Flurbereinigungsgericht München, Urteil vom 25.07.1990 - 13 A 88.2370

Aktenzeichen 13 A 88.2370 Entscheidung Urteil Datum 25.07.1990
Gericht Flurbereinigungsgericht München Veröffentlichungen Lieferung N/A

Leitsätze[Quelltext bearbeiten]

1. Die Flurbereinigungsbehörde trifft im Flurbereinigungsplan die Entscheidung, ob die Wertgleichheit der Landabfindung nach § 44 Abs. 1, 2 FlurbG oder ein Abfindungsdefizit im Sinne des § 88 Nrn. 4, 5 FlurbG gegeben ist.
2. Die Frage, ob eine Enteignung vorliegt, ist ausschließlich im Verwaltungsrechtsweg abschließend zu beantworten. In die Zuständigkeit der Zivilgerichte hingegen fällt nur der Streit über die Höhe der Geldentschädigung (Art. 14 Abs. 3 Satz 3 GG; § 88 Nr. 7 FlurbG), nicht aber auch die Vorfrage, ob überhaupt eine Enteignung vorliegt.

Aus den Gründen

Auch ein Verfahren, das aus besonderem Anlaß im Sinne des § 87 Abs. 1 FlurbG eingeleitet und durchgeführt wird (sogenannte Unternehmensflurbereinigung), ist ein Flurbereinigungsverfahren, auf das grundsätzlich alle Vorschriften der Regelflurbereinigung Anwendung finden, soweit ihre Anwendbarkeit nicht durch die Sondervorschriften der § 87 ff. FlurbG eingeschränkt oder gänzlich verdrängt wird (Quadflieg, Recht der Flurbereinigung RdNr. 31 zu § 87). Die Planungsgrundsätze des § 44 FlurbG sind dabei mit der Einschränkung anwendbar, daß für nicht - mehr - behebbare, unternehmensbedingte Wertminderungen (§ 88 Nrn. 3, 4 und 5 FlurbG) Geldentschädigungen und Leistungen zu erbringen sind (§ 88 Nr. 6 FlurbG). Ergeben sich indes nach diesen Planungsgrundsätzen des § 44 FlurbG keine Wertminderungen im Sinne des § 88 Nrn. 4, 5 FlurbG, ist die Abfindung vielmehr wertgleich im Sinne des § 44 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Halbsatz 2 FlurbG, liegt - trotz Unternehmensflurbereinigung - eine Enteignung nicht vor. Denn eine Abfindung, die dem § 44 FlurbG entspricht, erfaßt auch alle unter enteignungsrechtlichen Gesichtspunkten bedeutsamen Qualitätsmerkmale und wahrt im vollen Umfang das Eigentumsrecht nach Art. 14 Abs. 1 GG. Die Landabfindung ist in diesem Fall - wie in der Regelflurbereinigung - Surrogat der alten Grundstücke. Diese Regelung in § 68 Abs. 1 FlurbG gewährleistet damit als gesetzliche Inhaltsbestimmung des Eigentums das in Art. 14 Abs. 1 GG garantierte Eigentum (BayVGH vom 01.12.1988 Nrn. 13 A 86.02493, 13 A 87.03854).

Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 24.03.1987 (BVerfGE 74, 264 ff.) führt zu keiner anderen Beurteilung:

Die in der genannten Entscheidung getroffene Unterscheidung zwischen der enteignungsrechtlich relevanten Vorwirkung der Anordnung der Unternehmensflurbereinigung (Grundverwaltungsakt) und der Enteignung im Vollzug der Planungsentscheidung - Enteignung im engeren Sinn - begründet die vom Gericht vertretene Auffassung, daß am Ergebnis der Planentscheidung (Flurbereinigungsplan) ablesbar ist, ob die der "Fremdnützigkeit" dienenden Enteignungsvorschriften in § 88 Nrn. 4, 5 FlurbG überhaupt zur Anwendung kommen und damit eine Enteignung vorliegt. Denn findet ein Zugriff auf das Eigentum im Fremdinteresse (§ 88 Nrn. 4, 5 FlurbG) nicht statt, erweist sich die nach den allgemeinen Planungsgrundsätzen (§ 37 ff., § 44 ff. FlurbG) gestaltete Abfindung des einzelnen Teilnehmers wie bei einer Regelflurbereinigung als eine im privatnützigen Interesse der Solidargemeinschaft und des einzelnen Teilnehmers liegende Neuordnung des Grundbesitzes.

Diese - auch von der Flurbereinigungsbehörde - im Flurbereinigungsplan zu treffende Entscheidung, ob im gegebenen Fall die Wertgleichheit der Landabfindung nach § 44 Abs. 1, 2 FlurbG oder ein Abfindungsdefizit im Sinne des § 88 Nrn. 4, 5 FlurbG gegeben ist, ist schon deshalb wesentlich, weil die Frage, ob eine Enteignung vorliegt, ausschließlich im Verwaltungsrechtsweg abschließend zu beantworten ist; in die Zuständigkeit der Zivilgerichte hingegen fällt nur der Streit über die Höhe der Geldentschädigung (Art. 14 Abs. 3 Satz 3 GG; § 88 Nr. 7 FlurbG), nicht aber auch die Vorfrage, ob überhaupt eine Enteignung beim Vollzug der Planungsentscheidung vorliegt. Diese Abgrenzung kann seit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 15.07.1981 (BVerfGE 58, 300) nicht mehr in Frage stehen.