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von Anonymer Benutzer

RzF - 76 - zu § 44 Abs. 2 FlurbG

Flurbereinigungsgericht München, Urteil vom 13.12.1984 - 13 A 82 A.2852 = RdL 1985 S. 210= AgrarR 1985 S. 293

Aktenzeichen 13 A 82 A.2852 Entscheidung Urteil Datum 13.12.1984
Gericht Flurbereinigungsgericht München Veröffentlichungen RdL 1985 S. 210 = AgrarR 1985 S. 293  Lieferung N/A

Leitsätze[Quelltext bearbeiten]

1. Aus dem Eigentum an Grundstücken läßt sich kein allgemeiner Anspruch auf Abwehr von Oberflächenwasser aus den Nachbargrundstücken ableiten. Die Schranken des Eigentums bestimmen auch die bei der Landabfindung zu bestimmenden Umstände § 44 Abs. 2 Halbsatz 2 FlurbG.
2. Die flurbereinigungsbedingte Zusammenlegung an sich bewirkt keinerlei Veränderung der Abflußverhältnisse. Eine solche kann sich erst als Folge der Bewirtschaftung zusammengelegter Flächen einstellen. Die gesetzlichen Folgerungen hieraus hat der Gesetzgeber ausschließlich dem Nachbarrecht zugeordnet.

Aus den Gründen

Die Forderung der Kläger nach Anlage eines Grabens entlang der Südgrenze des Flurstücks 486 läßt sich aus dem Anspruch auf eine wertgleiche Abfindung, ein Ausfluß der Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 Grundgesetz - GG -, nicht herleiten. Der von der Beklagten zu erfüllende Abfindungsanspruch wird von der verfassungsrechtlichen Rechtsstellung des Grundeigentümers gekennzeichnet. Rechtspositionen, die dem Eigentümer als Einleger nicht zustehen, können seinem Abfindungsanspruch nicht zugerechnet werden. Den Inhalt der Rechtsposition bestimmt die Zusammenschau aller, die Eigentümerstellung regelnden gesetzlichen Vorschriften des bürgerlichen Rechts und der öffentlich-rechtlichen Gesetze (Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG; BVerfGE 58, 300).

Es gehört nicht zur verfassungsrechtlichen Rechtsstellung der Kläger, die im maßgeblichen Bereich ihren Einlagebesitz behalten haben, sich gegen jedwede Einwirkungen auf ihr Grundstück, die von Nachbargrundstücken ausgehen, zur Wehr setzen zu können. Vielmehr hat der Gesetzgeber in dieser Richtung durch Vorschriften (§§ 906, 1004 BGB; Art. 63 Bayer. Wassergesetz - BayWG -) Schranken aufgestellt (Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG) und dadurch den Inhalt des Eigentums bestimmt. Diese Schranken bestimmen auch die bei der Landabfindung zu beachtenden Umstände des § 44 Abs. 2 Halbsatz 2 FlurbG; nur solche in der Einlage zu berücksichtigenden, wertbestimmenden Umstände sind auch bei der Abfindung wertgerecht in Ansatz zu bringen. Wertumstände, die der Einlage nicht anhaften, können auch in die Abfindung nicht einbezogen werden.

Vor diesem rechtlichen Hintergrund besteht die klägerische Forderung an die Beklagte auf Anlage des begehrten Grabens zu Unrecht; sie kann gegenüber der Beklagten aus dem Eigentumsrecht nicht abgeleitet werden. Dabei ist entscheidend, daß sich die Wirkungen der von der Beklagten zu verantwortenden Bodenordnung durch Ausweisung großflächiger Grundstücke (§ 37 Abs. 1 Satz 2, § 44 Abs. 3 Satz 1 FlurbG) in der Ausweisung als solcher erschöpfen. Die Zusammenlegung an sich bewirkt keinerlei Veränderungen der Abflußverhältnisse. Solche können sich erst als Folge der Bewirtschaftung der zusammengelegten Grundstücke durch die Planempfänger einstellen. Die rechtlichen Folgerungen hieraus hat der Gesetzgeber dem Nachbarrecht zugeordnet. So erlegt Art. 63 Abs. 1 Nr. 2 BayWG dem Unterlieger grundsätzlich die Pflicht auf, den natürlichen Wasserabfluß vom Oberliegergrundstück zu dulden, wobei die Duldungspflicht des Unterliegers nur so weit geht, wie die Befugnisse des Oberliegers reichen; soweit mithin Niederschlagswasser ohne Veränderungen im Sinne des Art. 63 Abs. 1 und Abs. 2 BayWG dem Nachbargrundstück zufließt, muß dessen Eigentümer Beeinträchtigungen, die sich allein aus dem Zufluß ergeben, hinnehmen. Dabei stellt Art. 63 BayWG nicht auf die jeweilige Größe oder den jeweiligen Eigentümer des Oberliegergrundstücks, sondern auf dessen bestimmungsgemäße Bewirtschaftung ab, die durch Art. 63 BayWG gerade ermöglicht werden soll, da andernfalls die landwirtschaftliche Nutzung abschüssiger Anbauflächen entgegen dem Gesetzeszweck erheblich erschwert, wenn nicht gar vereitelt würde (Sieder/Zeitler, Bayerisches Wassergesetz, Rand-Nr. 36 zu Art. 63). Des weiteren stellen Änderungen der Stärke oder Richtung des Wasserabflusses, die - wie hier - aus einer üblichen landwirtschaftlichen Bodennutzung, gerade auch aus jährlich wechselnder Fruchtfolge eintreten, keine unzulässige Veränderung dar. Auch der Übergang von der Wiesen- zur Ackernutzung mit Maisanbau liegt grundsätzlich im Rahmen einer bestimmungsgemäßen landwirtschaftlichen Bodennutzung (Sieder/Zeitler a.a.O.). Ebenso ist dem Nachbarrecht die Regelung zugeordnet, ob und in welchem Umfang der Eigentümer eine vom Nachbargrundstück ausgehende andere Immissionswirkung dulden muß (§ 906 BGB; BGH vom 02.03.1984 UPR 1984, 263). Gegen Eingriffe des Oberliegers in den Zustand seiner Grundstücke, die den Rahmen der normalen landwirtschaftlichen Nutzung überschreiten, die also nicht mehr zur natürlichen Eigenart des Grundstücks gehören, räumt das Nachbarrecht dem Unterlieger ohnedies Abwehr- oder Beseitigungsansprüche ein, die im Zivilrechtsweg zu verfolgen sind. Die Rechtsstellung der Kläger bleibt mithin gewahrt.