Flurbereinigungsgericht München, Urteil vom 14.02.1979 - 162 XIII 77
Aktenzeichen | 162 XIII 77 | Entscheidung | Urteil | Datum | 14.02.1979 |
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Gericht | Flurbereinigungsgericht München | Veröffentlichungen | Lieferung | N/A |
Leitsätze[Quelltext bearbeiten]
1. | Erfolgt statt eines sonst üblichen Besitzeinweisungstermins zum Ende des Wirtschaftsjahres die Besitzeinweisung im Frühjahr und führen betriebliche Engpässe in den Bestellungsarbeiten hierdurch zu Mindererträgen, so sind diese nach § 51 Abs. 1 FlurbG ausgleichspflichtig. |
Aus den Gründen
Die Kläger wurden durch die Anordnung der Flurbereinigungsdirektion L. vom 19.3.1976, die am 24.3.1976 öffentlich bekanntgegeben wurde, vorläufig in den Besitz der neuen Grundstücke eingewiesen.
Die den Entschädigungsanspruch nach § 51 FlurbG begründenden Umstände sieht das Gericht darin, daß
- ein vorübergehender Minderwert zwischen Alt- und Neubesitz (erste Alternative des § 51 Absatz 1 FlurbG) durch Planierungsmaßnahmen auf den klägerischen Abfindungsflurstücken entstand;
- den Klägern Nachteile im Sinne des § 51 Absatz 1 (zweite Alternative) entstanden sind, weil
a) sie durch eine Nutzartenverschiebung von Wiesen- beziehungsweise Kleegrasflächen in der Abfindung Ertragsausfälle hatten und
b) sie Ertragsausfälle hatten, die daraus entstanden, daß sie - bedingt durch Flurbereinigungsmaßnahmen - Mais in den Flurstücken 7735 und 7796 nicht zeitgemäß einbringen konnten.
Hierzu ist im einzelnen auszuführen:
Die Beklagte hat auf den klägerischen Ersatzflurstücken 7796, 7775, 2966 und 7735 Planierungen im Ausmaß von 1,3995 ha vorgenommen. Durch den Eingriff in das Bodengefüge bedingen die Planierungen auf diesen Flächen Ertragsausfälle bis sich ein natürlicher Bodenaufbau insbesondere hinsichtlich der Bodenkapilarität und des Bakterienlebens wieder gebildet hat.
Die Ertragsminderung betrug nach den Ausführungen des Sachverständigen im Jahre 1976 25 % des Ertrages und zwar - bezogen auf den klägerischen Betrieb - bei Maisanbauflächen (25 % von 7.000 KStE je Hektar) 1.750 KStE und bei Wiesen- und Kleegras (25 % von 4.000 KStE) 1.000 KStE.
Diesen vorübergehenden Minderwerten steht ein ausgleichsfähiger Vorteil nur dort gegenüber, wo durch die Planierungen auf Dauer Wertsteigerungen eintreten, die in der Planabfindung nicht berücksichtigt sind, insbesondere dann, wenn durch die Planierung Mängel beseitigt werden, die bereits in der Wertermittlung erfaßt waren. Dies trifft nach den Feststellungen des Senats auf Grund der Schätzungskarte nur bei den Wegen Flurstück 7780 alt und 7758 alt zu, die mit Wertzahl 5 beziehungsweise 1 bewertet waren und durch die Planierungen beseitigt (und kultiviert) wurden. Ihre Fläche beträgt im Bereich der klägerischen Flurstücke 7796 (200 qm), 7775 (960 qm) und 7735 (960 qm) 0,2120 ha, die deshalb - wegen der Planierung - als nicht ertragsgemindert anzusehen sind. (Einzelberechnung siehe II Nummer 2, 3 und 4).
Der von der Beklagten geltend gemachte Umstand, daß die auf den Flurstücken 7796, 7775 und 2966 vorgenommenen Planierungen nicht zur Herstellung der Wertgleichheit notwendig waren, steht im gegebenen Fall einem Entschädigungsanspruch nicht entgegen. Sie hat nämlich nicht vorgetragen - dies ergibt sich auch nicht aus den vorgelegten Unterlagen, insbesondere nicht aus der Schätzungskarte -, daß - von den alten Wegflächen abgesehen - ein wertsteigernder Vorteil durch diese Planierungen entstanden ist. Nur solche Maßnahmen indes könnten den vorübergehenden Minderwert planierter Flächen ausgleichen.
Die Nutzartenverschiebung von Wiesen- und Kleegrasflächen durch die Abfindung betraf Flächen im Ausmaß von 1,3963 ha. Die Neuansaat dieser Flächen im Frühjahr 1976 brachte nach den sachverständigen Erklärungen einen Ertragsausfall von 45 % (Ausfall des ersten Schnitts) und zwar von (45 % aus 4.000 KStE) 1.800 KStE je Hektar.
