Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 26.01.1970 - IV B 238.68 = IK 1971, 143

Aktenzeichen IV B 238.68 Entscheidung Beschluss Datum 26.01.1970
Gericht Bundesverwaltungsgericht Veröffentlichungen IK 1971, 143  Lieferung N/A

Leitsätze[Quelltext bearbeiten]

1. Für die Berücksichtigung eines Aussiedlungsvorhabens ist es erforderlich, daß ein künftiger Standort für das neue Gehöft feststeht und die Finanzierung sichergestellt ist.
2. Die Entfernung eines Grundstücks vom Wirtschaftshof ist nach den Umständen des Einzelfalles zu beurteilen. Sie ist kein metrisches, sondern ein betriebswirtschaftliches Problem.

Aus den Gründen

Die Beschwerde ist unbegründet.

Die hier zunächst erhebliche Frage, welche betrieblichen Gegebenheiten die Flurbereinigungsbehörde bei der Prüfung der wertgleichen Abfindung, die neben anderen Gesichtspunkten auch von der Entfernung der Abfindung vom Wirtschaftshof bestimmt wird, zugrunde zu legen hat, wurde vom Bundesverwaltungsgericht bereits grundsätzlich entschieden (vgl. Beschluß vom 18.08.1958 - BVerwG I B 71.58 - und Urteil vom 14.11.1961 - BVerwG I C 154.60 -). Nach dem Zweck der Flurbereinigung, für alle Beteiligten größtmögliche Vorteile und eine günstige wirtschaftliche Entwicklung zu schaffen, darf nicht lediglich vom gegenwärtigen betrieblichen Zustand ausgegangen werden; es ist vielmehr auch, soweit möglich, künftigen Veränderungen Rechnung zu tragen. Für die Berücksichtigung eines Aussiedlungsvorhabens als einer tiefgreifenden Veränderung der betrieblichen Grundlagen ist es, wie das Bundesverwaltungsgericht ebenfalls bereits grundsätzlich entschieden hat (Urteil vom 28.01.1960 - BVerwG I C 51.58 - (RdL 1960, 190)), allerdings erforderlich, daß ein künftiger Standort für das neue Gehöft, der den landeskulturellen und betrieblichen Voraussetzungen entspricht, feststeht und die Finanzierung eindeutig festgelegt und sichergestellt erscheint. Die von der Flurbereinigungsbehörde und dem Flurbereinigungsgericht hierzu im Rahmen der zweckmäßigen Zuteilung der Abfindung angestellten Erwägungen bewegen sich in dem vom Bundesverwaltungsgericht vorgezeichneten Rahmen und geben keinen Anlaß, in einem Revisionsverfahren überprüft zu werden. Denn nach den tatsächlichen Feststellungen des Flurbereinigungsgerichts ist die Flurbereinigungsbehörde bei der Ausweisung der Abfindung der Kläger gerade nicht davon ausgegangen, daß der Betrieb der Kläger ausgesiedelt werde, sondern sie hat sich bemüht, die Abfindung so auszuweisen, daß sie den Grundsätzen des § 44 FlurbG unter der Voraussetzung entspricht, daß der Hof in der Ortslage verbleibt. Andererseits hat die Flurbereinigungsbehörde zusätzlich das Ziel verfolgt, die Abfindung so zu gestalten, daß eine etwaige spätere Aussiedlung erleichtert wird, da die Kläger nach ihren Erklärungen sich immer noch die Möglichkeit einer Aussiedlung offenhalten wollen. Wenn das Flurbereinigungsgericht dies gebilligt hat, so ist daraus nicht zu entnehmen, daß es damit die Grenzen des Gestaltungsermessens der Flurbereinigungsbehörde verkannt hätte, die in § 44 FlurbG gesetzt sind.

Weiter bedürfen auch die von den Klägern für grundsätzlich gehaltenen Ausführungen des Flurbereinigungsgerichts zu der Frage der Entfernungsverschlechterung der Abfindung keiner allgemeinen Klärung mehr. Hierzu hat das Bundesverwaltungsgericht in grundlegenden Entscheidungen (Urteil vom 30.09.1958 - BVerwG I C 6.57 - (RdL 1959, 51) und Urteil vom 27.06.1961 - BVerwG I C 127.59 (RdL 1961, 239)), von denen abzugehen kein Grund vorliegt, ausgeführt, daß die Entfernung des Grundstückes vom Wirtschaftshof im Rahmen der Flurbereinigung in erster Linie eine Frage ist, bei der es auf die Umstände des Einzelfalles entscheidend ankomme, und diese ist folglich einer grundsätzlichen Entscheidung nicht zugänglich. Darüber hinaus hat das Bundesverwaltungsgericht ausgesprochen, daß insofern kein metrisches, sondern ein betriebswirtschaftliches Problem vorliegt, dessen Beurteilung von den Gespann- und Wegverhältnissen sowie von den durchschnittlichen betrieblichen Umständen bestimmt wird. Die Darlegungen des Flurbereinigungsgerichts legen diese Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zugrunde und gelangen zu dem zutreffenden Ergebnis, daß die Vergrößerung der mittleren Kartenentfernung der Grundstücke von 2,0 km auf 2,24 km durch die großflächige und im wesentlichen zusammenhängende Abfindung, die in bezug auf Wege und Steigungsverhältnisse günstige Anfahrtsmöglichkeit ausgeglichen wird, mithin sich betriebswirtschaftlich im Ergebnis nicht nachteilig auswirkt.