Flurbereinigungsgericht Koblenz, Urteil vom 15.05.1973 - 3 C 100/72 = IK 1974, 301= SKV 74, 187

Aktenzeichen 3 C 100/72 Entscheidung Urteil Datum 15.05.1973
Gericht Flurbereinigungsgericht Koblenz Veröffentlichungen IK 1974, 301 = SKV 74, 187  Lieferung N/A

Leitsätze[Quelltext bearbeiten]

1. Wenn es die Zwecke der Flurbereinigung erfordern, kann ein Anspruch an Bauerwartungsland in der Feldlage abgefunden werden, sofern dabei dem besonderen Lagewert des Bauerwartungslandes bei der Bemessung der Abfindung gebührend Rechnung getragen wird.
2. In rein ländlichen Gemeinden kann im Einzelfalle die Ausweisung der dreifachen Fläche des Bauerwartungslandanspruches in ortsnaher Feldlage als angemessene Relation angesehen werden.
3. Zur Verlegung von Hof- und Gebäudeflächen.

Aus den Gründen

Für einen gesamten Altbesitz im Bauerwartungsland von insgesamt 7,40 a ist dem Kläger ohne Berücksichtigung des an sich vorzunehmenden Wegeabzugs flächenmäßig das rd. Dreifache im ortsnahen Plan Nr. 94 ausgewiesen worden. Diese Relation von 1 : 3 wiegt den besonderen Lagewert des Altbesitzes als Bauerwartungsland voll auf. Es ist durchaus richtig, daß Ansprüche aus Bauerwartungsland wegen des besonderen Lagewertes in einem Flurbereinigungsverfahren grundsätzlich auch wieder in entsprechenden Lagen berücksichtigt werden sollen. Dieser Grundsatz kann indessen nicht uneingeschränkt gelten, weil sonst großzügige Planungen der Flurbereinigungsbehörden unmöglich gemacht werden würden. Wenn es die Zwecke der Flurbereinigung daher erfordern, muß auch, wie hier, ein Anspruch auf Bauerwartungsland gegebenenfalls auch gegen den Willen des Betroffenen in der Feldlage abgefunden werden können. Hierbei ist von der Verwaltung aber darauf Bedacht zu nehmen, daß dem besonderen Lagewert des Bauerwartungslandes bei der Bemessung der Abfindung gebührend Rechnung zu tragen ist. Zweckmäßigerweise werden daher bei der Schätzung entsprechende Relationen festzulegen sein. Ist dieses, wie hier, nicht der Fall, so muß im Einzelfall unter Berücksichtigung der Gesamtumstände eine brauchbare Relation gefunden werden. Die Gemeinde Sp. ist eine Gemeinde mit ausgesprochen rein ländlichem Charakter. Dem besonders zu berücksichtigenden Lagewert des Altbesitzes als Bauerwartungsland ist daher mit der Relation von 1 : 3 gebührend Rechnung getragen worden. Auf dem neuzugeteilten Grundstück Nr. 94 kann der Kläger im übrigen die von ihm gewünschten landwirtschaftlichen Gebäude jederzeit mindestens ebensogut errichten wie im Altbesitz. Unter Berücksichtigung der Motorisierung in der Landwirtschaft spielt hierbei eine Entfernungsverschlechterung um 60 m keine Rolle.

Auch Hof- und Gebäudeflächen können verlegt oder einem anderen Beteiligten gegeben werden, "wenn der Zweck der Flurbereinigung in anderer Weise nicht erreicht werden kann" (§ 45 Abs. 2 FlurbG). Dieser Fall ist hier aber gegeben. Ein Viertel des Altbesitzes des Klägers (Nr. 131 ff.) fällt nämlich in den neuen Gemeindeweg Flur 2 Nr. 17. Dieser ist in etwa in Lage des alten, hier vorbeiführenden Weges ausgewiesen worden. Der alte Weg ist, wie schon dargelegt, teilweise sehr eng und verläuft außerdem in einer Kurve. Die Begradigung des Weges und seine Erbreiterung entsprechen aber modernen Erfordernissen und dienen damit auch den Zwecken der Flurbereinigung. Es ist daher nicht zu beanstanden, daß die Flurbereinigungsbehörde bei ihrer Planung diese Hof- und Gebäudefläche einem anderen, nämlich der Gemeinde, teilweise zugeteilt hat.

Gleiches gilt bezüglich der Ausweisung der östlichen Restfläche der Parzellen Nr. 131 ff. an den beigeladenen Landwirt H. Dieser ist Inhaber eines landwirtschaftlichen Vollerwerbsbetriebes. Durch diese Maßnahme erhält sein Betrieb eine in sich geschlossene und ausreichend große Hoflage, die auch, was im Altbesitz nicht oder nicht in dem Umfang der Fall war, bauliche Erweiterungen ermöglicht. Die Schaffung möglichst großer Hofgrundstücke ist aber das geeignete Mittel, die Grundlage landwirtschaftlicher Wirtschaftsbetriebe zu verbessern, den Arbeitsaufwand zu vermindern und die Bewirtschaftung zu erleichtern. Dem steht auch nicht die Erwägung entgegen, daß der beigeladene H. eine verhältnismäßig großzügige Arrondierung seines Hofbesitzes erlangt hat. Bei objektiver Betrachtung muß nämlich festgehalten werden, daß auch der Kläger durch die Zuteilung des ortsnahen, wohlgeformten und wesentlich vergrößerten Plans Nr. 94 eine zumindest gleichgroße Verbesserung seines Gesamtbesitzes erlangt hat.