Flurbereinigungsgericht München, Urteil vom 01.07.1976 - 127 XIII 75 und 167 XIII 75
Aktenzeichen | 127 XIII 75 und 167 XIII 75 | Entscheidung | Urteil | Datum | 01.07.1976 |
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Gericht | Flurbereinigungsgericht München | Veröffentlichungen | Lieferung | N/A |
Leitsätze[Quelltext bearbeiten]
1. | Die unentgeltliche Mehrzuteilung von Grundstücken an die Gemeinde, damit diese aus dem Ertrag der Grundstücke "für die Wegemiterhaltung" sorgt, ist zulässig. |
2. | Das Gebot die Landabfindung in möglichst großen Grundstücken auszuweisen (§ 44 Abs. 3 Satz. 1 FlurbG), gilt nur unter dem Vorbehalt, daß keine Wertminderung des Gesamtbetriebes herbeigeführt wird. |
3. | Auch für erst im Rechtsmittelverfahren erstrittene Forderungswerte besteht grundsätzlich ein Abfindungsanspruch auf Land. Zur Erfüllung dieses Anspruchs kann auf das nach § 54 Abs. 2 FlurbG verteilte Land zurückgegriffen werden. Seine bisherigen Besitzer erhalten Aufwendungsersatz nach § 51 FlurbG zu Lasten der Teilnehmergemeinschaft. |
Aus den Gründen
Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, der sich der Senat wiederholt angeschlossen hat, muß das Gericht neben der Wertgleichheit der Abfindung (§ 44 Abs. 1 und Abs. 2, zweiter Halbsatz FlurbG) auch prüfen, ob die in § 44 FlurbG aufgestellten Ermessensrichtlinien beachtet worden sind (BVerwG, Urteil vom 5.6.1961, RdL 1961, 240). Die Ergebnisse der Wertermittlung für die Einlageflächen sind nur Ausgangspunkte für eine wertgleiche Abfindung. Die gewonnenen Werte für die Teilgrundstücke sind aber noch nicht der Maßstab für eine wertgleiche Gesamtabfindung; vielmehr müssen auch die Auswirkungen der Abfindung auf den Gesamtbetrieb festgestellt werden. In bezug auf die betrieblichen Verhältnisse sind die Nutzungsart, Beschaffenheit, Bodengüte und Entfernung vom Wirtschaftshof als entscheidende Faktoren zu beachten (§ 44 Abs. 4 FlurbG; BVerwG, Urteil vom 10.2.1967, RdL 1967, 188). So gesehen muß das Gebot die Landabfindungen in möglichst großen Grundstücken auszuweisen (§ 44 Abs. 3 Satz 1 FlurbG), zurücktreten, wenn dadurch eine Wertminderung des Gesamtbetriebes herbeigeführt würde. So aber liegt der Fall hier. Die Beklagte hat zwar den Gesamtbesitz der Kläger in einer dem § 44 Abs. 3 Satz 1 FlurbG entsprechenden Weise im Osten von L. ausgewiesen und von einer Abfindung im Westen der Ortschaft abgesehen. Dadurch gingen den Klägern jedoch die tiefgründigen Lehmböden aus der Einlage in den Gewannen 157, 158, 171, 172 und 173 verloren, ohne daß die Ersatzgrundstücke Böden dieser Qualität enthalten. Das sachverständig besetzte Gericht hat beim Augenschein festgestellt, daß gegenüber der Einlage nur wesentlich kleinere Teilflächen der Ersatzflurstücke 270, 274 und 285 Lehmböden vergleichbarer Qualität aufweisen. Es handelt sich überwiegend um schwere, bisweilen mit Steinen durchsetzte, zum Teil tonige Lehmböden, die im Ertrag den eingebrachten Flächen westlich von L. nachstehen; diese Ertragslage nimmt Einfluß auf den klägerischen Betrieb. Bei der von der Beklagten gewählten Abfindung erfährt der klägerische Betrieb einen wesentlichen betriebswirtschaftlichen Nachteil. Die neuen Grundstücke sind für den Hackfruchtbau nur bedingt geeignet und werfen einen gegenüber der Einlage geringeren Ertrag ab, was sich auf den Vieh- und Schweinemastbetrieb der Kläger nachteilig auswirkt. Damit soll nicht gesagt sein, daß die von der Beklagten gegebene Abfindung, insbesondere die Ersatzflurstücke 270, 274 und 285 jedenfalls zum Teil als hackfruchtfähig anzusehen sind. Die dort festgestellten Bodenarten liefern jedoch einen gegenüber der Einlage in den Gewannen 157, 172 und 173 geringeren Ertrag, der eine Wertminderung des Gesamtbetriebes der Kläger nach sich zieht (§ 44 Abs. 4 FlurbG). Das Zusammenlegungsverhältnis wird durch die Planänderung nicht nachteilig beeinflußt, da ganze Ersatzgrundstücke ausgetauscht werden und der Wertunterschied zwischen beiden Abfindungsflurstücken 121 und 285 von 5299 WVZ an der gemeinsamen Grenze der Ersatzflurstücke 287 und 288 ausgeglichen werden kann. Die Änderung der Bewertung im Abfindungsflurstück 285 durch den Beschwerdebescheid ist in Ansatz gebracht.
