Flurbereinigungsgericht Koblenz, Urteil vom 21.12.1960 - 3 C 23/60 = RdL 1961 S. 191= AS 8,163= IK 1961 S. 164
Aktenzeichen | 3 C 23/60 | Entscheidung | Urteil | Datum | 21.12.1960 |
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Gericht | Flurbereinigungsgericht Koblenz | Veröffentlichungen | = RdL 1961 S. 191 = AS 8,163 = IK 1961 S. 164 | Lieferung | N/A |
Leitsätze[Quelltext bearbeiten]
1. | Die Reichsumlegungsordnung und das Flurbereinigungsgesetz enthalten keine Ermächtigung für die Flurbereinigungsbehörde zur Übertragung gemeinschaftlichen Eigentums auf einen der Miteigentümer. Eine solche Ermächtigung kann auch nicht aus einer entsprechenden Anwendung des § 54 Abs. 4 RUO (§ 48 Abs. 2 FlurbG) über die Teilung gemeinschaftlichen Eigentums hergeleitet werden. |
2. | Auf die Vollmacht im Umlegungs- oder Flurbereinigungsverfahren ist § 181 BGB über das grundsätzliche Verbot des Selbstkontrahierens entsprechend anzuwenden. |
Aus den Gründen
Der Plannachtrag IV, durch den der Grundbesitz der Miteigentümer auf die Ord.Nr. 29 zurückübertragen wurde, ist rechtlich nicht zu beanstanden, da die im Umlegungsplan erfolgte Übertragung dieses gemeinschaftlichen Grundeigentums auf den Kläger allein (Ord.Nr. 30 I) rechtswidrig war.
Als Rechtsgrundlage für diese Übertragung scheidet der vom Beklagten in Erwägung gezogene § 54 Abs. 4 RUO (gleichlautend: § 48 Abs. 2 FlurbG) aus. Dieser bestimmt, daß gemeinschaftliches Eigentum und Miteigentum an Grundstücken auch in anderen als den in Abs. 1 genannten Fällen (gemeinschaftliches, nach altem Herkommen als Weide, Hutung usw. genutztes Eigentum) geteilt werden kann, wenn die Teilung zur Erreichung der Ziele der Umlegung zweckmäßig ist und die Eigentümer zustimmen. Im Umlegungsplan wurde jedoch keine Teilung des gemeinschaftlichen Eigentums vorgenommen, sondern dieses auf einen der Miteigentümer, den Kläger, als Ganzes übertragen. Auch eine analoge Anwendung des § 54 Abs. 4 RUO (§ 48 Abs. 2 FlurbG) verbietet sich deshalb, weil die Übertragung gemeinschaftlichen Eigentums auf einen Miteigentümer sachlich von der Teilung gemeinschaftlichen Eigentums verschieden ist. Die RUO (ebenso das FlurbG) enthält auch keine sonstige Rechtsvorschrift, durch die die Umlegungsbehörden zu einer derartigen Übertragung gemeinschaftlichen Eigentums auf einen Miteigentümer ermächtigt werden. Die Rechtswidrigkeit der Übertragung folgt demnach bereits aus dem Fehlen einer Rechtsgrundlage.
Selbst wenn eine analoge Anwendung des § 54 Abs. 4 RUO (§ 48 Abs. 2 FlurbG) auf den Fall der Übertragung gemeinschaftlichen Eigentums auf einen Miteigentümer bejaht würde, müßten auch die Voraussetzungen für die Anwendung dieser Vorschrift entsprechend gelten, daß nämlich die Übertragung zur Erreichung der Ziele der Umlegung zweckmäßig ist und daß die Miteigentümer zustimmen. Diese Zustimmung kann vorliegend nicht in der Erteilung der Vollmacht durch die Miteigentümer an den Kläger gesehen werden. Die für die Umlegung (Flurbereinigung) erteilten Vollmachten ermächtigen nach § 119 RUO (§ 125 FlurbG) zu allen das Verfahren betreffenden Handlungen, zum Abschluß von Vereinbarungen, zur Übernahme von Verpflichtungen und zum Verzicht auf eine Sache oder ein Recht, sofern sich aus dem Inhalt der Vollmacht nichts anderes ergibt. Dieser gesetzliche Inhalt der Vollmacht wird aber durch die sinngemäß anzuwendende Vorschrift des § 181 BGB eingeschränkt, wonach ein Vertreter im Namen des Vertretenen nicht mit sich im eigenen Namen ein Rechtsgeschäft vornehmen kann, es sei denn, daß es ihm gestattet ist oder daß das Rechtsgeschäft ausschließlich in der Erfüllung einer Verbindlichkeit besteht. Die sinngemäße Anwendung des § 181 BGB auf die Vollmacht im Umlegungsverfahren (Flurbereinigungsverfahren) ist zulässig und geboten, da es dem Abschluß eines Rechtsgeschäftes durch den Vertreter mit sich im eigenen Namen sachlich gleichzuachten ist, wenn ein Miteigentümer durch Erklärung gegenüber der Umlegungsbehörde bewirkt, daß das Eigentum der von ihm Vertretenen auf ihn selbst übertragen wird. Im übrigen ist unbestritten, daß die Vorschriften des bürgerlichen Rechts über die Vollmacht im öffentlichen Recht, obwohl es sich bei diesem überwiegend um Handlungen gegenüber Behörden und Maßnahmen solcher Behörden handelt, entsprechend anzuwenden sind (vgl. Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts, § 10 Anmerkung 2). Im vorliegenden Fall enthielten weder die dem Kläger erteilten Vollmachten der anderen Miteigentümer eine Befreiung von dem grundsätzlichen Verbot des Selbstkontrahierens gemäß § 181 BGB, noch betrafen die von ihm abgegebenen Erklärungen ausschließlich die Erfüllung einer Verbindlichkeit.
Der Kläger kann eine Befreiung vom Verbot des Selbstkontrahierens entsprechend § 181 BGB auch nicht damit begründen, daß die anderen Miterben ihre Abfindungsbeträge erhalten hätten.