Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 26.11.1981 - 5 C 7.81 = RdL 1982 S. 327= Buchholz § 44 FlurbG Nr. 42
Aktenzeichen | 5 C 7.81 | Entscheidung | Urteil | Datum | 26.11.1981 |
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Gericht | Bundesverwaltungsgericht | Veröffentlichungen | = RdL 1982 S. 327 = Buchholz § 44 FlurbG Nr. 42 | Lieferung | N/A |
Leitsätze[Quelltext bearbeiten]
1. | Masseland steht nur und erst dann zur Disposition, wenn allen berechtigten Abfindungsbeschwerden abgeholfen bzw. in gebührender Weise Rechnung getragen worden ist. |
2. | Potentielles Masseland ist bei ergänzendem Abfindungsbedarf zuvörderst heranzuziehen. Es liegt auch dann nicht außerhalb der Zugriffsmöglichkeit, einem festgestellten Abfindungsdefizit abzuhelfen, wenn es verfrüht als Masseland angesehen und vorzeitig einer nach § 54 Abs. 2 Satz 1 FlurbG an sich zulässigen Verwendungsart zugeführt wurde. |
3. | Solange nicht alle den Gesamtplan betreffenden Festsetzungen endgültig sind, sind auch die durch den Flurbereinigungsplan erfolgten Zuteilungen von Masseland nicht einer sich als notwendig erweisenden späteren Änderung entzogen. |
Aus den Gründen
Nach den Feststellungen des Flurbereinigungsgerichts im angefochtenen Urteil ist davon auszugehen, daß der Ausgleichsanspruch des Klägers für den auf dem Flurstück 19 wegen des Hochspannungsmastes verbleibenden dauernden Nachteil durch eine dem Umfang der Nutzungsbeeinträchtigung entsprechenden Landzuweisung zu befriedigen ist. Dieser danach zu gewährende Landanspruch beläuft sich nach dem im Flurbereinigungsverfahren von A. festgesetzten Kapitalisierungsfaktor auf 11,2359 WE. Diesen festgestellten Anspruch des Klägers auf Ergänzung seiner Abfindung zu befriedigen, hat sich das Flurbereinigungsgericht dadurch gehindert gesehen, daß nach dem Abschluß der Neuverteilung der Verfahrensflächen Ersatzland der Teilnehmergemeinschaft nicht mehr vorhanden sei. Aus diesem Grunde hat es die festgestellte Minderausweisung von Land als unvermeidbar, aber zumutbar angesehen und den dafür festgesetzten Geldausgleich als angemessen erachtet. Dabei hat das Flurbereinigungsgericht in Verkennung der aus den Angaben des Vertreters der Beklagten in der mündlichen Verhandlung sich ergebenden rechtlichen Tragweite jede weitere Nachprüfung darüber unterlassen, wann und wofür das für die Abfindung der übrigen Teilnehmer nicht mehr benötigte Ersatzland verwendet und wem es zugeteilt wurde. Vorausgegangen war, daß der Kläger Hinweise dafür gegeben hatte, wie sein Anspruch verwirklicht werden könnte, wobei auch ein Austausch mit einem Abfindungsflurstück des Beigeladenen zu 2) in Vorschlag gebracht wurde. Der Beklagte hat daraufhin schriftsätzlich vorgetragen, daß kein Masseland mehr vorhanden sei. Demgegenüber hat der Kläger, der diese Behauptung bestritten hat, darauf hingewiesen, daß während des Flurbereinigungsverfahrens von der Teilnehmergemeinschaft in größerem Umfang Grundstücke erworben und für Ausgleichszwecke bereitgehalten worden seien, und deshalb darum gebeten, dem Beklagten aufzugeben, Angaben darüber zu machen, wer Zuteilungsempfänger dieses Landes geworden sei. Nachdem der Vertreter des Beklagten in der mündlichen Verhandlung eingeräumt hatte, daß zum Zeitpunkt des letzten Verkaufs, etwa vor zwei Jahren, also 1977, noch ca. 3 ha Masseland, und zwar Grünland und Ödland zur Verfügung gestanden habe, das zur Aufstockung landwirtschaftlicher Betriebe verwendet worden sei, hätte das Flurbereinigungsgericht der sich aufdrängenden Prüfung nachgehen müssen, wie dem Anspruch des Klägers mit Hilfe dieser rechtlich als Planreserve zu behandelnden Fläche zu genügen sei, zumal vom Kläger darauf hingewiesen worden war, daß trotz seiner anhängigen Beschwerde vom Beklagten noch eine größere Ackerfläche aus der Planreserve in der Nähe seiner Abfindung an einen anderen Landwirt verkauft worden sei. Denn durch die Einlassung des Beklagten in der mündlichen Verhandlung war erkennbar geworden, daß zur Zeit der Planbeschwerde des Klägers, die sich als begründet erwiesen hat, noch hinreichend Abfindungsland zur Verfügung stand, das verfrüht, und jedenfalls in gewissem Umfang unzulässigerweise als Masseland angesehen und als solches verwendet wurde.