Zu Recht verlangen die Kläger für den Forderungszuwachs aus der Abtrennung des Weges Flurstück 598 durch Vorstandsbeschluß vom 29.7.1968 und aus der Änderung der Bewertung durch den Beschwerdebescheid auf Grund einer rechtzeitigen Schätzbeschwerde von insgesamt 9235 WVZ anstelle der Geld- eine Landabfindung (§ 44 Abs. 1 FlurbG). Die Voraussetzungen für eine Minderausweisung von Land in Geld nach § 44 Abs. 3 Satz 2 FlurbG liegen nicht vor, da der Anspruch in Land befriedigt werden kann (BVerwGE 8, 95). Dabei kommt es im gegebenen Fall allerdings nicht entscheidend darauf an, ob die Minderausweisung durch eine andere Einteilung des Bereinigungsgebietes hätte vermieden werden können, nachdem die zusätzliche Forderung erst im Laufe des Beschwerdeverfahrens durch Änderung der Wertermittlung und des Flurbereinigungsplanes entstanden ist. Der Teilnehmer hat auch für die erst im Rechtsmittelverfahren erstrittenen Forderungswerte grundsätzlich einen Anspruch auf Abfindung in Land. Zur Erfüllung dieses Abfindungsanspruches kann auf das nach § 54 Abs. 2 FlurbG zur Abfindung der Teilnehmer nicht benötigte, aber bereits verteilte Land zurückgegriffen werden (Bayer. VGH Urteil vom 25.10.1973, RdL 1974, 265; Seehusen in RdL 1976, 60). Der Grundsatz, daß jede Abfindung unter dem Vorbehalt möglicher Planänderungen steht, solange nicht alle den Gesamtplan betreffende Festsetzungen endgültig sind, gilt umso mehr für das Land, das über den Abfindungsanspruch hinaus einzelnen Teilnehmern gegeben worden ist. Die Behörde muß sich in diesem Zusammenhang entgegenhalten lassen, daß sie in Verkennung des möglichen Bedarfs auf Grund noch anhängiger Rechtsmittel das verbliebene Land vorzeitig verteilt hat.
Die Wertgleichheit der klägerischen Abfindung wird nicht dadurch in Frage gestellt, daß das zur Abfindung der Teilnehmer nicht benötigte Land (Flurstücke 105 und 162) dem Markt B. ohne Geldausgleich zugewiesen wurde und die Kläger bei der Verteilung des verbliebenen Landes keine Berücksichtigung gefunden haben. Die Flurstücke 105 und 162 wurden durch Vorstandsbeschluß vom 27.10.1971 der Gemeinde "für Wegeunterhaltungen" zugeteilt"; diese Entscheidung wird von der Bestimmung in § 54 Abs. 2 FlurbG getragen. § 40 Satz 3 FlurbG findet keine Anwendung; er verpflichtet den Landempfänger zur Leistung eines Kapitalbetrages an die Teilnehmergemeinschaft, wenn Land für Anlagen bereitgestellt wird, das nicht zugleich dem wirtschaftlichen Interesse der Teilnehmer dient. Das ist aber bei der Unterhaltung der Wege (als gemeinschaftliche Anlagen) gerade der Fall.
Die Beigeladenen M. haben - wie ausgeführt - keinen Anspruch darauf, daß ihnen das über den Abfindungsanspruch hinaus zugeteilte Land in der Gestalt des neuen Flurstücks 172 verbleibt. Auf dieses Land konnte zur Abhilfe der begründeten Klage zurückgegriffen werden. Das Gericht hat sich in diesem Zusammenhang auch ein Bild über die anderen Besitzstände gemacht, die gleichfalls bei der Verteilung des verbliebenen Landes berücksichtigt worden sind. Die noch relativ günstige Lage zur übrigen Abfindung der Kläger und die dem klägerischen Abfindungsanspruch gerecht werdende Bodenart dieses Grundstücks waren für die Auswahl entscheidend. Die Beigeladenen M. erhalten von der Beklagten den hierfür geleisteten Geldausgleich von 4.500, -- DM wieder zurück. Ferner haben sie Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen aus der Kultivierung der alten Wegefläche im östlichen Bereich dieses Flurstücks, die sie zur sachgerechten Bewirtschaftung erbracht haben (Steuer, Anm. 46 zu § 44 FlurbG). Dieser öffentlich-rechtliche Entschädigungsanspruch nach § 51 Abs. 1 FlurbG richtet sich gegen die Beklagte und nicht unmittelbar gegen die Kläger als nunmehrige Planempfänger. Die ab 1968 zur Rekultivierung geltend gemachten Aufwendungen von 800, -- DM sind gerechtfertigt. Es handelt sich um eine alte, gehärtete Wegefläche, die in der Natur nun nicht mehr erkennbar ist. Der beim Augenschein vorhandene Bewuchs und die Bodenstruktur entsprechen voll dem der angrenzenden Fläche. Dieser wesentlich verbesserte Bodenzustand kommt nun den Klägern voll zugute. Nachdem die Wegnahme des Flurstücks 172 die eigentliche Abfindung des Besitzstandes M. nicht berührt, unterbleibt eine Prüfung, ob die Beigeladenen M. noch wertgleich abgefunden sind.