Flurbereinigungsgericht Kassel, Urteil vom 25.03.1971 - III F 70/68 = RdL 1971 S. 215

Aktenzeichen III F 70/68 Entscheidung Urteil Datum 25.03.1971
Gericht Flurbereinigungsgericht Kassel Veröffentlichungen RdL 1971 S. 215  Lieferung N/A

Leitsätze[Quelltext bearbeiten]

1. Zur Auslegung von § 50 Abs. 4 FlurbG.
2. Zur Möglichkeit der Gewährung von Landmehrzuteilung und anderen Vorteilen als Abgeltung von Ansprüchen eines Teilnehmers nach § 50 Abs. 4 und § 51 Abs. 1 FlurbG.

Aus den Gründen

Soweit Mauerwerk, Zierpflanzen und Rasen des den Klägern entzogenen Teils des alten Hausgrundstücks betroffen sind, kommt § 50 Abs. 1 und 2 FlurbG nicht zur Anwendung. Als wesentliche Bestandteile i. S. von § 94 BGB fallen sie vielmehr unter § 50 Abs. 4 FlurbG. Dort heißt es, daß der Eigentümer, soweit erforderlich, gesondert abzufinden ist. Die Formulierung "soweit erforderlich" in § 50 Abs. 4 FlurbG kann nicht, wie der Beklagte anscheinend meint, den Sinn haben, daß für solche Bestandteile, die infolge der Neugestaltung des Flurbereinigungsgebietes für den Teilnehmer entbehrlich geworden sind, keine gesonderte Abfindung zu gewähren ist. Dann wäre in der Tat für den in das Straßengelände gefallenen und deshalb nicht mehr benötigten Teil der Einfriedigung und des Aufwuchses der Anspruch der Kläger schon dem Grunde nach zu verneinen. Das ist jedoch nicht der Fall. Die Formulierung in § 50 Abs. 4 FlurbG hat vielmehr nach Ansicht des Senats die Bedeutung, daß die Erforderlichkeit der Abfindung unter dem Gesichtspunkt zu prüfen ist, ob sie nach dem Flurbereinigungsgesetz geboten ist. Das trifft immer dann zu, wenn der infrage stehende wesentliche Bestandteil einen nach § 28 und § 29 FlurbG zu ermittelnden Wert verkörpert, dessen Verlust der Teilnehmer nicht hinzunehmen braucht, weil anderenfalls eine entschädigungslose und damit verfassungswidrige Enteignung vorliegen würde. Eine dahingehende Schätzung ist von der Flurbereinigungsbehörde nicht durchgeführt worden. Da die Bestandteile nicht mehr vorhanden sind, läßt sich die Wertermittlung auch nicht an Ort und Stelle nachholen. Der Senat kann indessen aufgrund der Angaben der Kläger ohne Nachprüfung und Würdigung im einzelnen davon ausgehen, daß die den Klägern entzogenen wesentlichen Bestandteile (Mauerwerk, Zierpflanzen und Rasen) nicht ohne jeden Wert waren, weil es - was noch auszuführen ist - für die Entscheidung im vorliegenden Fall auf die Höhe des Wertes der Bestandteile nicht ankommt. Der mithin dem Grunde nach zu bejahende Anspruch der Kläger gem. § 50 Abs. 4 FlurbG geht auf gesonderte Anfindung. Damit ist gemeint, daß neben oder unabhängig von der Regelung in § 50 Abs. 1 und 2 FlurbG für dazu nicht zählende wesentliche Bestandteile Abfindung zu geben ist, da andernfalls die eigenständige gesetzliche Behandlung dieser wesentlichen Bestandteile keinen Sinn ergäbe. Die Tatsache, daß - anders als in § 50 Abs. 2 FlurbG - der Hinweis auf Geldabfindung fehlt, und der Umstand, daß unter Abfindung das Gesetz sowohl Land- als auch Geldabfindung versteht (vgl. § 44, § 50, § 52 FlurbG) bedeuten daher, daß die Flurbereinigungsbehörde im Fall des § 50 Abs. 4 FlurbG jeweils nach der einen oder anderen Art oder kombiniert Abfindung gewähren kann, eine Alternative bzw. Verbindung, die dem Gesetz nicht fremd ist (vgl. § 44 Abs. 1, Abs. 3, § 52 Abs. 1 FlurbG). Die daraus für den Anspruch der Kläger zu ziehenden Folgerungen werden weiter unten erörtert.