Flurbereinigungsgericht Münster, Urteil vom 04.12.1972 - IX G 42/70
Aktenzeichen | IX G 42/70 | Entscheidung | Urteil | Datum | 04.12.1972 |
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Gericht | Flurbereinigungsgericht Münster | Veröffentlichungen | Lieferung | N/A |
Leitsätze[Quelltext bearbeiten]
1. | Eine Mehrzuteilung gegen Geldausgleich stellt keinen Kauf im zivilrechtlichen Sinne dar. |
2. | Die Position eines Beteiligten, dessen Abfindung auf einer verbindlichen Zusage beruht, ist stärker als die ohne Zusage gewährte Abfindung. |
Aus den Gründen
Die Klägerin ist auch durch die Ausführungsanordnung am 30.7.1959 Eigentümerin des anschließend am 20.8.1959 in das Grundbuch vorzeitig eingetragenen Grundstücks geworden. Gleichwohl stellt dieser im Rahmen des Flurbereinigungsverfahrens durchgeführte Vorgang keinen käuflichen Erwerb der fraglichen Parzelle dar. Denn bei einem solchen Erwerb des Flurstücks 87/23 hätte es eines Kaufvertrages zwischen der Klägerin zu 1. und dem Kläger zu 2., der Eigentümer des fraglichen Grundstücks war, und der notariellen Beurkundung gemäß § 313 BGB bedurft, die unstreitig nicht erfolgt sind.
Erst durch einen den Formvorschriften dieser Vorschrift entsprechenden Erwerb des gesamten Hofes W. oder von Teilflächen dieses Hofes wäre die Klägerin zu 1. insoweit Teilnehmerin des Verfahrens geworden und hätte im Rahmen des Flurbereinigungsverfahrens gemäß § 44 FlurbG Landabfindung beanspruchen können und erhalten. Zu einem solchen Ankauf ist es jedoch nicht gekommen, ganz abgesehen davon, daß zu einem derartigen Kauf die Genehmigung der Landwirtschaftsbehörde erforderlich war, die, wie der sachverständige Zeuge T. ausdrücklich bestätigt hat, nicht erteilt worden wäre, weil ein Flurbereinigungsverfahren anhängig und der Teilnehmergemeinschaft bei dem Erwerb des Hofes der Vorzug zu geben war. Dieser Beurteilung durch den sachverständigen Zeugen, der selbst als Sachbearbeiter bei der Landwirtschaftskammer in Grundstückssachen tätig ist, schließt sich das erkennende Gericht an. Der Vortrag der Klägerin zu 1., sie hätte auf den Ankauf des Hofes W. nur deshalb verzichtet, weil ihr von der Flurbereinigungsbehörde die Zuteilung des Flurstücks 87/23 zugesagt worden sei, ist also nicht haltbar. Im übrigen hätte die Klägerin zu 1. dann nur Flächen des Hofes W. erwerben können, die für ihre Zwecke nicht geeignet waren und bei denen offen war, ob ein Austausch in die von der Klägerin begehrte Lage überhaupt möglich war.
Die im Rahmen des anhängigen Flurbereinigungsverfahrens H. insoweit durchgeführten Vorgänge stellen also keinen Kauf im zivilrechtlichen Sinne dar. Vielmehr war rechtlich gesehen die im Flurbereinigungsplan festgesetzte Ausweisung des Flurstückes 87/23 an die Klägerin eine Mehrzuteilung gegen Geldausgleich, wobei diese und die Höhe des Geldausgleichs auf der Zusage der Flurbereinigungsbehörde vom 3.10.1955 beruhten.
Erst wenn der gesamte Flurbereinigungsplan rechtskräftig ist, kann grundsätzlich nicht mehr in die einzelne Abfindung eingegriffen werden. Solange der Flurbereinigungsplan noch nicht allen Beteiligten gegenüber unanfechtbar geworden ist, steht jede Abfindung unter dem Vorbehalt möglicher Änderung. Zwar ist die Position eines Beteiligten, dessen Abfindung auf einer verbindlichen Zusage beruht, stärker als die ohne Zusage gewährte Abfindung. Jedoch kann auch in eine solche Abfindung eingegriffen und damit die einmal gewährte Zusage widerrufen werden, wenn durch eine Einhaltung der Zusage der gesetzliche Anspruch eines anderen Beteiligten auf wertgleiche Abfindung vereitelt würde. Dann wäre nämlich eine solche Zusage unverbindlich und rechtswidrig.