkt in Stadtnähe werde sich ein Käufer, der den Frohnhof weiter landwirtschaftlich nutzen wolle, zwar möglicherweise überhaupt nicht mehr finden. Da dies aber nicht feststehe, müsse die Entschädigung danach bemessen werden, was ein möglicher Käufer zu zahlen bereit sei.

Die Revision wendet demgegenüber insbesondere ein, bei den zum Gutshof gehörenden Grundstücken handele es sich um landwirtschaftliches Gelände, dessen Charakter durch den Bau der Autobahn nicht geändert worden sei. Mit der Zuerkennung eines merkantilen Wertes, der durch die Durchschneidung des Hofes gemindert worden sei, habe das Berufungsgericht dem landwirtschaftlichen Gelände daher einen derzeit nicht vorhandenen Wert beigemessen. Die Angriffe der Revision erweisen sich im Ergebnis als begründet.

Ohne es ausdrücklich hervorzuheben, hat das Berufungsgericht den Anspruch der Beklagten auf Entschädigung für den "merkantilen Minderwert" offensichtlich aus §§ 1 und 8 II PrEnteigG i. Verb. m. § 19 V FStrG hergeleitet, wonach die Entschädigung bei einer Teilenteignung zugleich den Minderwert umfaßt, der für den übrigen Grundbesitz "durch die Abtretung" entsteht. Gegen diesen rechtlichen Ansatz ist im Grundsatz nichts einzuwenden. Jedoch ist zu berücksichtigen, daß der Minderwert des dem Eigentümer verbliebenen Restbesitzes bei der Entschädigung unberücksichtigt bleibt, soweit er auf Umständen beruht, die unter enteignungsrechtlichen Gesichtspunkten irrelevant sind (Senatsurteil in BGHZ 62, 96, 100 = NJW 1974, 637; BGHZ 61, 253 = NJW 1973, 2283). Diese Beschränkung ist hier nicht hinreichend berücksichtigt.

Unter enteignungsrechtlichen Gesichtspunkten sind nur solche Nachteile und Beeinträchtigungen bedeutsam, die den Eigentümer in seiner Rechtsposition treffen. Denn nur sie ist "Eigentum" im Sinne der Verfassungsgarantie des Art. 14 GG. Der erkennende Senat hat daher in der bereits genannten Entscheidung BGHZ 62, 96, 98 = NJW 1974, 637 hervorgehoben, daß ein einen Entschädigungsanspruch begründender Enteignungstatbestand nicht schon dann gegeben ist, wenn eine Maßnahme von hoher Hand irgendwelche dem Eigentümer nachteilige Auswirkungen gehabt hat, sondern erst dann, wenn der Eigentümer in seiner aus seinem Eigentum sich ergebenden Rechtsposition betroffen und beeinträchtigt worden ist.

Nach diesen Grundsätzen kann ein entschädigungsfähiger Minderwert nicht schon damit begründet werden, daß ein potentieller Käufer die Durchschneidung des bis dahin geschlossen liegenden Hofes zum Anlaß einer wesentlichen Minderbewertung nehmen würde. Vielmehr ist weiter zu fragen, ob diese Minderbewertung ihren Grund in einem Eingriff hat, durch den der Eigentümer in einer aus seinem Eigentum sich ergebenden Rechtsposition betroffen und beeinträchtigt worden ist. Ob dieses hier der Fall ist, ist dem Berufungsurteil nicht zu entnehmen. Denn es sagt über die Gründe der Minderbewertung nichts. Aus dem Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen Dr. Z. v. 14.10.1960, auf das das Berufungsgericht sich anscheinend ebenso wie das LG stützen will, läßt sich ersehen, daß der Gutachter vor allem die Erwartung einer künftigen Bebauung als durch den Autobahnbau beeinträchtigt angesehen hat. Denn das Gutachten führt aus: Vor dem Autobahnbau sei das Land nach seiner Beschaffenheit und Lage für Wohnbauten bestens geeignet gewesen. Ein Kaufinteressent sei daher geneigt gewesen, Spekulationen Raum zu geben und in Erwartung einer späteren Wertsteigerung einen hohen Preis zu zahlen. Hingegen seien die Aussichten auf eine - wenn auch zeitlich noch nicht absehbare - Werterhöhung des Bodens durch ein allmähliches Hineinwachsen in eine höhere Verkehrswertstufe nach dem Autobahnbau nicht mehr so groß gewesen wie vorher.

Diese Ausführungen geben Grund zu der Annahme, daß der Gutachter und mit ihm das Berufungsgericht einen entschädigungsfähigen Minderwert auf Grund von Umständen bejaht haben, die einen Eingriff in eine Rechtsposition der Beklagten nicht zu begründen vermögen. Der Gutachter, dessen Wertermittlung das Berufungsgericht sich auch im übrigen angeschlossen hat, hat das Gelände des Gutshofes ausdrücklich nicht als "Bauerwartungsland", sondern als "höherwertiges Ackerland" eingestuft. Zur Begründung hat er ausgeführt, bei der derzeitigen Entwicklungstendenz sei es wahrscheinlich, daß das Gelände einmal bauwirtschaftlich erschlossen werde; wann, in welchem Umfang und innerhalb welchen Zeitraumes, sei aber nicht abzusehen. Hiernach gründet sich die über "reines" Ackerland hinausgehende Bewertung des Besitzes auf Aussichten und Erwartungen, die sich - auch infolge hoheitlicher Maßnahmen - zerschlagen können, ohne daß der Eigentümer dadurch in einer Rechtsposition betroffen wird (Senatsurteil in BGHZ 62, 96, 99 = NJW 1974, 637; s. oben zu II. 3.). Auf dieser Grundlage läßt sich daher die Zubilligung einer Minderwertentschädigung nicht rechtfertigen.