Flurbereinigungsgericht München, Beschluss vom 25.11.1980 - 13AE 80 A.1167
Aktenzeichen | 13AE 80 A.1167 | Entscheidung | Beschluss | Datum | 25.11.1980 |
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Gericht | Flurbereinigungsgericht München | Veröffentlichungen | Lieferung | N/A |
Leitsätze[Quelltext bearbeiten]
1. | Unter neuen Grundstücken im Sinne des § 65 FlurbG sind auch solche zu verstehen, deren Grenzen sich nicht verändert haben. |
2. | Das Flurbereinigungsrecht kennt keine Abwehransprüche einzelner Beteiligter gegenüber privaten Dritten. |
3. | Zur Verfolgung einer Besitzstörung nach Flurbereinigungsrecht oder Zivilrecht. |
Aus den Gründen
Der Antrag beurteilt sich nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -; er ist nicht begründet.
Der Senat hält seine sachliche Zuständigkeit für gegeben (§ 40 Absatz 1 Satz 1 VwGO, § 140 des Flurbereinigungsgesetzes - FlurbG -). Der zur Entscheidung gestellte Antrag stellt sich als unmittelbare Folge der aus Anlaß der durch den Flurbereinigungsplan gesetzten neuen Grundstücksordnung und der darauf fußenden Besitzeinweisung dar, der nach den flurbereinigungsrechtlichen und damit öffentlich-rechtlichen Vorschriften zu beurteilen ist (Kopp, VwGO Anmerkung 6 zu § 40). Der durch den Antrag verfolgte Rechtsschutz zielt darauf ab, daß der im Verwaltungsstreitverfahren Nr. 13A 80 A.898 geltend gemachte Anspruch aus dem Flurbereinigungsrecht, den Flurstücken 126/1 und 1854 eine andere Gestaltung zu geben, nicht durch Maßnahmen der Antragsgegner gefährdet werde. Er gründet allein im öffentlichen Recht.
Dieser Rechtscharakter kommt - bei näherer Prüfung - auch dem ergänzenden Vortrag zu, daß die Antragsgegner das der Antragstellerin zu 2 zugewiesene Flurstück 1854 im Bereich der nördlichen Grenze mit der Schnur überspannt hätten und hieraus der Gefährdungstatbestand zu folgern sei. Schon der Antragsbegründung ist zu entnehmen, daß Antragsteller und Antragsgegner über den Grenzverlauf der Nordgrenze des neuen Grundstücks 1854 offensichtlich verschiedener Meinung sind. Die Antragsteller gestehen den Antragsgegnern zu, daß diese auf Grund der vorhandenen Grenzsteine die Schnur gespannt hätten, der Fehler indes darin bestünde, daß die Schnur nicht nach dem nördlichen Grenzstein an der Nordwestseite ausgerichtet sei; zugleich räumen sie aber ein, daß dieser Stein nicht mehr auffindbar sei. Nun ist gerade Voraussetzung der Besitzeinweisung nach § 65 FlurbG, daß die Grenzen der neuen Grundstücke in die Örtlichkeit übertragen worden sind, wobei unter neuen Grundstücken auch solche zu verstehen sind, deren Grenzen sich nicht verändert haben. Damit sind für den Grenzverlauf nicht mehr die alten Grenzsteine, sondern die neuen Grenzzeichen maßgebend. Da auch die Antragsgegner behaupten, daß die Schnur der neuen Grenze folge, sie sogar ein Bediensteter der Flurbereinigungsbehörde gespannt habe, drängt sich unabweisbar die Vermutung auf, daß insoweit der Verlauf der neuen Grenze den Antragstellern nicht bekannt sei und der Gefährdungstatbestand hiervon abgeleitet werde. Abgesehen davon, daß bei dieser Sachlage an die Glaubhaftmachung einer Grenzverletzung höhere Anforderungen zu stellen wären, wird das Antragsverfahren wegen der Überspannung von 1854 von der Frage geprägt, wie die neue Grenze verlaufe. Der Streit über den Grenzverlauf ist indes auf das Rechtsverhältnis zurückzuführen, auf dem die neue Grenzziehung und die sich hieraus ergebenden Besitzrechte beruht. Das ist die Besitzeinweisung nach § 65 FlurbG. Diese ist aber im öffentlichen Recht begründet (vergleiche Bundesverwaltungsgericht Urteil vom 30.10.1979 in Recht der Landwirtschaft - RdL - 1980 Seite 100 ff. (102)).
