Flurbereinigungsgericht Mannheim, Urteil vom 15.07.1980 - 7 S 335/80 = RdL 1982 S. 297
Aktenzeichen | 7 S 335/80 | Entscheidung | Urteil | Datum | 15.07.1980 |
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Gericht | Flurbereinigungsgericht Mannheim | Veröffentlichungen | = RdL 1982 S. 297 | Lieferung | N/A |
Leitsätze[Quelltext bearbeiten]
1. | Eine Abfindungszusage für eine bestimmte bereinigungsbedürftige Fläche kann schon deshalb rechtswidrig und damit unbeachtlich sein, weil sie einem Teilnehmer bereits bei Anordnung des Verfahrens und über die gesamte Landabfindung gemacht wird. Denn dadurch wird der Abwägungsvorgang (§ 44 Abs. 2 FlurbG) unzulässig beeinträchtigt. |
Aus den Gründen
Nicht verbindlich ist eine Zusage nach der ständigen, vom Bundesverwaltungsgericht bestätigten Rechtsprechung des Senats immer dann, wenn sie nach ihrem Inhalt oder der Art und Weise ihres Zustandekommens rechtswidrig ist, also insbesondere wenn sie gegen ein gesetzliches Verbot verstößt. Dies ist sowohl nach dem Flurbereinigungsgesetz alter Fassung als auch nach dem seit 01.04.1976 in Kraft getretenen Flurbereinigungsgesetz in der Fassung vom 16.03.1976 besonders dann der Fall, wenn eine Zusage der vom Gesetz gewünschten Neugestaltung des Flurbereinigungsgebiets entgegensteht (vergleiche § 37 FlurbG alter und neuer Fassung) und damit den Gesamtzweck des Verfahrens beeinträchtigt oder wenn sie zu einer Benachteiligung anderer Beteiligter, insbesondere bei deren Landabfindung (vergleiche § 44 FlurbG alter und neuer Fassung), führt (BVerwG, Urteil vom 25.05.1962, RdL 61, 274). Schließlich ist eine Zusage auch immer dann rechtswidrig, wenn sie gegen das vom Gesetz zwingend vorgeschriebene Verfahren in einer Weise verstößt, daß von einem ordnungsgemäßen Zustandekommen des Flurbereinigungsplans und der in ihm zusammengefaßten Ergebnisse (vergleiche § 58 FlurbG alter und neuer Fassung) nicht mehr ausgegangen werden kann. In diesem Zusammenhang spielt auch der Zeitpunkt, in dem die Zusage gegeben worden ist, eine maßgebliche Rolle (vergleiche Urteil des Senats vom 22.11.1977 - VII 101/77 -).
Im vorliegenden Fall unterstellt der Senat - so unwahrscheinlich die unter Beweis gestellte Behauptung nach Aktenlage und nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung auch sein mag -, daß der Klägerin im Jahre 1969 oder 1970 vom Amtsleiter des Flurbereinigungsamts mit erkennbarem Bindungswillen versprochen worden ist, ihr werde ihre Einlage - abgesehen von einem kleinen Landabzug zum Waldwegebau - unverändert wieder zugeteilt. Eine solche Zusage wäre aber nach den oben genannten Grundsätzen rechtswidrig und daher unverbindlich, so daß es der beantragten Beweisaufnahme nicht bedurfte.
Bereits ein Blick auf die dem Gericht vorliegende Bestandskarte zeigt, daß die Berücksichtigung einer solchen Zusage eine zweckmäßige Neuordnung der bereinigungsbedürftigen Waldzone in diesem Bereich beeinträchtigt hätte (vergleiche § 37 FlurbG); auch wäre es nicht im gleichen Maße möglich gewesen, allen Eigentümern der Flurstücke in der Nachbarschaft der Klägerin eine Landabfindung in möglichst großen, optimal gestalteten Grundstücken zu geben, um damit ihren betriebswirtschaftlichen Verhältnissen voll genüge zu tun (vergleiche § 44 FlurbG). Schließlich kann auch nicht unberücksichtigt bleiben, daß die Zusage der Klägerin zu einem Zeitpunkt gegeben worden sein soll, in dem weder das Wertermittlungsverfahren auch nur begonnen hatte, noch gar die Abfindungswünsche der anderen Beteiligten dem Flurbereinigungsamt bekannt waren. Der Anhörungstermin nach § 32 FlurbG fand im Juni 1973, der Wunschtermin nach § 57 FlurbG im Februar 1975 statt, also erst drei bis fünf Jahre nach der angeblichen Zusage. Unter Berücksichtigung ihres Inhalts hätte die Zusage daher den vom Gesetz (vergleiche § 37, § 44 FlurbG) geforderten Abwägungsvorgang vor Aufstellung des Flurbereinigungsplans beeinträchtigt. Dessen ordnungsgemäßes Zustandekommen setzt nämlich voraus, daß die hier zu treffenden Entscheidungen über die Neuordnung des Flurbereinigungsgebietes grundsätzlich erst getroffen werden, wenn die dabei zu berücksichtigenden öffentlichen Interessen und die privaten Interessen der Beteiligten den Flurbereinigungsbehörden insgesamt bekannt sind. Davon kann aber jedenfalls dann nicht ausgegangen werden, wenn - wie hier behauptet - bereits im Zusammenhang mit der Anordnung des Flurbereinigungsverfahrens lediglich einer einzelnen Teilnehmerin mit bereinigungsbedürftiger Einlage verbindliche Zusagen über deren gesamte Landabfindung gemacht werden.