In Anbetracht des späten Besitzeinweisungstermins und der frühesten Bestellungsmöglichkeit im Mai war dieser Ausfall - etwa durch die Wahl anderer Früchte - nicht ausgleichsfähig. Diesen Nachteil hatte kein anderer Teilnehmer zu tragen. Nach den Angaben der Beklagten waren sonst bei keinem Teilnehmer als Folge der Nutzartenverschiebung Einsaaten vorzunehmen.
Die Ertragsausfälle durch die verspätete Maisansaat sind flurbereinigungsbedingt. Der Mais sollte möglichst von Mitte bis Ende April spätestens Anfang Mai eingebracht werden. Mit dieser Regel steht die klägerische Angabe im Einklang, daß sie regelmäßig noch im April das Saatgut einbringen. Der Senat hält die klägerische Darstellung für zutreffend, daß sie den Mais bei den Flurstücken 7796 und 7735 erst Ende Mai als Folge des späten Besitzeinweisungstermins und der unverhältnismäßig großen Planierungs- und Dränierungsarbeiten auf den klägerischen Abfindungsgrundstücken anbauen konnten. Sämtliche den Klägern zugewiesenen Ackergrundstücke waren von Planierungsarbeiten betroffen, die erst am 14.4.1976 (bei Ersatzflurstück 7796) und am 22.4.1976 (bei Ersatzflurstück 7735) abgeschlossen waren. Die umfangreichen Dränagearbeiten, sie betrafen 0,7820 ha, die nach den unbestrittenen Angaben der Kläger von ihnen vorzunehmen waren - die Teilnehmergemeinschaft stellte lediglich das Material - waren ebenfalls im April vorzunehmen. Berücksichtigt man dieses Ausmaß, außerdem die Anbauzeit von 10 bis 12 Tagen bei planierten Flächen, den Umfang der betroffenen Grundstücke - nämlich sämtliche Ackergrundstücke, da der Mais einheitlich und nicht in Teilflächen in die Anbauflächen einzubringen ist - so konnten die Kläger im Gegensatz zu den anderen Teilnehmern den Mais bei diesen Grundstücken nicht zeitgemäß einbringen. Schließlich muß sich auch die Behörde im klaren sein, daß statt eines sonst üblichen Besitzeinweisungstermins zum Ende des Wirtschaftsjahres im Herbst, die Besitzeinweisung im Frühjahr solche betrieblichen Engpässe zur Folge haben kann, die - häufen sich die ungünstigen arbeitsbelastenden Umstände wie beim klägerischen Betrieb - zu Mindererträgen führen müssen. Sie sind flurbereinigungsbedingt und nach § 51 FlurbG ausgleichspflichtig.
Der Senat hat den Maisanbau im Flurstück 7775, der nach den Angaben der Kläger bis Mitte Mai abgeschlossen war, nicht berücksichtigen können, da die am 12.4.1976 abgeschlossenen Planierungen im Ackerbereich dieses Grundstücks nur geringen Umfang hatten und nicht bei allen klägerischen Grundstücken ein so später flurbereinigungsbedingter Anbauzeitpunkt angenommen werden kann.
Auch bei den Flurstücken 7735 und 7796 konnte eine andere Betriebsplanung die Mindererträge nicht vermeiden. Der klägerische Betrieb ist als einziger Betrieb im Zusammenlegungsgebiet speziell auf Viehhaltung und Milcherzeugung ausgerichtet bei intensivster Ausnutzung aller Betriebsflächen. Er war deshalb neben Wiesen und Kleegras völlig auf den Ertrag des Silomaises angewiesen. Einbußen mußten, um den Viehbestand zu erhalten, durch Zukauf von Futtermitteln ausgeglichen werden.
Der vom Sachverständigen ermittelte Ertragsausfall bei den Flurstücken 7796 und 7735 betrug bei den planierten Flächen 25 %, bei den nicht planierten Flächen 15 % als Folge des durch den späten Einbauzeitpunktes, dem verstärkten Ungezieferbefall ausgesetzten und dadurch beeinträchtigten Saatgutes und der nicht erreichbaren Vollreife des Mais.
Außer den genannten Entschädigungsansprüchen war die Beklagte nicht ausgleichspflichtig. Der vom Sachverständigen festgestellte gesamte Ausfall an Futtermitteln im Jahre 1976 im Ausmaß von 9.011 KStE wird grundsätzlich nicht in Zweifel gezogen, jedoch besteht auf der Grundlage dieser umfassenden Berechnung gegenüber der Beklagten keine Anspruchsgrundlage. So hat der Senat auch einen Ausgleich nach § 51 FlurbG für die dränierten Flächen nicht anerkennen können. Der Einbau von Dränanlagen bewirkt nur einen geringen Ertragsausfall; das Ausmaß der dränierten Flächen gibt keinen Anhalt für die durch die Dränarbeiten beanspruchten Flächen. Außerdem bringen die Dränmaßnahmen auf Dauer eine wesentliche Ertragssteigerung der dränierten Flächen, die den durch die Dränarbeiten entstehenden Nachteil völlig aufwiegt.