Flurbereinigungsgericht Kassel, Vorbescheid vom 31.10.1973 - III F 17/73

Aktenzeichen III F 17/73 Entscheidung Vorbescheid Datum 31.10.1973
Gericht Flurbereinigungsgericht Kassel Veröffentlichungen Lieferung N/A

Leitsätze[Quelltext bearbeiten]

1. Eine vorläufige Besitzeinweisung setzt nicht die Feststellung der Ergebnisse der Schätzung voraus.

Aus den Gründen

Die in § 65 FlurbG bestimmten Voraussetzungen für die Anordnung der vorläufigen Besitzeinweisung liegen im Verfahren W. vor. Daß die Grenzen der neuen Grundstücke in die Örtlichkeit übertragen worden sind und die neue Feldeinteilung den Beteiligten bekanntgegeben bzw. an Ort und Stelle erläutert worden ist, wird von dem Kläger selbst nicht bestritten. Ebensowenig will der Kläger bestreiten, daß Nachweise für Fläche und Wert der neuen Grundstücke vorliegen. Er bestreitet aber, daß das Verhältnis der Abfindung zu dem von jedem Beteiligten Eingebrachten feststeht und damit zugleich, daß die eben genannten Nachweise endgültig seien. Nun hätten zwar u.U. im Zeitpunkt des Erlasses der Ausführungsanordnung Bedenken bestehen können, ob dies tatsächlich der Fall war, weil - entgegen der Logik des Verfahrensablaufes in einem Flurbereinigungsverfahren - die Feststellung der Schätzung nach der vorläufigen Besitzeinweisung erfolgte. Indes ist spätestens mit der am 2.3.1973 bekanntgemachten Schätzungsfeststellung dieser Mangel geheilt. Der Kläger geht fehl in der Annahme, daß erst eine mangels Beschwerden oder nach rechtskräftiger Entscheidung über Beschwerden unanfechtbar gewordene Schätzung den Weg für eine vorläufige Besitzeinweisung freigebe. Mit der in § 65 FlurbG aufgestellten Forderung nach endgültigen Nachweisen und nach Feststehen des Verhältnisses von Eingebrachten zu Abfindung eines jeden Beteiligten ist nichts anderes gemeint, als daß die Behörde selbst sich in einer für den Beteiligten erkennbaren Weise entschieden haben muß, wie sie die Feldmark neu einteilt und wie sie das Verhältnis von Altbesitz und Abfindung bewertet. § 65 FlurbG will nämlich - indem er die Möglichkeit der vorläufigen Besitzeinweisung einräumt - eine schnelle Verwirklichung der Förderung von land- und forstwirtschaftlicher Produktion dienenden Grundstücksneuordnung erreichen. Um aber andererseits dem einzelnen Verwaltungsbetroffenen wegen Unklarheit über die behördlichen Entscheidungskriterien in einem derart vorläufigen Verfahrensstand nicht die Geltendmachung gegenüber jeglichen gesetzlichen Ansprüchen bis hin zum Grundrecht am Eigentum aus Artikel 14 GG völlig unmöglich zu machen, muß die Behörde, die eine vorläufige Besitzeinweisung anordnen will, ihre Entscheidung über die Neugestaltung insgesamt und bezüglich des einzelnen Teilnehmers wegen der ihm zustehenden Grundstücke treffen und erkennbar machen. Ist das geschehen, dann kann in einem jeden Einzelfall der Betroffene entscheiden, ob der ihm zugewiesene Besitz an neuen Grundstücken auch für den Zeitraum bis zum Eintritt des neuen Rechtszustandes zumutbar ist oder ob er aus diesem Grunde gegen die vorläufige Besitzeinweisung angehen will.

Wollte man die Begriffe "feststehen" und "endgültig" in § 65 FlurbG so interpretieren, wie dies der Kläger tut, würde der vom Gesetzgeber in dem FlurbG verankerte Grundsatz möglichst zügiger Verwirklichung der in § 1, § 37 FlurbG erwähnten Fördermaßnahmen durch einen gedrängten Verfahrensablauf unberücksichtigt bleiben.