Zur rechtlichen Konsequenz, die das Flurbereinigungsgericht nicht erkannt oder verkannt hat, ist darauf hinzuweisen, daß Masseland nur und erst dann zur Disposition steht, wenn allen berechtigten Abfindungsbeschwerden abgeholfen bzw. in gebührender Weise Rechnung getragen worden ist. Denn nur dann, wenn und soweit die Planreserve zur Abfindung der Teilnehmer nicht benötigt wird, kann das bis dahin potentielle Masseland nach § 54 Abs. 2 Satz 1 FlurbG einer außerhalb des Gestaltungs- und Abfindungsrahmens liegenden Verwendung zugeführt werden (BVerwGE 42, 87). Potentielles Masseland ist deshalb bei ergänzendem Abfindungsbedarf zuvörderst heranzuziehen. Es liegt auch dann nicht außerhalb der Zugriffsmöglichkeit, einem festgestellten Abfindungsdefizit abzuhelfen, wenn es verfrüht als Masseland angesehen und vorzeitig einer nach § 54 Abs. 2 Satz 1 FlurbG an sich zulässigen Verwendungsart zugeführt wurde. Die Verwendung des - nach der Einlassung des Beklagtenvertreters in der mündlichen Verhandlung - zumindest 1977 noch vorhanden gewesenen, 3 ha umfassenden Masselandes zur Aufstockung anderer Betriebe hätte zwar als eine der zulässigen Verwendungsarten in Betracht gezogen werden können, aber eben nur unter der Voraussetzung, daß es tatsächlich nicht mehr zur Abfindung benötigt würde. Wenn und soweit noch Abfindungsmängel bestehen oder in Rechtsmittelverfahren festgestellt werden, muß auf dieses potentielle Masseland als Rechtsmittelkontingent zurückgegriffen und notfalls eine auf wenige Teilnehmer begrenzte Planungsgestaltung vorgenommen werden. Denn die Zuteilung von Masseland, gleich ob verfrüht oder gar zulässig, erfolgt ebenfalls durch den Flurbereinigungsplan (§ 54 Abs. 2 Satz 2 FlurbG).
Daraus folgt aber: Ebenso wie die Abfindungszuweisungen im Flurbereinigungsplan unter dem Vorbehalt möglicher Änderung stehen (BVerwGE 56, 1 (2) und die dort angeführte Rechtsprechung), solange nicht alle den Gesamtplan betreffenden Festsetzungen endgültig sind, sind auch die durch den Flurbereinigungsplan erfolgten Zuteilungen von Masseland nicht einer sich als notwendig erweisenden späteren Änderung entzogen. Um so mehr müssen verfrühte und deshalb von der Ermächtigung in § 54 Abs. 2 FlurbG nicht gedeckte Zuteilungen potentiellen Masselandes einer Korrektur zugänglich sein. Ist, wie im vorliegenden Fall, bei begründeten Abfindungsbeschwerden eine anderweitige Landzuweisung nicht zu erreichen, so muß, um dem festgestellten ergänzenden Abfindungsanspruch in Land zu genügen, auf die rechtlich als Planreserve zu behandelnden Flächen zurückgegriffen werden, wenn sie verfrüht als Masseland behandelt und durch den Flurbereinigungsplan bereits einer § 54 Abs. 2 Satz 1 FlurbG entsprechenden Verwendungsart zugeführt worden sein sollten. Daraus folgt, daß das Flurbereinigungsgericht, dem nach § 146 FlurbG eine auf die Herstellung einer gleichwertigen Abfindung ausgerichtete Gestaltungsbefugnis eingeräumt ist, prüfen und entscheiden muß, wie die zugunsten des Klägers festgestellte Minderausweisung von Land mit Hilfe der rechtlich als Planreserve zu behandelnden Flächen zu bewerkstelligen ist.
Dabei ist - entgegen der Vorstellung des Klägers - darauf hinzuweisen, daß weder nach der (zurückverweisenden) Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 15. Dezember 1977 - a.a.O. - noch nach dem hier angefochtenen Urteil des Flurbereinigungsgerichts der Kläger sich darauf berufen kann, eine anderweitige Landabfindung unter Ausschluß des Flurstücks 19 zu erhalten. Andererseits ist diese Möglichkeit auch nicht schlechthin ausgeschlossen, wenn andernfalls eine großräumige Gliederung im Sinne des § 44 Abs. 3 Satz 1 FlurbG nicht zu erreichen wäre. Denkbar und dem Gestaltungsermessen des Flurbereinigungsgerichts anheimgegeben ist aber auch die Möglichkeit, daß, wenn dem Kläger das Abfindungsflurstück 19 mit der dauernden Substanzbeeinträchtigung belassen werden muß, einem anderen Abfindungsflurstück des Klägers in Angrenzung oder in der Nähe eines potentiellen Masseflurstücks durch entsprechende Planänderung die festgestellte Minderausweisung in Land zugemessen wird.
Denn die nach dem angegriffenen derzeitigen Flurbereinigungsplan bestehende Minderausweisung von Land bei der Gesamtabfindung des Klägers ist trotz des praktisch abgeschlossenen Flurbereinigungsverfahrens deshalb nicht unvermeidbar im Sinne des § 44 Abs. 3 Satz 2 FlurbG, weil dem festgestellten Anspruch mit Hilfe der rechtlich als Planreserve zu behandelnden Flächen abgeholfen, damit eine Minderausweisung von Land vermieden werden kann.
Zur Vornahme der danach verbleibenden Gestaltungskorrektur ist deshalb die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Flurbereinigungsgericht zurückzuverweisen.