Flurbereinigungsgericht Koblenz, Urteil vom 19.02.2003 - 9 C 11144/02.OVG = AUR 2003 S. 263= NUR 2004 S. 318 (Lieferung 2005)
Aktenzeichen | 9 C 11144/02.OVG | Entscheidung | Urteil | Datum | 19.02.2003 |
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Gericht | Flurbereinigungsgericht Koblenz | Veröffentlichungen | = AUR 2003 S. 263 = NUR 2004 S. 318 | Lieferung | 2005 |
Leitsätze[Quelltext bearbeiten]
1. | Aus einem längeren Aufschub der Ausführung des Flurbereinigungsplanes können wegen der Behinderung des Grundstücksverkehrs auch dann erhebliche Nachteile erwachsen, wenn die neuen Grundstücke aufgrund einer vorläufigen Besitzeinweisung bereits bewirtschaftet werden. |
2. | Durch die vorzeitige Ausführungsanordnung wird in der Regel die Schaffung vollendeter Tatsachen nicht ermöglicht, die eine Durchsetzung von Ansprüchen auf Änderung des Flurbereinigungsplanes erschweren könnten. |
Aus den Gründen
Nach § 63 Abs. 1 FlurbG kann die Ausführung des Flurbereinigungsplanes bereits vor seiner Unanfechtbarkeit angeordnet werden, wenn die Flurbereinigungsbehörde verbliebene Widersprüche gemäß § 60 Abs. 2 FlurbG der oberen Flurbereinigungsbehörde vorgelegt hat und aus einem längeren Aufschub der Ausführung voraussichtlich erhebliche Nachteile erwachsen würden. Diese gesetzlichen Voraussetzungen liegen vor.
Unstreitig hat die Flurbereinigungsbehörde die verbliebenen Widersprüche gemäß § 60 Abs. 2, § 141 Abs. 1 FlurbG der oberen Flurbereinigungsbehörde, nämlich der für die Entscheidung darüber nach § 141 Abs. 2 FlurbG, 1 Abs. 1 Satz 1, 7 Abs. 1 AGFlurbG berufenen Spruchstelle für Flurbereinigung vorgelegt.
Aus einem längeren Aufschub der Ausführung wären auch voraussichtlich erhebliche Nachteile erwachsen. Zum Zeitpunkt des Erlasses der vorzeitigen Ausführungsanordnung vom 28. Juli 2000 war nicht abzusehen, wann der Flurbereinigungsplan unanfechtbar werden würde, es musste vielmehr damit gerechnet werden, dass dies bei Ausschöpfung des Rechtsweges mehrere Jahre dauern könnte. Eine derartige Verzögerung des Eintritts des neuen Rechtszustandes führt jedoch voraussichtlich zu erheblichen Nachteilen. Zwar war hier die Bewirtschaftung der im Flurbereinigungsverfahren gebildeten neuen Grundstücke auch ohne vorzeitige Ausführungsanordnung möglich, denn der Besitz an den neuen Grundstücken war bereits aufgrund der vorläufigen Besitzeinweisung vom 1. Dezember 1997 zu den in den Überleitungsbestimmungen festgelegten Zeitpunkten auf die im Flurbereinigungsplan bezeichneten neuen Eigentümer übergegangen (§ 66 FlurbG). Die Verfügung über das Eigentum an den neuen Grundstücken war jedoch erschwert. Denn im gesamten Flurbereinigungsgebiet, das 1.723 ha umfasst, tritt bis zur Unanfechtbarkeit des Flurbereinigungsplanes der neue Rechtszustand nicht ein. Das bedeutet, dass die Teilnehmer bis dahin noch Eigentümer der alten Grundstücke bleiben, die vielfach in der Örtlichkeit gar nicht mehr erkennbar sind.
Eine Verfügung über diese alten Grundstücke, etwa die Eigentumsübertragung oder die Belastung mit Grundpfandrechten, ist zwar noch möglich und hat zur Folge, dass der Erwerber dann bei dem Eintritt des neuen Rechtszustandes das Eigentum oder die ihm bestellten dinglichen Rechte an den dafür ausgewiesenen neuen Grundstücken erwirbt (§ 68 FlurbG). Diese Möglichkeit ist aber unzweckmäßig, weil eine eindeutige Feststellung, welche neuen Grundstücke an die Stelle bestimmter alter Grundstücke treten, umso schwieriger ist, je größer der Zusammenlegungserfolg ist. Selbst wenn die Flurbereinigungsbehörde gemäß § 68 Abs. 2 FlurbG eine Bestimmung vornehmen kann, kommt es leicht zu Konflikten zwischen den Vertragspartnern. Die somit bis zum Eintritt des neuen Rechtszustandes bestehende Behinderung des Grundstücksverkehrs ist deshalb besonders schwerwiegend, weil in der Regel die Beteiligten in Kenntnis der neuen Grundstücke ein besonderes Bedürfnis haben, darüber zu verfügen. Es besteht geradezu ein Verfügungsstau, weil bis zur Bekanntgabe des Flurbereinigungsplanes eine weitgehende Ungewissheit über dessen Inhalt besteht, die je nach Art der eingelegten Widersprüche noch anhält, bis die Flurbereinigungsbehörde über die Abhilfe entschieden hat. Wenn die verbliebenen Widersprüche an die Spruchstelle für Flurbereinigung abgegeben worden sind, ist dagegen in der Regel zu überblicken, in welchen Teilbereichen des Flurbereinigungsgebietes noch mit Änderungen gerechnet werden kann. Nach Erlass der vorläufigen Ausführungsanordnung und der Grundbuchberichtigung (§ 79 FlurbG) kann über die neuen Grundstücke problemlos verfügt werden, so dass keine Behinderung des Grundstücksverkehrs mehr besteht....
Lediglich schwerwiegende Bedenken gegen die Wertermittlung und die Abfindung, die einschneidende Auswirkungen auf den Flurbereinigungsplan befürchten lassen, können die Rechtmäßigkeit der vorläufigen Anordnung in Frage stellen (BVerwG, Beschluss vom 21. März 1978 - 5 CB 60.75 - in RzF - 11 - zu § 63 Abs. 1 FlurbG). Denn die Durchsetzung von Ansprüchen auf Änderung des Flurbereinigungsplanes wird durch die vorzeitige Ausführungsanordnung nicht erschwert, weil diese nicht dazu führt, dass vollendete Tatsachen geschaffen werden. Sie beendet nicht die durch die Einschränkungen nach § 34 FlurbG bewirkte Veränderungssperre, vielmehr gelten diese Einschränkungen bis zur Unanfechtbarkeit des Flurbereinigungsplanes weiter.