Landgericht Bonn, Urteil vom 05.05.1970 - 1 O 331/68
Aktenzeichen | 1 O 331/68 | Entscheidung | Urteil | Datum | 05.05.1970 |
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Gericht | Landgericht Bonn | Veröffentlichungen | Lieferung | N/A |
Leitsätze[Quelltext bearbeiten]
1. | Wird durch den Ausbau eines Gewässers im Rahmen einer Flurbereinigung ein Fischereirecht entwertet und wird hierfür keine Entschädigung im Flurbereinigungsplan festgesetzt, so ist ein Fall der Enteignung gegeben. |
2. | In einem solchen Fall ist nicht die enteignende Behörde, sondern die Teilnehmergemeinschaft entschädigungspflichtig. |
Aus den Gründen
Dem Kläger steht ein vor den ordentlichen Gerichten verfolgbarer Entschädigungsanspruch aus Enteignung gem. Art. 14 GG zu. Der Umstand, daß der Ausbau und die Regulierung der dem Fischereirecht des Klägers unterliegenden Bachläufe im Rahmen eines Flurbereinigungsverfahrens erfolgt ist, steht einer Beurteilung dieser Maßnahme als eines enteignenden Eingriffs nicht entgegen.
Es ist in Rechtsprechung und Lehre allgemein anerkannt, daß demjenigen, in dessen Rechte, sei es auch mit seiner Zustimmung, aus Anlaß einer Flurbereinigung ohne Zuerkennung eines Wertausgleichs eingegriffen wird, ein - eine Enteignung kennzeichnendes - Sonderopfer auferlegt wird.
Zwischen den Parteien ist unstreitig, daß der Kläger die seinem Fischereirecht unterliegenden Gewässerstrecken nach der Begradigung nicht mehr in dem Umfang wie zuvor als Laichplätze für seine Bachforellen nutzen kann. Unstreitig ist ferner, daß im Flurbereinigungsplan eine Entschädigung des Klägers für die aufgrund des Ausbaues der Bachläufe eingetretene Entwertung seines Fischereirechts nicht vorgesehen ist. Dieses Vermögensopfer entschädigungslos hinzunehmen, ist der Kläger, wie auch der Beklagte einräumt, nicht verpflichtet.
Stellt sich, wie im vorliegenden Fall, die hoheitliche Maßnahme rechtlich als Enteignung dar, so haben nach der zwingenden Vorschrift des Art. 14 Abs. 3 Satz 466 allein die ordentlichen Gerichte über die Höhe der Enteignungsentschädigung zu befinden. Die Ansicht des Beklagten, der Kläger hätte seine Entschädigungsansprüche vor den Flurbereinigungsgerichten geltend machen müssen, ist daher unzutreffend. Die Zuständigkeit der Flurbereinigungsgerichte wäre allenfalls dann gegeben, wenn die Flurbereinigungsbehörde überhaupt eine Regelung über die dem Kläger aufgrund seines Fischereirechts als Nebenbeteiligten i.S. von § 10 FlurbG gemäß § 59 FlurbG zustehende Entschädigung getroffen hätte. Für den Fall aber, daß die Flurbereinigungsbehörde - wie hier - in geschützte Rechtspositionen eines Nebenbeteiligten eingreift, ohne über Art und Umfang der zu gewährenden Entschädigung zu befinden, ist bei einem Streit über die Höhe der Abfindung der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten gegeben.
Die Klage ist demnach zulässig.
Sie ist aber nicht begründet. Der Beklagte ist nicht passiv legitimiert.
Entschädigungspflichtig ist nicht die enteignende Behörde, sondern der durch die Enteignung unmittelbar Begünstigte. Unmittelbar begünstigt aber ist allein die gemäß § 16 FlurbG eine Körperschaft des öffentlichen Rechts bildende Teilnehmergemeinschaft. Eine Entschädigungspflicht des Beklagten läßt sich entgegen der Ansicht des Klägers auch nicht aus dem Umstand herleiten, daß eine Flurbereinigung und die damit verbundene Verbesserung der Landschafts- und Bodenstruktur mittelbar auch der Allgemeinheit zugute kommt. Denn wäre neben dem unmittelbar Begünstigten auch der nur mittelbar Begünstigte zur Zahlung einer Entschädigung verpflichtet, so würde der Enteignete eine Geldabfindung immer auch vom Staat verlangen können. Diese Möglichkeit aber soll dem Enteigneten gerade genommen sein.