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von Anonymer Benutzer

RzF - 90 - zu § 44 Abs. 1 FlurbG

Flurbereinigungsgericht München, Urteil vom 28.07.1994 - 13 A 93.1512

Aktenzeichen 13 A 93.1512 Entscheidung Urteil Datum 28.07.1994
Gericht Flurbereinigungsgericht München Veröffentlichungen Lieferung N/A

Leitsätze[Quelltext bearbeiten]

1. Das Gebot gerechter Abwägung aller von der Planung berührten Belange ergibt sich aus dem Wesen rechtsstaatlicher Planung. Aus den Besonderheiten des Fachplanungsrechts Flurbereinigung ergibt sich keine Notwendigkeit für Abweichungen und Ausnahmen.

Aus den Gründen

Die Klage ist auch begründet, denn die Beklagte hat bei der Planänderung vom 26.07.1991 die ihrem Planungsermessen gezogenen Grenzen nicht beachtet (§ 114 VwGO, § 146 Nr. 2 FlurbG); eine Änderungsbefugnis nach § 60 Abs. 1 Satz 1 FlurbG stand ihr nämlich mangels Begründetheit des Widerspruchs der Beigeladenen zu 1 nicht zu.

Der Teilnehmer eines Flurbereinigungsverfahrens hat das subjektiv-öffentliche Recht, die seine Abfindung einschließlich der Erschließung berührende Abwägung der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle dahin zu unterstellen, ob Fehler im Planungsermessen vorliegen (BayVGH vom 19.11.1982, RdL 1984, 39 und ständige Rechtsprechung). Dieses Recht erstreckt sich auch auf Planänderungen, die die Beklagte auf den Widerspruch eines anderen Teilnehmers vornimmt, wenn sie die Abfindung eines bislang zufriedenen Teilnehmers berühren.

Bis zur Schlußfeststellung (§ 149 FlurbG), die im Flurbereinigungsverfahren E. noch nicht ergangen ist, steht die Abfindung eines jeden Teilnehmers unter dem Vorbehalt möglicher Änderungen. Die Ausgangsbehörde ist jedoch nicht völlig frei, den beschlossenen und bekanntgegebenen Flurbereinigungsplan zu ändern, sondern an die gesetzlichen Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 FlurbG gebunden. Maßgebend ist dabei ihr Entschließungsermessen, ob sie die Befugnis der Planänderung dem Satz 1 oder dem Satz 2 entnimmt.

Den vorliegenden Behördenakten nach hat die Beklagte ihren Änderungsbeschluß zur Abhilfe des Widerspruchs der Beigeladenen zu 1, also nach § 60 Abs. 1 Satz 1 FlurbG gefaßt.

Der Beklagten steht nach § 60 Abs. 1 Satz 1 FlurbG (Art. 2 Abs. 1 AGFlurbG) die Befugnis zur Änderung des von ihr aufgestellten Flurbereinigungsplanes nur zu, um einem als begründet erachteten Widerspruch abzuhelfen. Dementsprechend umfaßt das zulässige Rügerecht des von der Planänderung betroffenen Dritten (des Klägers) die Frage, ob die Beklagte den Widerspruch überhaupt zu Recht als begründet angesehen hat und - erst dann - ob die zur Abhilfe vorgenommene Planänderung Rechte dieses Dritten berührt (BayVGH vom 16.02.1984 Nr. 13 A 82 A.2862 und vom 10.05.1985 Nr. 13 A 83 A.717 sowie ständige Rechtsprechung). Das verkennt der Spruchausschuß.

Die mit der Änderung des Flurbereinigungsplans zum Ausdruck gebrachte Auffassung der Beklagten, daß im Umfang der Änderung die Abfindung nicht wertgleich und der Widerspruch insoweit als begründet anzusehen ist, hält der gerichtlichen Prüfung nicht stand.

Die Beigeladene zu 1 war, wie sich aus den Unterlagen ergibt und von ihr letztlich nicht in Frage gestellt wird, rechnerisch wertgleich im Sinne des § 44 Abs. 1 FlurbG abgefunden. Das Recht des Teilnehmers, die für ihn vorgesehene Abfindung gerichtlich überprüfen zu lassen, erschöpft sich indes nicht in der Erfüllung dieses Planungsgrundsatzes. Vielmehr kann er, da sein Eigentum Gegenstand der durch die Flurbereinigung zu bewirkenden Veränderungen ist und die Planungsziele auch auf die Einzelabfindung des Teilnehmers ausgerichtet sind, ebenso zur Entscheidung stellen, ob weitere ihn betreffende Belange in die Abwägung eingestellt und sachgerecht gewichtet worden sind. Dieses Gebot gerechter Abwägung aller von der Planung berührten Belange ergibt sich aus dem Wesen einer rechtsstaatlichen Planung und gilt dementsprechend allgemein (BVerwGE 34, 301/307; 41, 67; 56, 110/123; Korbmacher, DÖV 1978, 589/594). Aus den Besonderheiten des Fachplanungsrechts Flurbereinigung ergeben sich insoweit keine Abweichungen (vgl. § 37 Abs. 1 Satz 1 und § 44 Abs. 2 Halbsatz 1 FlurbG).

Auch insoweit läßt die ursprüngliche Planfassung Mängel nicht erkennen. Bei der Ausweisung der Wege hatte die Beklagte die Interessen der hiervon Betroffenen ausreichend gegeneinander und miteinander abzuwägen, ohne die Beigeladene zu 1 in ihrem Eigentumsrecht aus Art. 14 des Grundgesetzes - GG - zu verletzen. Diesem Erfordernis kam die Beklagte nach; der Anspruch der Beigeladenen aus § 44 FlurbG blieb gewahrt.

In die Abwägung einzustellen war die Planungsvorgabe, die Flächen westlich des Anwesens der Beigeladenen zu 1, die teils ihr, teils anderen Beteiligten zugewiesen wurden, zu erschließen. Diesem gesetzlichen in § 44 Abs. 3 Satz 3 FlurbG verankerten Planungsgrundsatz entsprach die Beklagte durch die Ausweisung der neuen Wege 1132, 1142/2 und des Stichweges 1134 als unbefestigte Wirtschaftswege (sogenannte Graswege), die als nicht ausgebaute öffentliche Feld- und Waldwege gewidmet wurden. Die Empfänger der neuen Grundstücke erhielten dadurch nicht nur eine gesicherte Erschließung, sie erreichen die neuen Flächen nunmehr auch zeit- und kostengünstig. Die Beigeladene zu 1 wird durch diese Wegeplanung in ihrer eigentumsmäßig verfestigten Rechtsposition nicht nachteilig berührt.