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von Anonymer Benutzer

RzF - 41 - zu § 44 Abs. 2 FlurbG

Flurbereinigungsgericht Koblenz, Urteil vom 20.02.1973 - 3 C 36/72

Aktenzeichen 3 C 36/72 Entscheidung Urteil Datum 20.02.1973
Gericht Flurbereinigungsgericht Koblenz Veröffentlichungen Lieferung N/A

Leitsätze[Quelltext bearbeiten]

1. Zur Abfindung mit Bauerwartungsland.

Aus den Gründen

Bei der Überprüfung und Einordnung des besonderen Lagewertes eines landwirtschaftlich genutzten Grundstücks im Hinblick auf eine etwaige Bebauungsmöglichkeit wird im allgemeinen unterschieden zwischen echtem Bauland (wenn das Grundstück baureif erschlossen ist), Rohbauland (wenn es in einem bereits planerisch festgesetzten Baugebiet liegt) und - als die schwächste Form eines Sonderwertes dieser Art - Bauerwartungsland (wenn die künftige Zweckbestimmung bereits durch äußere Umstände naheliegt). Da die Baulandeigenschaft eines landwirtschaftlich genutzten Grundstücks im Laufe eines Flurbereinigungsverfahren entstehen und auch verloren gehen kann, ist für die Beurteilung der Frage, welche Form des Sonderwertes vorliegt, immer der Zeitpunkt der Ausführungsanordnung maßgebend, weil in ihm die rechtlichen Wirkungen des Flurbereinigungsplans eintreten (so die ständige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und der Flurbereinigungsgerichte der Länder, vgl. BVerwG, Urteil vom 30. April 1969, RdL 1970 S. 20; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 9. November 1971 - VII 735/70 -; OVG Rh.-Pf., Urteil vom 11./12. April 1972 - 3 C 45/71 -). Die Wirkung der Ausführungsanordnung ist in dem Flurbereinigungsverfahren S. am 15. Juli 1971 eingetreten. Die Kläger können sich daher nicht auf Äußerungen der Gemeindeverwaltung stützen, die erst zeitlich sehr viel später (3. März 1972) getan wurden. Abgesehen davon läßt sich auch aus dieser Äußerung der Gemeindeverwaltung S. vom 3. März 1972 nicht die Folgerung ziehen, die die Kläger aus ihr entnommen haben. In diesem Schreiben an eine Frau K. wird lediglich erklärt, daß die Bebauung ihres Grundstücks "Auf der Höll" möglich sei. Dann heißt es weiter: "Nur ist zu diesem Zweck die Erstellung eines Bebauungsplanes erforderlich". Daraus ergibt sich eindeutig, daß die Flurstücke "Auf der Höll" weder als Bauland noch als Rohbauland angesehen werden können. Es handelt sich vielmehr lediglich um einfaches Bauerwartungsland. Dazu kommt noch, daß der Altbesitz der Kläger auch seiner Form nach im alten Zustand nicht bebaubar war.

Mit der Heranlegung des Altbesitzes der Kläger aus der Lage "Auf der Höll" an ihr Aussiedlungsgehöft ist der mit ihm verbundene besondere Lagewert abgegolten. Zwar kann nicht für alle Fälle gesagt werden, daß die Vergrößerung einer Aussiedlerhofstelle die Nichtwiederzuteilung von besonderen Lagewerten in der Ortslage oder am Ortsrand rechtfertigt. Dies kann insbesondere dann zweifelhaft werden, wenn die Aussiedlung nicht im unmittelbaren Zusammenhang mit der Flurbereinigung erfolgt ist, sondern längere Zeit vor Einleitung des Flurbereinigungsverfahrens durchgeführt wurde. Im vorliegenden Falle liegt jedoch die Aussiedlung der Kläger infolge der allmählichen Ausdehnung der Ortslage inzwischen praktisch am Ortsrand. Die Kläger haben selbst vorgetragen, daß sie inzwischen bereits "eingemauert" seien. Gegenüber ihrem Aussiedlungsgehöft, in Lage des ihnen dort zugeteilten, 15 ar großen Planes Flur 7 Nr. 82 sind bereits Bauplätze eingeteilt. Ähnlich wie, nach Auskunft der Gemeindeverwaltung, in der Lage "Auf der Höll" bei Aufstellung eines Bebauungsplans gebaut werden kann, ist in absehbarer Zeit damit zu rechnen, daß die Fläche um den Aussiedlerhof der Kläger herum als Ortsrandfläche über die landwirtschaftliche Nutzung hinaus interessant wird und damit einen besonderen Lagewert darstellt. Zwar werden die Kläger wahrscheinlich diesen besonderen Lagewert als solchen nicht realisieren, aber darauf kommt es bei der Beurteilung des Wertes dieser Flächen nicht an. Nicht die subjektiven Absichten, sondern die objektiven Möglichkeiten sind entscheidend.

Zu diesen rechtlichen Überlegungen kommt hinzu, daß die Hofstelle der Kläger in einem beachtlichen Ausmaß über den Abfindungsanspruch hinaus vergrößert worden ist. Die Kläger haben selbst vorgetragen, daß sie zur Erhöhung ihres dortigen Abfindungsanspruches anderweitig im Tauschwege das 2 1/2fache an Fläche eingesetzt hätten. Unter Berücksichtigung des allgemeinen Flächenbeitrags haben sie durch die Verlegung aus der Lage "Auf der Höll" in ihren Hofanschlußplan praktisch das 12fache an Fläche erhalten. Dies gilt allerdings nicht für den Nutzwert, da sie für die 1,32 ha große Überabfindung nicht nur das 12,07 ar große Grundstück "Auf der Höll", sondern auch sonstigen Besitz in der Gemarkung eingebracht haben. Die reine Lagewertverbesserung ist aber in diesem Ausmaße so beachtlich, daß der 12fach geringere Verlust von Bauerwartungsland damit hinreichend ausgeglichen ist. Ein solcher Ausgleich ist zulässig. Wie der Senat bereits mit Urteil vom 24.2.1966 - 3 C 6/65 - (bestätigt durch das Bundesverwaltungsgericht, Beschluß vom 24.2.1967 - IV B 112.66) entschieden hat, kann eine Minderabfindung in der Ortslage durch besondere Vorteile bei der Abfindung in der Ortsrandlage ausgeglichen werden. Im vorliegenden Falle handelt es sich außerdem lediglich um die Verlegung von Bauerwartungsland in ein Gelände, welches fast den gleichen Charakter aufweist. Eine etwa noch bestehende Wertdifferenz in der Weise, daß in Lage des Hofraumgrundstücks der Kläger eine zeitliche Verzögerung in der Bebaubarkeit im Vergleich zur Lage "Auf der Höll" besteht, ist durch die rd. 12fache Mehrabfindung hinreichend ausgeglichen.