Flurbereinigungsgericht Lüneburg, Beschluss vom 25.03.1960 - F 3/60 = OVGE 14-430= RdL 1960 S. 248
Aktenzeichen | F 3/60 | Entscheidung | Beschluss | Datum | 25.03.1960 |
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Gericht | Flurbereinigungsgericht Lüneburg | Veröffentlichungen | = OVGE 14-430 = RdL 1960 S. 248 | Lieferung | N/A |
Leitsätze[Quelltext bearbeiten]
1. | Eine vorläufige Besitzeinweisung kann angeordnet werden, wenn die Nachweise für Fläche und Wert der neuen Grundstücke und das Verhältnis der Abfindung zu dem von jedem Beteiligten Eingebrachten insoweit "endgültig" vorliegen und feststehen, daß sie als Bestandteil des Flurbereinigungsplans verwertbar sind. Dagegen ist nicht Voraussetzung, daß diese Nachweise und Verhältnisse unanfechtbar geworden sind. |
2. | Zum öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung der vorläufigen Besitzeinweisung. |
Aus den Gründen
Nach § 65 Abs. 1 FlurbG können die Beteiligten in den Besitz der neuen Grundstücke vorläufig eingewiesen werden, wenn deren Grenzen in die Örtlichkeit übertragen worden sind und endgültige Nachweise für Fläche und Wert der neuen Grundstücke vorliegen sowie das Verhältnis der Abfindung zu dem von jedem Beteiligten Eingebrachten feststeht. Die Anordnung der vorläufigen Besitzeinweisung ist ein Verwaltungsakt (vgl. die Beschlüsse des BVerwG vom 24.1.1959 - I B 167.58 - und vom 4.3.1959 - I CB 143.58 - (nicht veröffentlicht), der als solcher auch der Vollziehung nach § 51 Abs. 1 VO.Nr. 165 fähig ist. Die von der Antragstellerin begehrte Aussetzung der Vollziehung wäre mangels eines öffentlichen Interesses geboten, wenn die Rechtsverfolgung der Antragstellerin gegen die vorläufige Besitzeinweisung offensichtlich begründet erschiene (vgl. Klinger, Verwaltungsgerichtsbarkeit in der brit. Zone 2. 2. Aufl. Bem. B 2 zu § 51). Das ist indessen nicht der Fall. Die Antragstellerin meint zwar, daß die Voraussetzungen für die Anordnung der vorläufigen Besitzeinweisung bezüglich ihres Besitzstandes nicht vorlägen, da über ihre Schätzungsbeschwerde noch nicht entschieden sei. Diese Auffassung findet jedoch in den Vorschriften des § 65 Abs. 1 FlurbG keine Grundlage. Voraussetzung ist danach nur, daß auf Grund der Arbeiten für die Aufstellung des Flurb.Planes die Nachweise für Fläche und Wert der neuen Grundstücke hergestellt sind und daß das Verhältnis der Abfindung zu dem von jedem Beteiligten Eingebrachten feststeht. Diese Unterlagen müssen insoweit "endgültig" vorliegen und feststehen, daß sie als Bestandteil des den Beteiligten vorzulegenden Flurb.Planes verwertbar sind. Dagegen ist nicht Voraussetzung, daß die Nachweise und Verhältnisse unanfechtbar geworden sind. Das ergibt sich schon daraus, daß sie u.U. noch als Teil des Flurb.Planes im Planbeschwerdeverfahren nachzuprüfen sind. Bei der Entscheidung über die Beschwerde der Antragstellerin gegen die vorläufige Besitzeinweisung wird daher im wesentlichen nur zu prüfen sein, ob der Antragsgegner das ihm eingeräumte Ermessen fehlerfrei gehandhabt hat (vgl. den Beschl. des VerwG vom 24.1.1959 - I B 167.58 -). Da insoweit aber weder die Rechtsverfolgung der Antragstellerin noch die Rechtsverteidigung des Kulturamts ohne weiteres als unzulässig oder unbegründet erscheinen, hängt die Entscheidung von einer Abwägung des öffentlichen Interesses an der sofortigen Vollziehung der vorläufigen Besitzeinweisung und des privaten Interesses der Antragstellerin an der Aussetzung der Vollziehung ab. (vgl. Klinger aaO). Der Entscheidung über die Beschwerde und eine etwa nachfolgende Klage der Antragstellerin wird dadurch nicht vorgegriffen, zumal dafür u.U. noch nähere Feststellungen erforderlich sind, die im vorliegenden Aussetzungsverfahren nicht getroffen werden können.
Die Flurbereinigung ist eine vom Bund und von den Ländern geförderte Maßnahme zur Verbesserung der Ertragsbedingungen in der Landwirtschaft. Durch die vorläufige Besitzeinweisung nach den § 65 ff. FlurbG soll erreicht werden, daß die Beteiligten möglichst früh in den Besitz und die Nutzung der neuen Pläne und damit in den Genuß der von der Flurbereinigung zu erwartenden Vorteile gelangen. Durch ihre Anordnung wird für die Beteiligten wertvolle Zeit gewonnen. Ihnen wird die bestehende Ungewißheit über den Eintritt des neuen Zustandes genommen und gleichzeitig die Möglichkeit gegeben, die entstehenden Übergangsschwierigkeiten durch die Umstellung ihres Betriebes, durch die Vornahme notwendiger Planinstandsetzungsarbeiten usw. ohne längere Wartezeit in Angriff zu nehmen. Die frühzeitige Besitzerlangung an den neuen Grundstücken ist um so wertvoller, als die Vorteile eines Flurbereinigungsverfahrens (aus der Zusammenlegung, aus der Verbesserung des Wege- und Gewässernetzes usw.) erst allmählich eintreten und sich wegen der häufig notwendig werdenden Betriebsumstellungen nicht sofort auswirken können.
Es wird ferner vermieden, daß die Verfahrensflächen infolge der bestehenden Unsicherheit über die Neuregelung in ihrem Kulturzustand vernachlässigt werden und den Planempfängern dadurch zusätzliche Pflegearbeiten entstehen. Weiter ist zu berücksichtigen, daß die alten Grundstücke infolge des vorzeitigen Ausbaues der neuen Wege und Gräben häufig gar nicht mehr in der bisherigen Weise bewirtschaftet werden können und daß den Beteiligten dadurch unnötige Ertragsausfälle entstehen.