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von Anonymer Benutzer

RzF - 22 - zu § 60 Abs. 1 FlurbG

Flurbereinigungsgericht München, Urteil vom 21.01.1999 - 13 A 98.300

Aktenzeichen 13 A 98.300 Entscheidung Urteil Datum 21.01.1999
Gericht Flurbereinigungsgericht München Veröffentlichungen Lieferung N/A

Leitsätze[Quelltext bearbeiten]

1. Die Befugnis der Behörde zur Änderung des Flurbereinigungsplanes nach § 60 Abs. 1 Satz 1 FlurbG setzt voraus, daß der Widerspruch, der die Änderung auslöst, zulässig und begründet ist.
2. § 134 Abs. 2 Satz 2 FlurbG fordert ein "unverzügliches" Tätigwerden und gewährt damit im Regelfall für das Nachholen der Erklärung eine kürzere als die in § 60 Abs. 2 Satz 1 VwGO festgelegte 2-Wochen-Frist.

Aus den Gründen

Die Voraussetzungen einer Änderung sind indes normativ geregelt; nur in dem gesetzlich festgesetzten Rahmen (vgl. § 60 Abs. 1, § 64, § 141, § 144 FlurbG) darf in die Abfindung eines Teilnehmers eingegriffen werden. Der von der Planänderung Betroffene kann - abgesehen von der, hier aber nicht gegebenen, Änderung nach § 60 Abs. 1 Satz 2 FlurbG (BVerwG vom 19.9.1989 RdL 1990, 44) - demgemäß die gerichtliche Überprüfung verlangen, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für die Änderung vorlagen, von der sein Besitzstand betroffen wird.

Dem Spruchausschuß als der für die Entscheidung über Widersprüche gegen den Flurbereinigungsplan zuständigen Stelle (§ 141 Abs. 2 FlurbG; Art. 21 Abs. 1 des Gesetzes zur Ausführung des Flurbereinigungsgesetzes - AGFlurbG - ) steht die Befugnis zur Planänderung nur insoweit zu, als der die Änderung auslösende Widerspruch zulässig und begründet ist. Deshalb umfaßt das Rügerecht des von der Änderung betroffenen Dritten (des Klägers) auch die Frage, ob der Spruchausschuß den auslösenden Widerspruch (des Beigeladenen Sch.) zu Recht als zulässig und begründet angesehen hat. Diese von der Rechtsprechung herausgestellte, auf § 141 Abs. 2 Satz 1 FlurbG a.F. gestützte Beschränkung der Änderungsbefugnis der Widerspruchsbehörde entsprechend der Befugnis der Teilnehmergemeinschaft nach § 60 Abs. 1 Satz 1 FlurbG (BVerwG vom 8.11.1973, BayVBl 1975, 49; BayVGH vom 15.10.1976 RdL 1977, 209) blieb auch angesichts des geänderten Wortlautes in § 141 FlurbG (i.d.F.d. Bekanntmachung vom 16.3.1976, BGBl I S. 546) unverändert. Die Gesetzesänderung erbrachte insoweit keine substantielle Veränderung (BayVGH vom 15.12.1983 Nrn. 13 A 81. A. 2523, 13 A 81. A. 2576 und ständige Rechtsprechung des Senats).

Die "Muß-Zulassung" des § 134 Abs. 2 Satz 2 FlurbG - vergleichbar mit der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 60 i.V.m. § 70 Abs. 2 VwGO und § 32 des Verwaltungsverfahrensgesetzes - hat bei Vorliegen der Voraussetzungen lediglich feststellenden Charakter. Die Erklärung gilt als von Anfang an fristgerecht abgegeben (BVerwG vom 24.2.1959 RdL 1959, 221/223). Das Instrument der nachträglichen Zulassung beruht auf einer Abwägung der Erfordernisse der Rechtssicherheit gegen die Forderungen materieller Gerechtigkeit (BVerfGE 35, 48). Rechtsstaatliche Erfordernisse gebieten es grundsätzlich, daß Verwaltungsakte und gerichtliche Entscheidungen binnen angemessener Frist unanfechtbar werden (BVerfGE 60, 289). Diese Regel erleidet im Interesse des Schutzes des Betroffenen aber in den Fällen eine Ausnahme, in denen der Rechtsverlust dem Betroffenen nicht zumutbar wäre, weil er trotz der gebotenen Sorgfalt keine Möglichkeit besaß, die gegebene Rechtsmittelfrist einzuhalten. Jedoch verlangen wiederum Gründe der Rechtssicherheit eine kurze Frist für die Nachholung der versäumten Rechtshandlung. So fordert § 60 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Satz 3 VwGO, daß der Antrag auf Wiedereinsetzung binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses gestellt und in dieser Frist die nachzuholende rechtliche Erklärung abgegeben wird. Daß das Flurbereinigungsgesetz keine bestimmte Frist vorgibt, sondern dem Teilnehmer ein "unverzügliches" Tätigwerden abverlangt, rechtfertigt es im allgemeinen nicht, eine über den genannten Zeitraum hinausgehende Frist einzuräumen. Nach Auffassung des Senats entspricht es einer weiteren Aktualisierung des das Flurbereinigungsverfahren prägenden Beschleunigungsgrundsatzes (BVerwG vom 3.11.1988 RdL 1989, 70 und vom 10.8.1961 RdL 1961, 324; ständige Rechtsprechung), wenn das Flurbereinigungsgesetz die Frist zur Nachholung der versäumten Erklärung nicht an die kalendarische Fristbestimmung des § 60 VwGO anbindet, sondern ein umgehendes Reagieren verlangt und damit im Einzelfall eher eine kürzere denn eine längere Frist einräumt. Anderenfalls führte die Regelung des § 60 VwGO zu einem "beschleunigteren" Ablauf als die der Beschleunigung dienende Vorschrift des § 134 Abs. 2 Satz 2 FlurbG (vgl. BayVGH vom 3.2.1983 RdL 1983, 212). Dafür spricht zusätzlich, daß der Gesetzgeber mit dem Änderungsgesetz vom 23. August 1994 (BGBl I S. 2187) zwar in § 141 Abs. 2 FlurbG den Satz 2 und in § 142 FlurbG den Absatz 1 gestrichen, aber § 59 Abs. 2 und 5 FlurbG unverändert belassen hat. Damit wurden für Widersprüche nach § 141 Abs. 1 FlurbG und für Klagen die Monatsfristen der Verwaltungsgerichtsordnung (§§ 70, 74 VwGO) eingeführt; für Widersprüche gegen den Flurbereinigungsplan verblieb es aber bei der 2-Wochenfrist (vgl. § 15 Abs. 2 AGFlurbG). Wollte man für das Nachholen der Erklärung (§ 134 Abs. 2 Satz 2 FlurbG) eine großzügigere Frist zulassen, würde dem Betroffenen bei Fristversäumung eine längere Rechtsmittelfrist eingeräumt, als sie ihm ohne Fristversäumnis zur Verfügung stünde.