Bei dem zur Entscheidung gestellten Antrag und dem ihm zugrunde liegenden Sachverhalt handelt es sich demnach um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit nicht verfassungsrechtlicher Art im Sinne des § 40 Absatz 1 Satz 1 VwGO, über die zu befinden das Flurbereinigungsgericht nach § 140 FlurbG berufen ist. Der nur hilfsweise gestellte Verweisungsantrag kommt damit nicht zum Tragen.
Der Antrag muß jedoch erfolglos bleiben, weil die für den Rechtsstreit maßgebenden flurbereinigungsrechtlichen Vorschriften Ansprüche gegenüber Dritten nicht begründen. Die Antragsteller leiten ihre Ansprüche und ihr Schutzbegehren von Rechtsverhältnissen ab, die zwischen der Flurbereinigungsbehörde und ihnen durch den Flurbereinigungsplan und der Besitzeinweisung begründet sind; diese Rechtsbeziehungen bestehen nicht zwischen den Teilnehmern, insbesondere nicht zwischen den Antragstellern und den Antragsgegnern.
Das System des flurbereinigungsrechtlichen Rechtsschutzes trägt dem voll Rechnung. Auf das konkrete Antragsverfahren und dem ihm zugrunde liegenden Sachverhalt bezogen ergibt sich folgender Rechtsstand: § 34 FlurbG regelt die Voraussetzungen für die Errichtungen von Einfriedungen und - falls sie nicht beachtet werden- ihre Rechtsfolgen im Hinblick auf das Flurbereinigungsverfahren. Daraus allein folgt schon, daß die Befürchtung der Antragsteller grundlos ist, durch die Zaunerrichtung können ihrem sachlichen Begehren auf Planänderung durch Handlungen eines Dritten Hindernisse entgegen stehen, die im Planstreit beachtlich wären. Besteht auch Streit über den tatsächlichen Grenzverlauf als Folge der vorläufigen Besitzeinweisung, so ist der Anspruch auf plangemäße Übertragung der neuen Grenzen wiederum nur an die Behörde zu richten, die diese Grenzen festgelegt hat und nicht gegenüber den störenden Dritten. Mißachtet der Dritte die durch die Besitzeinweisung eintretenden Folgen, wird dem Rechtsschutzbelangen des Betroffenen durch Regelungen nach § 137, § 51 FlurbG entsprochen, nach denen die Flurbereinigungsbehörde mit Zwangsmitteln nicht nur ihre Festsetzungen gegen den Störer durchsetzen kann, sondern auch die Folgen dieser Störung im Rahmen des Flurbereinigungsverfahrens beseitigt (hierzu Bundesverwaltungsgericht a.a.O.).
Aus alldem folgt, daß auf Grund der anzuwendenden öffentlich-rechtlichen Bestimmungen des Flurbereinigungsrechts den Antragstellern gegen die Antragsgegner keine Abwehransprüche gegeben sind, die ihr Antragsverlangen rechtfertigen. Ihr Antrag ist demnach mit der Kostenfolge aus § 154 Absatz 1 VwGO, § 147 Absatz 1 FlurbG abzuweisen. Die Bemessung des Streitwertes folgt § 113 des Gerichtskostengesetzes.
Zur Klarstellung sei noch auf folgendes hingewiesen: Im Falle einer Besitzstörung des durch eine vorläufige Besitzeinweisung geregelten Besitzes kann neben den aufgeführten flurbereinigungsrechtlichen Bestimmungen der § 137, § 51 FlurbG über Maßnahmen der Flurbereinigungsbehörde auch der zivilrechtliche Anspruch des § 861 Bürgerliches Gesetzbuch vor dem Zivilgericht verfolgt werden. Maßgebend ist hierfür allein der geltend gemachte Anspruchsgrund.