Oberlandesgericht Köln, Beschluss vom 06.11.1974 - 2 W Lw 8/74 = AgrarR 1975 S. 261

Aktenzeichen 2 W Lw 8/74 Entscheidung Beschluss Datum 06.11.1974
Gericht Oberlandesgericht Köln Veröffentlichungen AgrarR 1975 S. 261  Lieferung N/A

Leitsätze[Quelltext bearbeiten]

1. Das Erwerbsinteresse einer Teilnehmergemeinschaft in Genehmigungsverfahren nach dem Grundstücksverkehrsgesetz ist nicht deshalb unbeachtlich, weil die Flurbereinigungsbehörde im ersten Abschnitt des Flurbereinigungsverfahrens den Bedarf an landwirtschaftlichen Grundstücken noch nicht genau berechnen und insbesondere nicht angeben kann, wem die zu erwerbenden Grundstücke schließlich im Wege der Landabfindung zugeteilt werden.

Aus den Gründen

Nach der Rechtsprechung ist das Erwerbsinteresse von Teilnehmergemeinschaften der Flurbereinigung dem Interesse hauptberuflicher Landwirte gleichzusetzen (vgl. OLG Köln in RdL 1968, 291). Der Grund liegt in der besonderen Aufgabe der Flurbereinigung, durch Zusammenlegung zersplitterten Grundbesitzes und andere agrarstrukturelle Maßnahmen die Grundlage der landwirtschaftlichen Betriebe zu verbessern (§ 1, § 37 FlurbG). Diese Aufgabe kann nur erfüllt werden, wenn den Teilnehmergemeinschaften der Flurbereinigung für die Landabfindung der hauptberuflichen Landwirte in ausreichender Zahl und Größe landwirtschaftliche Grundstücke zur Verfügung stehen. Im vorliegenden Falle ist nach den schriftlichen Stellungnahmen des Amtes für Agrarordnung und der Bekundung des vom Amtsgericht vernommenen Zeugen davon auszugehen, daß die verkauften Parzellen im Bereich der bereits eingeleiteten Flurbereinigung L. liegen und die dortige Teilnehmergemeinschaft an einem Erwerb der Parzellen zu einem angemessenen Preis sehr interessiert ist. Diesem Erwerbsinteresse fehlt es nicht deshalb an der nötigen Bestimmtheit, weil die Flurbereinigungsbehörde den Bedarf an landwirtschaftlichen Grundstücken noch nicht genau berechnen und insbesondere nicht angeben kann, wem die Parzellen schließlich im Wege der Landabfindung zugeteilt werden. Es hängt mit der Eigenart des Flurbereinigungsverfahrens zusammen, daß in dessen erstem Abschnitt, also bis zur Rechtskraft des Flurbereinigungsplanes (§ 56 bis § 60 FlurbG), keine genauen Angaben über die Verwendung der angekauften Grundstücke möglich sind. Das ändert aber nichts an der Tatsache, daß das Flurbereinigungsverfahren als solches, und zwar von vornherein, eine konkrete Maßnahme zur Verbesserung der Agrarstruktur darstellt. Das Erwerbsinteresse einer Teilnehmergemeinschaft der Flurbereinigung ist daher in der Frage der Bestimmtheit anders zu beurteilen als das Erwerbsinteresse eines gemeinnützigen Siedlungsunternehmens, das die Beteiligten unter Bezugnahme auf eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Frankfurt (vgl. DNotZ 1970, 293) zum Vergleich herangezogen haben. Gegenüber dem Erwerbsinteresse der Teilnehmergemeinschaft muß das Erwerbsinteresse der Beteiligten zu 1) zurücktreten, weil die Veräußerung der Parzellen an die Beteiligte zu 1) den Interessen des in der Gemarkung L. zur Zeit laufenden Flurbereinigungsverfahrens und damit einer Maßnahme zur Verbesserung der Agrarstruktur widerspricht (§ 9 Abs. 2 GrdstVG).