Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 24.11.2005 - 1 C 10760/05.OVG (Lieferung 2007)

Aktenzeichen 1 C 10760/05.OVG Entscheidung Urteil Datum 24.11.2005
Gericht Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz Veröffentlichungen Lieferung 2007

Leitsätze[Quelltext bearbeiten]

1. Ein Gebiet, in dem eine Flurbereinigung stattgefunden hat, ist weder einer Überplanung durch einen Bebauungsplan entzogen noch darf das Gebiet nur mit Zustimmung der Gemeindeaufsichtsbehörde gemäß § 58 Abs. 4 Satz 1 FlurbG überplant werden.
2. Der Flurbereinigungsplan und § 58 Abs. 4 Satz 2 FlurbG bilden eine - allerdings überwindbare - Schranke für eine Überplanung durch einen Bebauungsplan nur dort, wo Flächen überplant werden, deren diesbezüglichen Festsetzungen  im Flurbereinigungsplan die Wirkungen von Gemeindesatzungen haben.

Aus den Gründen

Der Antrag <Anm. der Schriftleitung: Normenkontrollantrag> hat auch in der Sache selbst Erfolg, weil der zur Überprüfung gestellte Bebauungsplan an einem Rechtsmangel leidet, der gemäß § 47 Abs. 5 Satz 4 VwGO zu der gerichtlichen Feststellung seiner Unwirksamkeit führt.


Anhaltspunkte für eine Fehlerhaftigkeit des Bebauungsplanes in formeller Hinsicht bestehen nicht. Insbesondere sind Form- und Verfahrensfehler weder vorgetragen noch ersichtlich. Indessen weist der angegriffene Bauleitplan in materiell-rechtlicher Hinsicht einen Mangel auf.


Dieser Mangel liegt allerdings entgegen der Auffassung der Antragstellerinnen nicht darin, dass durch den streitigen Bebauungsplan, soweit er über den ursprünglichen Bebauungsplan hinaus neue Bauflächen festsetzt und dabei Flächen überplant, die auch Regelungsgegenstand des Flurbereinigungsplanes vom 10. Februar 1986 waren. Diesen Umstand hat der Stadtrat der Antragsgegnerin im Planaufstellungsverfahren gesehen und, wie noch darzustellen sein wird, durch die Einholung der Zustimmung der Kreisverwaltung ... gemäß § 58 Abs. 4 Satz 2 FlurbG berücksichtigt.


...


Wenn die Antragstellerinnen möglicherweise der Auffassung sein sollten, ein Gebiet, in dem eine Flurbereinigung stattgefunden habe, sei der Überplanung gleichsam entzogen oder dürfe allenfalls mit Zustimmung der Kreisverwaltung gemäß § 58 Abs. 4 Satz 2 FlurbG überplant werden, gehen sie fehl. Der Flurbereinigungsplan und die vorgenannte Vorschrift bilden eine - allerdings überwindbare - Schranke nur dort, wo Flächen überplant werden, deren diesbezügliche Festsetzungen im Flurbereinigungsplan die Wirkung von Gemeindesatzungen haben. Das gilt aber nicht für schlechthin jede Festsetzung im Flurbereinigungsplan, wie sich aus § 58 Abs. 4 Satz 1 FlurbG ergibt. Es muss sich vielmehr um Festsetzungen handeln, die im gemeinschaftlichen Interesse der Beteiligten oder im öffentlichen Interesse getroffen worden sind. Dazu zählt jedoch die Festsetzung einer Fläche als Weinbergsfläche ersichtlich nicht. Eine derartige Festsetzung kann auch nicht etwa mit dem Argument zu einer Festsetzung im gemeinschaftlichen Interesse oder im öffentlichen Interesse gleichsam hochgestuft werden, dass die Festsetzung maßgeblich für den Wertausgleich unter den Teilnehmern der Flurbereinigung war.


Festsetzungen mit Wirkung von Gemeindesatzungen waren hier, wie sich aus den Planaufstellungsunterlagen zweifelsfrei ergibt, lediglich die Festsetzungen bezüglich der Wirtschaftswege. Der Flurbereinigungsplan vom 10. Februar 1986, der sich in den Planaufstellungsunterlagen befindet, regelt nämlich in seinem § 14, welche Festsetzungen die Wirkungen von Gemeindesatzungen gemäß § 58 Abs. 4 FlurbG haben sollen. Dazu zählen weder die Festsetzungen von Weinbergsflächen noch etwa das Vogelschutzgehölz. Benannt werden vielmehr im Wesentlichen Festsetzungen des § 8 des Flurbereinigungsplanes, die sich mit den Wirtschaftswegen befassen. Diese werden allerdings durch die streitige Bauleitplanung tangiert.


Unter dem 12. November 2004 hat die Antragsgegnerin deshalb die erforderliche Zustimmung der Kommunalaufsichtsbehörde gemäß § 58 Abs. 4 FlurbG beantragt, die ihr seitens der Kreisverwaltung … mit Bescheid vom 12. April 2005 auch erteilt worden ist. Die Zustimmung ist unter Ziffer 1. zunächst erteilt worden zur Änderung der Wirtschaftswege zu öffentlichen Verkehrsflächen. Sie ist unter Ziffer 2. (dort S. 2) aber auch erteilt worden, soweit sie zur Änderung sonstiger Festsetzungen erforderlich sein sollte. In diesem Zusammenhang ist ausdrücklich auch die Parzelle Nr. 32 genannt worden, deren Überplanung die Antragstellerin zu 1) im Planaufstellungsverfahren beanstandet hatte. Zur Begründung ist in dem Bescheid ausgeführt, dass zwar nach den Festsetzungen des Flurbereinigungsplanes anzunehmen sei, dass es sich insoweit nicht um Festsetzungen nach § 58 Abs. 4 FlurbG handele. Wenn das aber gleichwohl doch der Fall sein sollte, so sei zu einer entsprechenden Änderung die Zustimmung der Aufsichtsbehörde zu erteilen.


Damit geht das Vorbringen der Antragstellerinnen ersichtlich ins Leere, hier sei die Antragsgegnerin durch den Flurbereinigungsplan aus dem Jahr 1986 gehindert gewesen, das bisherige Baugebiet durch die Ausweisung neuer Mischbauflächen - geringfügig - zu erweitern. Das Planungshindernis ist nämlich durch die Zustimmung der Kreisverwaltung ... beseitigt worden und das zudem umfassend selbst für den Fall, dass auch andere Festsetzungen des Flurbereinigungsplanes als die die Wirtschaftswege betreffenden den Charakter von Gemeindesatzungen haben sollten.